Das Brot kommt vor der Moral

Journalistinnen und Journalisten leben von der Indiskretion. Die ist, wenn von Politikerinnen oder Beamten begangen, häufig strafbar. Weil sei eine Amtsgeheimnisverletzung darstellt, oder die Verletzung des Kommissionsgeheimnisses. Gleichzeitig ist sie an der Tagesordnung. Es dürfte wohl nur wenige Politikerinnen und Politiker geben, die sich dieses Instrumentes nicht bedienen, um sich den Medien anzudienen und dort Gehör zu finden. „Gibst Du mir die Wurst, lösch‘ ich Dir den Durst“, heisst das. Informationen gegen Medienpräsenz. Blöd nur, wenn man sich dann dabei erwischen lässt, so wie zuletzt Roger Köppel, der Kommissions-Interna freimütig in „seiner“ WELTWOCHE verbreitete. Die Rechtskommission des Ständerates hat jetzt entschieden, Köppels Immunität nicht aufzuheben, womit das fällige Strafverfahren nicht durchgeführt werden kann. Vor dem Gesetz sind alle gleich, und die Parlamentarier ein bisschen gleicher.

Interessant nun: Obwohl TAGESANZEIGER-Redaktor Fabian Renz und Roger Köppel das Heu politisch so gar nicht auf derselben Bühne haben: Renz findet den Entscheid der Rechtskommission richtig. Denn, so der Tagi-Mann: Das Recherchieren sei schon schwierig genug, nachdem das Parlament zuletzt die Hürden für superprovisorische Massnahmen bei drohenden Persönlichkeitsverletzungen um einige Centimeter nach unten korrigiert hatte. Dass jetzt auch durchgesetzt würde, dass sich Informantinnen und Informanten ans Gesetz hielten, das wäre der Transparenz nicht zuträglich, findet Renz. Nur: Dem Rechtsstaat ist es genau so wenig zuträglich, wenn strafbare Handlungen wie Amtsgeheimnisverletzungen oder Brüche des Kommissionsgeheimnisses nicht verfolgt werden. Vielleicht sollte mal diese Rechtsfiguren einfach generell mal überprüfen?

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