KESB Graubünden als willfähriger Handlanger?

Ein neuer KESB-Skandal erschüttert Graubünden. Gemäss BLICK-Recherchen wurde dort eine IV-Bezügerin über Nacht unter Vormundschaft gestellt – mittels superprovisorischer Verfügung. Grund: Die Frau hatte sich bei der BLICK-Redaktion darüber beschwert, dass ihr Arbeitgeber den Lohn für Ihr Teilzeitpensum reduziert hatte: von 500.– auf 100.– Franken.

Daniela Rothenberger ist 62 und arbeitet trotz geistiger Beeinträchtigung seit 21 Jahren für das Alterheim „Villa Sarona“. Bis September 2019 erhielt sie 500 Franken Monatslohn für Ihr Teilzeitpensum, wie der BLICK schreibt. Per Änderungskündigung wurde ihr Lohn dann im September auf 100 Franken reduziert.

Rothenberger beginnt sich zu wehren, der BLICK recherchiert. Und findet heraus: Der Arbeitgeber erhält für die Integration der behinderten Mitarbeiterin vom Sozialamt des Kantons jeden Monat 264 Franken. Mit anderen Worten. Das Altersheim, das zur Tertianum-Gruppe (und diese wiederum zur Swiss Prime Site) gehört, macht also noch Gewinn mit der Mitarbeiterin.

Das kantonale Sozialamt bestätigt, von dem tiefen Lohn zu wissen und verweist auf die Pro Infirmis, die sich vor Ort ein Bild gemacht habe und den tieferen Lohn gutgeheissen habe. Den Abklärungsbericht will indes niemand herausrücken. Der Bündner Filz hält. Noch.

Dann die Kehrtwende: Unter dem Druck der Recherche räumt die Tertianum-Gruppe ein, es sei ein Fehler geschehen und man werde eine Weisung erlassen, dass die ausbezahlten Löhne die Beiträge des Kantons nicht unterschreiten dürfen. Doch der BLICK will gleichwohl publizieren.

Der Hammer folgt über das Wochenende: Mit Entscheid vom 21. Februar 2020 wird Daniela Rothenberger von der KESB Nordbünden unter eine umfassende Beistandschaft gestellt. Im Rahmen eines superprovisorischen Entscheids.

Gegenüber BLICK erklärt Giusep Defuns, Geschäftsleiter der zuständigen KESB, die Behörde sei „bei Meldungen“ von Amtes wegen zum Handeln verpflichtet. Aber superprovisorisch, das heisst, ohne dass vorab der Sachverhalt genauer abgeklärt wird? Defuns wiegelt ab und sagt gemäss BLICK: „Das kommt auf dieMeldung, den Urheber, die Umstände und die Dringlichkeit an.“ Für BLICK und den Bruder von Daniela Rothenberger ist klar, dass das Altersheim hinter der Meldung an die KESB steckt. Eine entsprechende Anfrage von BLICK beantwortete die Tertianum-Gruppe genau so wenig die KESB-Geschäftsführer Defuns beantworten mag, welche konkreten Gründe dafür vorgelegen haben könnten für eine superprovisorische Massnahme. Ausser der, dass man damit Daniela Rothenberger mundtot machen wollte.