Beschuldigter Richter tritt zurück

Erneute Wende im Fall des Bündner Verwaltungsrichters, gegen den ein Strafverfahren wegen verschiedener Sexualdelikte gegen eine Gerichtspraktkantin geführt wird: Der beschuldigte Richter ist zurückgetreten. Das berichten heute Abend verschiedene Medien, etwa das Regionaljournal Graubünden von SRF und die SÜDOSTSCHWEIZ.

Wie es in den Berichten heisst, sei der Entscheid «nach intensiven Überlegungen und Rücksprachen mit dem engsten Umfeld gefallen». Der Richter habe seinen Entscheid am Dienstag dem Präsidenten der Mitte-Partei Graubünden (dessen Mitglied er ist) sowie der Präsidentin der Kommission für Justiz und Sicherheit des Grossen Rates (KJS) mitgeteilt und heute das formelle Rücktrittsschreiben eingereicht, teilte seine Anwältin Tanja Knodel ausgewählten Medien mit.

Der beschuldigte Richter kommt mit seinem Schritt einem Amtsenthebungsverfahren oder zumindest einem Verfahren um eine Einstellung im Amt zuvor, das die KJS gestern in einer Mitteilung angekündigt hatte.

In der SÜDOSTSCHWEIZ von heute Mittwoch hatten zudem verschiedene Politiker den Richter zum Rücktritt aufgefordert: «Das wäre für alle Beteiligten der beste Ausweg», liess sich beispielsweise SP-Parteipräsident Andri Perl zitieren. Und das nur schon aufgrund dessen, was nicht bestritten werde. – Der beschuldigte Richter hatte in seinen Aussagen intime Kontakte mit der Praktikantin eingeräumt, behauptet aber, alle diese Kontakte seien einvernehmlich gewesen.

GLP-Präsidentin Géraldine Danuser sagte gemäss der Zeitung, es sei «weder tolerierbar noch mit der Würde des Gerichts vereinbar», dass der Richter derzeit noch sein Amt ausübe, «gerade aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Richter und Praktikantin. Ich würde dem Betroffenen auf jeden Fall nahelegen, das Amt niederzulegen.»

 

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5 thoughts on “Beschuldigter Richter tritt zurück

  1. Chiara Zanetti hat offenbar keine Ahnung, welchen unglaublichen Schaden solche Opferbeschuldigungen in einer einzelnen Frau aber auch für gewaltbetroffene Frauen der ganzen Gesellschaft bewirkt.

    Und den sehr gefährlichen Schritt zu wagen die Medien zu informieren (so sie es denn tatsächlich selbst getan hat) ist dann, wenn man sich einem Filz gegenübersieht oder sonstige unerklärliche Verzögerungen „passieren“, manchmal der letzte mögliche Schritt.

    Grosse Hochachtung dieser ehemaligen Praktikantin!

  2. Selbst einvernehmliche sexuelle Handlungen im Büro eines Richters während der Arbeitszeit – notabene mit einer fast halb so alten Praktikantin wie der „Verführer“ – dürfte wohl auch im Bündnerland, insbesondere in CVP-Kreisen, verpönt sein. Im Übrigen käme hier womöglich auch der Straftatbestand von Art. 193 Abs. 1 StGB zur Anwendung, der wie folgt lautet:“Wer eine Person veranlasst, eine sexuelle Handlung vorzunehmen oder zu dulden, indem er eine Notlage oder eine durch ein Arbeitsverhältnis oder eine in anderer Weise begründete Abhängigkeit ausnützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“ Der besonders erwähnte Fall des Arbeitsverhältnisses bringt im Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern oder Vorgesetzten, auf deren «Goodwill » sie angewiesen sind, ein Abhängigkeitsverhältnis mit sich. Dies könnte beim Opfer, welches sich auf den Erwerb des Büdner Anwaltspatents vorbereitet und womöglich vom betreffenden Richter geprüft werden könnte, durchaus der Fall sein. Anrüchig sind solche Handlungen auf jeden Fall. Der (stringente) Nachweis einer Vergewaltigung ist allerdings nicht einfach zu erbringen, weshalb Art. 190 StGB gegenwärtig im eidg. Parlament revidiert und die „Ja heisst Ja“-Lösung angstrebt wird. Im vorliegenden Fall dürfte dies aber in beweisrechtlicher Hinsicht auch nicht viel weiterhelfen, weil die Zustimmung auch durch konkludentes Verhalten erfolgen kann. Mitunter fehlt aber der juristischen Praktikantin ein Motiv für eine derart belastende (falsche) Anschuldigung gegen den Peiniger. Aus diesem Grund sind auch die den Vorfall begleitenden sexuellen Belästigung in Wort und Schrift genau zu analysieren.

  3. Geschätzter Herr Winter

    Sie „schlagen“ unter anderem auf den beschuldigten Richter ein.

    Sie ziehen nicht mal ansatzweise in Betracht, dass die Anzeige durch die Praktikantin aus Rache erfolgt oder generell unberechtigt sein könnte. Mit Anschuldigungen, wie sie vorliegend geltend gemacht werden, kann jede Frau jeden Mann in ein schlechtes Licht rücken. Selbst wenn die Vorwürfe frei erfunden sind. Erst recht, wenn man selbst die Medien informiert.

    Daher ist die Frage berechtigt, von wem Sie die vertraulichen Verfahrensakten – ganz oder teilweise – zugestellt erhalten haben. Vielleicht durch die Praktikantin oder ihrem Umfeld um so einen Menschen zu vernichten oder zumindest seinen Ruf?

    Sollte die Praktikantin – immerhin Juristin – mit der Staatsanwaltschaft nicht zufrieden gewesen sein, hätte sie oder ihr Anwalt einschreiten können. Ist das erfolgt?

    Was machen Sie, sollte sich letztlich erweisen, dass die Vorwürfe unbegründet waren?

    1. Genau, Frauen erfinden Vergewaltigungen, und die DNA im Unterleib der jungen Frau ist durch den Heiligen Geist dort hingekommen? Ich rege mich grad‘ sehr über ihren Kommentar auf und mehr noch, dass eine Frau so etwas verfassen kann. Wahrscheinlich glauben sie dann auch noch, dass die Frau die DNA selbst in ihrem Intimbereich „platziert“ hat.
      Vielleicht sollten sie mal noch den Tagesanzeiger lesen, dort steht im Gegensatz zu hier recht explizit, wie sich der Richter an die Frau herangemacht hat – und dass er das gar nicht bestreitet. Das alleine geht schon gar nicht – zwischen einem Vorgesetzen, der als Richter auch noch eine Vorbildfunktion haben müsste, und einer Frau, die ihm unterstellt ist.
      Aber offenbar ist das in den Bergen noch nicht so ganz angekommen. Am Bundesstrafgericht ist es ja ein Walliser Richter, der mit sexistischen Sprüchen negativ auffällt.

  4. Danke für Ihre Berichterstattung. Nur dadurch sind wir heute wo wir sind. Auf die Südostschweiz ist m.E. in solchen Sachen auch kein Verlass, viel zu unkritisch und zu wenig nachhakend. Mit der Politik wird viel zu zaghaft umgegangen. Die Südostschweiz deckt Skandale höchst selten selber auf. Die Südostschweiz ist halt zum Teil Bestandteil des Filzes.

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