„Die organisierte Kriminalität ist tief in der Schweiz verankert“

Nicoletta della Valle, die Chefin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), äusserte sich in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) zu den wachsenden Herausforderungen im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität in der Schweiz. Sie beleuchtete die Komplexität der Terrorismusbekämpfung, insbesondere die Schwierigkeiten im Umgang mit jihadistischen Netzwerken, die vermehrt Jugendliche rekrutieren. Diese Jugendlichen werden schnell sowohl online als auch im realen Leben radikalisiert, was die Notwendigkeit einer effektiven Präventionsarbeit unterstreicht.

 Della Valle betonte die Bedeutung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden und Nachrichtendiensten. Der Nationale Aktionsplan gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus spiele eine zentrale Rolle, erfordere jedoch eine konsequente Umsetzung auf allen staatlichen Ebenen. Schulen, Vereine und lokale Gemeinschaftsorganisationen seien entscheidend für die Früherkennung und Prävention radikaler Tendenzen bei Jugendlichen.

Die Zuständigkeit für minderjährige Terrorverdächtige liegt bei den Jugendanwaltschaften der Kantone, was laut della Valle gut funktioniert, jedoch in komplexen Fällen einen erheblichen Koordinationsaufwand bedeutet. Sie unterstrich die Notwendigkeit einer nahtlosen Kooperation zwischen den kantonalen und bundesstaatlichen Behörden, um effektiv gegen den Terrorismus vorzugehen.

Neben dem Terrorismus sprach della Valle auch über die Zunahme von Vermögensdelikten, insbesondere online. Sie erklärte, dass diese oft mit organisierter Kriminalität verbunden sind, auch wenn die polizeiliche Kriminalstatistik keine direkte Zunahme solcher Strukturen anzeigt. Die Herausforderung liege in der Anpassung an die digitalen Methoden der Verbrecher, was eine ständige Weiterentwicklung der polizeilichen Strategien erforderlich mache.

Ein spezielles Augenmerk legte della Valle auf die Bedeutung verschlüsselter Kommunikationsdienste wie Sky ECC, die von kriminellen Netzwerken genutzt werden. Die Infiltration dieses Dienstes durch europäische Polizeibehörden führte zur Sammlung wertvoller Daten über internationale Drogenhändler und Mafiastrukturen. Diese Erkenntnisse ermöglichen es der Schweizer Polizei, gegen hochrangige Kriminelle vorzugehen. Laut della Valle zeigt die Analyse dieser Daten, dass die Schweiz nicht nur ein Rückzugsort für Geldwäsche, sondern auch ein aktiver Standort für Drogenproduktion und -handel geworden ist.

Della Valle beschrieb weiterhin, wie organisierte Kriminalität versucht, Einfluss auf das Schweizer Justizsystem zu nehmen, und betonte die Notwendigkeit, solche Aktivitäten zu stören. Massnahmen wie Ausweisungen und Einreiseverbote seien Teil der Strategie, um die organisierte Kriminalität einzudämmen. Sie plädierte für eine verstärkte nationale und internationale Zusammenarbeit, um den vielschichtigen Bedrohungen effektiv begegnen zu können.

Das Interview verdeutlicht die komplexe Lage der Schweiz im Umgang mit schweren Kriminalitätsformen und die kritische Rolle der präventiven sowie reaktiven Massnahmen, die zur Sicherheit des Landes beitragen.

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