Heard vs Depp bringen Stereotypen ins Wanken

 In Fairfex Virginia ist diese Woche der Prozess zwischen Johnny Depp und Amber Heard zu Ende gegangen – nach sechs Wochen (wobei die Verhandlungen während einer Woche pausiert worden waren). Der Prozess ist geneigt, einige Grundfeste zu erschüttern. Allerdings nicht solche des Rechtsstaates, sondern der vorherrschenden feministischen Ideologie.

Wer in den letzten zehn Jahren Medien und Politik verfolgt, dem ist ein Narrativ immer und immer wieder eingetrichtert worden. Männer sind Täter, die als Ausfluss des seit Jahrhunderten andauernden Patriarchats bis heute Frauen unterdrücken, schlagen und vergewaltigen. Mit der #metoo-Bewegung wurde nicht nur die Beweislastumkehr verankert, sondern auch der Grundsatz, dass jeder Frau a priori zu glauben sei, wenn sie Vorwürfe gegen einen Mann erhob.

Auch die „imperfekten“ Opfer müssten Gehör finden und geglaubt werden, hiess es regelmässig, wenn etwa Frauen sich in unauflösliche Widersprüche verwickelten. Weil der Begriff „Opfer“ zu stigmatisierend sei, ersetzte man ihn kurzerhand durch den Begriff „Überlebende“. Wenn ein Mann einer Frau in einer Discothek unerwünschterweise zu nahe kam, wurde sie als „Überlebende“ bezeichnet. – Dass der Begriff beinhaltet, dass eine Person eine Situation der akuten Lebensgefahr überwunden hatte, befand man als passend, auch wenn die meisten dieser Opfer sich tatsächlich niemals in Lebensgefahr befanden. Der Schwachsinn trieb insbesondere im woken Amerika so fröhliche Urstände, dass dieses unangemessene und sexistische Wording unterdessen sogar innerhalb der NATO praktiziert wird.

Das Narrativ des gewalttätigen Mannes gegen die unschuldige Frau wiederholen die Massenmedien und die linke Politik seit Jahren täglich: kaum eine Zeitungsausgabe, in der nicht eine Opferberaterin über die schlimmen Schicksale der Frauen erzählt, welche sie seit Jahren betreut hat, oder eine Frau beispielhaft für alle die anderen, die ebenfalls Opfer wurden, ihre Geschichte erzählt.

Depp als Täter nicht infrage gestellt

Natürlich lief es auch im vorliegenden Falle so. Als Heard 2016 zum ersten Mal und 2018 mit einem Artikel in der WASHINGTON POST erneut an die Öffentlichkeit trat und sich als Opfer häuslicher Gewalt darstellte, waren die Urteile rasch gefällt. Johnny Depp verlor seine Rolle als Captain Jack Sparrow in dem mehrteiligen Filmepos „Fluch der Karibik“ und gilt seither als weiterer Vertreter der „toxischen Männlichkeit“.

Nach sechs Wochen Prozess erscheint nun zumindest eines klar: Dass die Sache alles andere als klar ist. Gleich mehrfach zeigte sich, dass die Aussagen der Gegenklägerin nicht konsistent oder schlicht gelogen waren. – Beipielhaft die Szene, als Heards Anwältin Elaine Redehoft mit einer Puderdose im Gerichtssaal herumfuchtelte und aussagte, Heard hätte diese Puderdose Tag und Nacht bei sich gehabt, um die Hämatome von Depps Schlägen jeweils zu überschminken. Die Aussage fiel in sich zusammen, als die Herstellerin des Puders am nächsten Tag anmerkte, die betreffende Puderdose sei erst nach der erfolgten Scheidung von Heard überhaupt auf den Markt gebracht worden.

Es kann nicht sein was nicht sein darf

Aber viele der als Medienschaffende getarnten Aktivistinnen tun sich schwer, von ihrem Weltbild abzulassen, das längst zu einem Dogma, wenn nicht zu einer Religion geworden ist. So schafft es beispielsweise der linke Berliner TAGESSPIEGEL in mehreren Artikeln, die erwiesenenen Lügen oder die von einer Psychologin diagnostizierten Psychosen von Heard quasi als typisches Muster des patriarchalen Systems zu deuten, um eine Opfer-Täter-Umkehr zu bewirken.

