Femizid in Hombrechtikon: Bundesgericht bestätigt Urteil

Im März 2020 hat ein Mann in Hombrechtikon ZH seine Freundin zu Tode geprügelt. Nachdem er die Urteile des Bezirksgericht Meilen und des Obergerichts Zürich nicht akzeptierte, hat das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz bestätigt: 17 Jahre geht er ins Gefängnis. In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet.

Am frühen Abend des 3. März 2020 ging bei der Kantonspolizei Zürich ein Notruf ein. Ein Mann meldete seine Freundin liege reglos auf dem Bett des gemeinsamen Zimmers im in Hombrechtikon. Den Sanitätern gelang es kurz darauf die leblose Frau zu reanimieren und ins Spital nach Männedorf zu bringen. Das Hirn der Frau hatte jedoch bereits irreversiblen Schaden genommen, sodass sie wenige Stunden später für tot erklärt wurde. Die darauf durchgeführte Obduktion verzeichnete über 20 Verletzungen. Die Verletzungen hat ihr damaliger Freund ihr zugefügt, so sahen es die Ermittlungsbehörden und das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgericht Meilen. Dieses verurteilte ihn 2021 zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren. Der Beschuldigte wie auch die Staatsanwaltschaft zogen das Urteil ans Obergericht des Kantons Zürich weiter, das die Strafe sogar um ein Jahr erhöhte. Auch dieses Urteil wollten der Beschuldigte und seine Anwältin nicht akzeptieren, sodass sie damit bis vor Bundesgericht gingen.

Sturz nicht plausibel

Wie schon bei den Vorinstanzen argumentierte der Täter vor dem Bundesgericht, dass die stark alkoholisierte Frau auf dem Nachhauseweg gestürzt sei und sich dabei schwer verletzt habe. Das Bundesgericht hält diese Erklärung jedoch nicht für plausibel. Es bezieht sich dabei auf die Einschätzung des Obergerichts. Dieses hielt fest, dass die Frau stärkste Verletzungen am Körper, am Kopf, im Gesicht sowie an Armen und Beinen aufgewiesen hatte. Es sei deswegen nicht nachvollziehbar, dass sie mit solch massiven Verletzungen mehrmals gestürzt und wieder aufgestanden sei. Das Bundesgericht betont, dass es nicht auszuschliessen sei, dass sich das stark alkoholisierte Opfer auf dem Heimweg verletzt habe. Die Reanimation könne zudem dafür verantwortlich sein, dass einige Rippen gebrochen waren. Für die Richter ist jedoch eindeutig, dass diese allfälligen Verletzungen nicht die Todesursache waren.

Das Bundesgericht hielt fest, dass vielmehr der Mann mit ungezügelter Härte die schweren Verletzungen herbeigeführt habe. Und dies mit der Absicht, den «malträtierten, grazilen und damit fragilen Körper des Opfers zu zerstören und ihr das Leben zu nehmen». Auch ein Motiv stellten alle Gerichtsinstanzen fest. Die Frau trennte sich an diesem Abend vom Mann, der dies nicht hinnehmen wollte.

Gutachten widersprechen sich nicht

Wie schon das Obergericht sieht auch das Bundesgericht keine Widersprüche in den beiden Gutachten. Das Institut für Rechtsmedizin Zürich hatte die Obduktion vorgenommen. Zusätzlich wurde durch das Universitätsklinikum Bonn später ein weiteres Gutachten verfasst. Sie seien in der Deutlichkeit nicht deckungsgleich, betonte das Gericht. Es sei aber beiden zu entnehmen, dass es unwahrscheinlich sei, dass sich das Opfer die Verletzungen auf dem Nachhauseweg zugezogen habe. Sie hielten beide fest, dass eine Vielzahl der Verletzungen schlagtypisch seien und das Opfer Abwehrverletzungen aufgewiesen habe. Zudem hatte ein Nachbar Schreie gehört, die er dem Opfer zuweisen konnte.

