Ausschuss des Repräsentantenhauses empfiehlt Strafverfahren gegen Trump

Der Untersuchungsausschuss des US-amerikanischen Repräsentantenhauses empfielt eine Strafuntersuchung gegen Trump. Das hat die Kommission gestern entschieden, die seit rund eineinhalb Jahren die Vorgänge rund um die Erstürmung des Capitols am 6. Januar 2021 untersucht. Eine allfällige Verurteilung Trumps könnte zur Folge haben, dass er nie mehr ein öffentliches Amt innehaben dürfte, aber schon ein Verfahren würde ihn politisch schwer belasten.

Entsprechend reagierte Trump und warf dem Ausschuss vor, es handle sich um ein politisches Manöver, um ihn als Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen im Jahr 2024 zu schädigen. Auf der Twitter-Konkurrenz «Truth Social», die Trump gegründet hatte, als sein Twitter-Account gesperrt worden war, schrieb er: «Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.» Trump wiederholte auch erneut seine Behauptung, die letzte Präsidentschaftswahl sei irregulär verlaufen und ihm sei eine zweite Legislatur «gestohlen» worden.

Für viele ein Putschversuch

Der Untersuchungsausschuss, der vom Demokraten Bennie Thompson (Mississippi) geleitet wird, umfasst 9 Mitglieder des Repräsentantenhauses, darunter mit Liz Cheney und Adam Kinzinger auch zwei Republikaner. Die Kommission wirft Trump vor, Menschen angestiftet zu haben, am 6. Januar 2021 das Capitol, also den Sitz der beiden Parlamentskammern Senat und Repräsentantenhaus, zu stürmen. Tatsächlich hatten an dem Tag Hunderte Anhänger von Trump versucht, die offizielle Beglaubigung der Wahl von Joe Biden zum nächsten US-Präsidenten zu verhindern. Die Attacke hatte fünf Menschenleben gekostet und gilt vielen als Umsturzversuch Trumps. Die Mitglieder der Parlamentskammern mussten flüchten und sich in Sicherheit bringen, um dem Mob zu entkommen, der ganz offen die Ermordung verschiedener Parlamentarier wie Nancy Pelosi oder auch Mike Pence skandiert hatte.

Trump hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, an dem Tag zu demonstrieren und Aussagen gemacht, die als Aufruf zur Gewalt verstanden werden können. Als er später über die gewaltsamen Ausschreitungen informiert wurde, habe er Stunden zugewartet, bis er endlich «Bleibt friedlich» twitterte und seine Anhänger schliesslich aufrief, abzuziehen. – Und das, obwohl Personen in seinem Umfeld ihn schon sehr viel früher dazu aufgefordert hatten. Davor hatte er massiven Druck auf seinen damaligen Vize Mike Pence ausgeübt, dieser müsse in seiner Rolle als Vorsitzender des Senats die Beglaubigung der Wahl Bidens verhindern.

Schwere strafrechtliche Vorwürfe

«Wir übergeben alle Beweise, die wir ermittelt haben, nun dem Justizministerium», sagte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Thompson, am Montag. Und das seien viele: «Wir haben über 1000 Zeugen befragt. Wir haben praktisch jede Person einvernommen, die sich äussern wollte, und haben eine Million Beweise». Tatsächlich hatten verschiedene Zeugenaussagen vor dem Ausschuss in den letzten Monaten immer wieder zu reden gegeben. Beispielsweise diejenige der ehemaligen Mitarbeiterin Cassidy Hutschinson, die Trump im Sommer bei einer Einvernahme vorwarf, er sei sich über die Möglichkeit, dass es am 6. Januar 2021 zu Gewalttaten kommen werde, sehr wohl schon im Voraus bewusst gewesen. Belastende Aussagen machte auch beispielsweise Trumps ehemaliger Justizminister William Barr.

Das Komitee kommt zum Schluss, dass ausreichend Hinweise bestünden, dass sich Trump vier Straftatbeständen schuldig gemacht hat.  Zum einen habe er zum Aufstand angestiftet. Zum anderen habe er ein offizielles Verfahren behindert (die Beglaubigung der Wahl) und sich an einer Verschwörung zum Betrug des amerikanischen Staates und an der Verschwörung zur Äusserung einer Falschaussage teilgenommen. Letzteres bezieht sich auf die Lüge, die Wahl sei «gestohlen» worden. Insbesondere der Straftatbestand des Aufstandes wiegt schwer: Das Strafmass geht bis zu zehn Jahren Gefängnis, und bei einer Verurteilung könnte Trump kein politisches Amt mehr übernehmen.

Justizministerium entscheidet

Jetzt liegt der Ball beim Justizministerium, das entscheiden muss, ob tatsächlich ein formelles Strafverfahren eingeleitet wird oder nicht. Das ist für Justizminister Merrick Garland ein heisses Eisen, gehört er doch der Regierung Biden an – dem politischen Gegenspieler Trumps. Garland hat bereits einen Sonderermittler eingesetzt, der am Ende seiner Ermittlungen dann auch entscheiden soll, ob Anklage erhoben wird – wobei auch dann Garland das letzte Wort behält.

Nebst Trump empiehlt das Komitee, auch gegen weitere Personen aus dem Umfeld Trumps strafrechtlich vorzugehen. Dabei dürfte vor allem der Rechtsprofessor John Eastman ins Zentrum rücken, der Trump über längere Zeit darin beraten hatte, mit welchen juristischen Kniffen der Republikaner seine Wahlniederlage doch noch in einen Sieg hätte umwandeln können.

Der Schlussbericht des Comitees mit allen Protokollen der Einvernahmen soll bis Mittwoch veröffentlicht werden.

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