Daten-Skandal bei der Zürcher Justizdirektion

Die Zürcher Justizdirektion hat bis 2012 ihre alten Computer mitsamt Daten über eine Firma und später eine Einzelperson entsorgt, die es mit dem Datenschutz nicht so genau nahmen. Folge: Besonders schützenswerte Personendaten wie Psychiatrische Gutachten oder Privatadressen von Staatsanwälten landeten im Zürcher Milieu. Die Direktion von SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr versucht, den Skandal zu vertuschen.

Die Zürcher Zeitungen berichten heute auf breiter Front: TAGESANZEIGER, BLICK, 20 MINUTEN – sie alle schreiben heute über den Datenskandal der Zürcher Justiz. Offenbar hat die Zürcher Justizdirektion in den Jahren 2000 bis 2012 alte Computer entsorgt – ohne vorher die Daten auf den unverschlüsselten Festplatten zu löschen. BLICK.CH spricht davon, dass der Zeitung Unterlagen vorlägen, aus denen hervorgehe, dass auf solchen Festplatten Verzeichnisse mit Handynummern von Kantonspolizisten, Privatadressen von Mitarbeitenden, Gebäudepläne und sogar psychiatrischen Gutachten von Angeklagten gespeichert waren.

Unseriöse Entsorgung

Für die Entsorgung hatte die Justizdirektion offenbar eine Firma ausgewählt, der eingeräumt worden war, sie dürfe im Gegenzug für die Entsorgung und Löschung der Festplatten die Computer neu aufsetzen und als Occasionsgeräte weiterverkaufen. Einer der Mitarbeiter dieser Firma soll Andreas Gisler gewesen sein, der Bruder des Milieu-Wirtes und Drogenhändlers Roland Gisler, der eben erst, im November 2022 vom Zürcher Obergericht zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war, weil er in seiner Bar im Niederdorf im grossen Stil Marihuana vertickt hatte. Im Prozess war von 400 Kilogramm die Rede.

Andreas Gisler hatte die alten Computer der Justizdirektion zunächst als Mitarbeiter einer namentlich nicht genannten Firma entsorgt. Als diese 2008 den Betrieb eingestellt hatte, soll Gisler gemäss TAGESANZEIGER von der Justizdirektion angefragt worden sein, ob er die Computer weiterhin entsorgen würde. Gisler ging auf den Deal ein, gemäss BLICK.CH ohne Vertrag oder dass er je die Löschung der Festplatten hätte bestätigen müssen. Sowohl TAGESANZEIGER wie BLICK sprechen von Tausenden Computern, die so über die Jahre entsorgt worden seien.

Drohungen und Hausbesuche

Über Andreas Gisler landeten schliesslich Festplatten mit sensiblen Daten bei seinem Bruder Roland, der nicht zögerte, die aufgefundenen Daten zu verwenden. So soll er zu einem Staatsanwalt, dessen Privatadresse er auf einer Festplatte gefunden hatte, gefahren sein und ihn zur Rede gestellt haben. Auch von Drohungen gegen Richter ist die Rede. Gegen Roland Gisler läuft deswegen ein neues Strafverfahren wegen Gewaltung und Drohung gegen Behörden und Beamte.

Der nächste Skandal: Die Vertuschung

Durch die ungebetenen «Hausbesuche» bei Staatsanwälten und Anrufen bei Richtern musste die Justizdirektion spätestens 2020 von der Problematik erfahren haben. Damals war vor der Haustüre eines Staatsanwaltes eine Frau aufgetaucht, deren Sohn in einem Verfahren des Staatsanwaltes als Beschuldigter geführt wurde. Der Staatsanwalt schaltete den Oberstaatsanwalt ein.

Gemäss dem Sprecher der Justizdirektion, Benjamin Tommer, im TAGESANZEIGER, seien «unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls» die zuständigen Aufsichtsorganie informiert worden: Die Geschäftsprüfungskommission, der Datenschutz und die Finanzkontrolle, Es habe zudem eine interne Untersuchung gegeben, die abgeschlossen sei. Zu welchen Ergebnissen sie gekommen sei, haben die Zürcher Justizbehörden mit einem Trick zur Verschlusssache erklärt: Die Ergebnisse seien nun Teil der laufenden Strafuntersuchung und deshalb nicht öffentlich.

Abwimmeln und tiefstapeln

Als BLICK.CH die Justizdirektion erstmals mit den Fakten konfrontierte, sei die Zeitung von einem Sprecher mit der Phrase abgewimmelt worden, der Fall sei «längst bekannt» und «kalter Kaffee». Mediensprecher Benjamin Tommer und Regierungsrätin Jacqueline Fehr hätten der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsrates gegenüber auch ausgesagt, dass 2008 Schluss gewesen sei mit dem Datenleck.

Eine mutmassliche Lüge, wie BLICK.CH insinuiert. Sowohl der Zeitung als auch Milieu-Antwort Valentin Landmann, welcher Roland Gisler in dessen Strafverfahren verteidigt, lägen ganz andere Informationen vor. Diese trügen Datumsangaben zwischen 2001 und 2012. Im TAGESANZEIGER erzählt Valentin Landmann von einem Gefährungsgutachten, in das er selbst Einblick hatte  – es habe das Datum vom September 2012 getragen. Eine andere Ungereimtheit: Die Staatsanwaltschaft spricht im Zusammenhang mit der Strafuntersuchung von «einigen wenigen Daten der Sicherheitsdirektion», der BLICK sprich von über 30 Dokumenten, davon zehn mit «teilweise sehr heiklen Daten». Wieviele Festplatten mit heiklem Material noch gar nicht gefunden wurden, ist unbekannt: Viele der Occasionsrechner sollen weiterverkauft worden sein, z.B. nach Afrika. Niemand weiss also, wo noch welche heiklen Daten gelandet sind.

Politischer Druck

Am Montag hat Valentin Landmann, der für die SVP im Zürcher Kantonsrat und auch in der Justizkommission sitzt, zusammen mit Nina Fehr Düsel (SVP) und Yiea Wey Te (FDP) eine einfache Anfrage eingereicht, um zu erfahren, wer dafür verantwortlich sei, dass die hochsensiblen Daten in falsche Hände gelangten. Da einfache Anfragen allerdings ein schwaches parlamentarisches Instrument sind, ist davon auszugehen, dass es weiteren politischen Druck brauchen wird, um die Justizdirektion dazu zu zwingen, in diesem Skandal Transparenz herzustellen.

 

2 thoughts on “Daten-Skandal bei der Zürcher Justizdirektion

  1. Ich habe vor 4 jahr schon die Polizei aufmerksam auf A. Gisler facebook Seiten Personen belästigt werden.
    Keine Reaktion der Behörde bis heute!!!

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