Das Bundesgericht verurteilte den Mann nun zu 17 Jahren Haft. Zusätzlich wurde dem aus Polen stammenden Mann ein Landesverweis von 15 Jahren erteilt, der ihn nach Verbüssung der Haftstrafe ereilt. Das Gesuch des Mannes um unentgeltliche Rechtspflege wiesen die Richter zurück. Es auferlegt ihm sogar die Gerichtskosten in der Höhe von 1200 Franken und verpflichtet ihn zu einer Entschädigung von 50’000 Franken an den Sohn der Getöteten.

Kein Einzelfall

Im Schnitt stirbt alle zwei Wochen eine Frau durch einen Femizid, jede Woche überlebt eine Frau einen Femizid, so berichtete das „Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann“ für das Jahr 2019. Unter dem Begriff Femizid zu verstehen sind Tötungsdelikte an Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Oft geschehen diese Verbrechen in den eigenen vier Wänden. Der Begriff ist gesetzlich nicht etabliert. Seine Verwendung lehnte der Ständerat zuletzt 2020 ab. Auch eine offizielle Statistik, wie oft es zu einem Femizid kommt, führt der Bund nicht. Die meisten Zahlen dazu stammen von NGO’s und Opferhilfestellen. Das Rechercheprojekt „Stop Femizid“ verzeichnet für das Jahr 2024 bereits sechs Femizide.

Femizide im Jahr 2024

5. Januar 2024, Allaman, Waadt. Die Frau wurde 46 Jahre alt.

15. Januar 2024, Wädenswil, Zürich. Die Frau wurde 56 Jahre alt.

Ende Januar 2024, tot aufgefunden im Rhein bei Laufen-Uhwiesen, Zürich. Die Frau wurde 27 Jahre alt.

13. Februar 2024, Binningen, Basel-Landschaft. Die Frau wurde 38 Jahre alt.

16. März 2024, Vevey, Waadt. Die Frau wurde 40 Jahre alt.

25. März 2024, Frauenfeld, Thurgau. Die Frau wurde 74 Jahre alt.

Femizide im Jahr 2023

15. Februar 2023, Rupperswil, Aargau. Die Frau wurde 47 Jahre alt.

9. März 2023, Yverdon-les-Bains, Waadt. Die Frau wurde 40 Jahre, die Mädchen 13, 9 und 5 Jahre alt.

21. März 2023, Siders, Wallis. Die Frau wurde 79 Jahre alt.

24. März 2023, Vernier, Genf. Das Alter der Frau ist nicht bekannt.

26. März 2023, Dietikon, Zürich. Die Frau wurde 46 Jahre alt.

8. April 2023, Bellach, Solothurn. Das Alter der Frau ist nicht bekannt.

14. April 2023, Erlen, Thurgau. Die Frau wurde 39 Jahre alt.

26. Mai 2023, Vevey, Waadt. Die Frau wurde 37 Jahre alt.

27. Mai 2023, Lausanne, Waadt. Die Frau wurde 23 Jahre alt.

19. Juni 2023, Neuenburg. Die Frau wurde 78 Jahre alt.

25. Juni 2023, Lengnau, Bern. Die Frau wurde 54 Jahre alt.

4. Juli 2023, Penthaz, Waadt. Die Frau wurde 18 Jahre alt.

3. August 2023, Monthey, Wallis. Die Frau wurde 46 Jahre alt.

24. September 2023, Biel, Bern. Die Frau wurde 47 Jahre alt.

1. Oktober 2023, Embrach, Zürich. Die Frau wurde 30 Jahre alt.

11. November 2023, Richterswil, Zürich. Die Frau wurde 30 Jahre alt.

28. November 2023, Neuenburg, Neuenburg. Die Frau wurde 80 Jahre alt.

11. Dezember 2023, Sitten, Wallis. Die Frau wurde 36 Jahre alt.

Hilfe für gewaltbetroffene Personen

Polizei, Tel. 117 (Notruf)
Frauenhäuser für Frauen, auch mit Kindern
Mädchenhaus für Mädchen und junge Frauen
Schlupfhuus für alle Jugendlichen
Zwüschehalt Schutzhäuser für Männer
Opferhilfe Schweiz Beratungsstellen nach Kanton
Alter ohne Gewalt für ältere Menschen und Angehörige
Dargebotene Hand Sorgen-Telefon, Tel. 143
Beratung + Hilfe 147 für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
LGBT-Helpline für queere Menschen
Online-Opferberatung

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