Ex-Staatsanwalt wegen Urkundenfälschung im Amt verurteilt

Normalerweise sind sie für die Anklage zuständig: Staatsanwälte. Nun stand in Zürich jedoch ein 56-jähriger Staatsanwalt selbst als Beschuldigter vor Gericht. Es geht dabei um Drohung und Urkundenfälschung. Das Urteil durch den: der ehemalige Staatsanwalt habe den Tatbestand des Amtsmissbrauchs klar erfüllt. Eine seltene Konstellation.

Alles fing mit einem erbitterten Streit eines geschiedenen Paares an, der sich vor allem um die gemeinsame Tochter drehte. Die Eltern zeigten sich jahrelang gegenseitig an. Die Vorwürfe wurden im Jahr 2019 so gravierend, dass sich die Staatsanwaltschaft, die auf schwere Gewaltkriminalität spezialisiert ist, des Falles annehmen musste. So kam der Fall zu jenem Staatsanwalt, der nun als Beschuldigter vor Gericht stand. Das Paar habe sich gegenseitig mit Anzeigen eingedeckt. So sei etwa der Vorwurf im Raum gestanden, dass der Vater der gemeinsamen Tochter Nadeln in die Augen gestochen habe. Medizinisch konnte dies aber nicht bewiesen werden. Zum Zeitpunkt der Einvernahme waren acht Strafanzeigen hängig. 

Heimliche Aufnahme

Der Staatsanwalt bot die beiden Ex-Partner zu einer Einvernahme auf, bei der die Frau das Gespräch heimlich aufnahm. Später sagte sie aus, dass sie dies getan habe, weil sie den Staatsanwalt für voreingenommen hielt und ihr Anwalt sie vor dem Staatsanwalt warnte, dieser sei bekannt dafür, sich nicht korrekt zu verhalten.

Laut Anklageschrift, die sich auf die Tonaufnahme der Frau stützt, soll der Staatsanwaltschaft den beiden Ex-Partnern eine Standpauke gehalten haben. Zur Frau sagte er, dass er ihr einen „Warnblätz“ gebe mit einem Kontaktverbot für sie und ihren Ex-Partner. Dies insbesondere auch, um das Kind zu schützen. In der besagten Einvernahme bezeichnete der damalige Staatsanwalt das Paar dann unter anderem als «Kindergärtler». Sie sollten sich endlich zusammenreissen, das könne man ja keinem Kind zumuten. Er sei nahe dran gewesen, sie in Haft zu nehmen wegen Falschanschuldigungen gegen ihren Ex-Mann. Die Frau fragte den Staatsanwalt, ob er ihr nun drohe, was dieser verneinte. Den intervenierenden Anwalt der Frau, der ein Ausstandsgesuch gegen ihn gestellt hatte, hatte er bereits vor die Tür gestellt, weil dieser sich unanständig verhalten habe.

Weder die vermutete Drohung noch das Ausstandsgesuch fanden schlussendlich Eingang ins Protokoll der Einvernahme. Aus Sicht des Staatsanwalts, der das Verfahren gegen seinen ehemaligen Kollegen führte, machte dieser sich damit der Urkundenfälschung schuldig. Zudem habe er mit seinen Drohungen die Frau eingeschüchtert und seine Macht ausgenützt.

Lediglich hingewiesen

Der Rechtsanwalt der attackierte vor Gericht den Ex-Staatsanwalt mit selten offenen Worten: „Es handle sich um einen offenkundigen und gravierenden Machtmissbrauch, der die Grundfesten des Rechtsstaats erschüttert“. Seine Mandantin sei psychisch gefoltert worden. Der Beschuldigte meint jedoch, er habe sich nichts Strafbares zuschulden kommen lassen. „Mein einziges Bestreben war es, die Situation zu deeskalieren.“ Manchmal brauche es dazu auch einen dezidierten Tonfall. Und es sei seine Pflicht gewesen, die Frau darauf hinzuweisen, dass man keine falschen Anschuldigungen machen dürfe. Die Frau hatte nämlich Aussagen über ihren Ex-Mann getätigt, er hätte die Augen des Kindes mit Nadeln verletzt. Dies erwies sich nach Prüfung durch einen Arzt als haltlos. Der Anwalt des Angeklagten betonte zudem, dass es ein Gebot der Fairness gewesen sei, sie darauf hinzuweisen, dass eine Falschaussage Konsequenzen hätte. Um Einschüchterung sei es nie gegangen. Dieser forderte einen Freispruch und zweifelte vor allem die Legalität der gemachten Tonaufnahme an.

Der anklagende Staatsanwalt sah dies gegenteilig. Die Aufnahmen seien als Beweis zulässig, da es sich um eine schwere Straftat handle. Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung seien schwere Delikte, an deren Aufklärung ein hohes öffentliches Interesse bestehe. Er forderte deshalb eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 120 Franken, insgesamt also mehr als 20’000 Franken.

„Sie wollten sie einschüchtern“

Das Gericht stellte sich in seinem Urteil auf die Seite der Frau und Mutter. Der Richter anerkannte zwar, dass die Tonaufnahme der Frau widerrechtlich war. Als Beweismittel sei sie trotzdem zulässig, da es sich um eine schwere Straftat handelt.

Der Richter sagte, der ehemalige Staatsanwalt habe den Tatbestand des Amtsmissbrauchs klar erfüllt. Er habe der Mutter in einem Sorgerechtsstreit mehrfach mit Untersuchungshaft gedroht, und dies sogar in Abwesenheit ihres Anwalts. „Wir gehen davon aus, dass Sie sie einschüchtern wollten, damit sie sich kooperativ verhält“, sagte der Richter zum Beschuldigten. Das Gericht verurteilte ihn auch wegen der Urkundenfälschung im Amt. Die bedingte Geldstrafe senkte das Gericht auf 160 Tagessätze à 90 Franken  sowie eine Busse von 400 Franken.  Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann weiter an das Obergericht gezogen werden.

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