Dass in der US-amerikanischen Öffentlichkeit eine Mehrheit den Schilderungen von Depp mehr Glaubwürdigkeit attestiert als denen Heards, wird als Rückschlag der #metoo-Bewegung gesehen in den woken amerikanischen Medien. Die NEW YORK TIMES-Kolumnistin Michelle Goldberg beispielsweise schreibt immrer noch unverhohlen: „Die Idee, dass sie die primäre Aggressorin war gegen einen viel grösseren Mann mit extremen Ressourcen,  das ist gegen jede Logik.“ Es kann nicht sein was nicht sein darf.  Die Surrealität der Berichterstattung erinnert an die russischen Medien bei der Begründung des Einmarschs der Russen in der Ukraine.

Dabei sind es fast immer Frauen, die über Frauen schreiben. Die Männer auf den Redaktionen machen das Spiel seit Jahren mit, im Wissen darum, mit Widerstand oder auch nur kritischem Nachfragen mit dem Stempel „alter weisser Mann“, reaktionär, rassistisch oder anti-feministisch versehen und ausgesondert zu werden. Wer dabei bleiben will, muss sich vom eigenen Geschlecht distanzieren.

Wissenschaftliche Daten zeigen ein ganz anderes Bild

Natürlich würde niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass es häusliche Gewalt gibt und dass Frauen Opfer davon werden. Nur, und das zeigt die ernsthafte Wissenschaft eigentlich seit Jahren: Männer werden fast ganz genau so oft wie Frauen Opfer von häuslicher Gewalt. Oder von sexuellen Übergriffen. Nur wird darüber geschwiegen, denn diese wissenschaftlichen Fakten passen so gar nicht zum gängigen Narrativ der bösen Männer und der armen Frauen.

Belege gäbe es an verschiedenen Orten. Der deutsche Publizist und Maskulist Arne Hofmann hat sie zusammengetragen und in einem Blogartikel „Die Top Ten Tabu-Themen“ verlinkt.

Toxisch waren wohl beide – auch wenn es sich viele nicht eingestehen wollen

Und da kommt jetzt dieser Prozess zwischen den beiden Hollywood-Grössen Amber Heard und Johnny Depp, wo viele sich nicht zu dumm waren, sich von vornherein zu „Team Johnny“ oder „Team Amber“ zu bekennen und in der Folge in allerlei Social-Media-Beiträgen in der besten Tradition von kognitiver Dissonanz das Prozessgeschehen durch die jeweilige Brille zu sehen und zu kommentieren.

Nur: Wer den Prozess nicht komplett mit Scheuklappeen verfolgt hat, hätte eigentlich recht bald erkennen müssen: Mann gleich Täter, Frau gleich Opfer, bei den beiden Hollywood-Protagonisten hat diese Rollenverteilung so gar nicht funktioniert und gezeigt, dass das Leben wesentlich mehr Grautöne hat, als in den meisten Filmen aus den US-Studios.

In diesem Sinn war dieser Prozess tatsächlich grosses Kino. Aber ob die Botschaft ankommt?

Schwerer juristischer Stand bei Diffamierungen in den USA

Bei dem Verfahren in Virgina handelt es sich um einen Zivil-, keinen Strafprozess. Johnny Depp verlangt von Amber Heard für ihre Anschuldigungen einen Schadenersatz von USD 50 Millionen, dazu einen „Strafschadenersatz“, so etwas wie eine Busse für die Rufschädigung – eine Rechtsfigur, welche das Schweizerische Zivilgesetz nicht kennt. Da in den USA die Meinungsäusserungsfreiheit gegenüber den Persönlichkeitsschutzrechten generell höher gewichtet wird, schätzen verschiedene Juristen die Chancen von Johnny Depp, mit der Klage durchzudringen, als eher schwierig ein.

Eine Besonderheit des amerikanischen Rechts ist es zudem, dass anders als in der Schweiz der in der seiner Persönlichkeit verletzte Kläger belegen muss, dass die vorgebrachten Persönlichkeitsverletzungen nicht der Wahrheit entsprechen – also quasi eine Beweislastumkehr. Das zahlt auf die Beobachtung ein, dass es solche Klagen wegen Persönlichkeitkeitsverletzungen in den USA sehr schwer haben.

Auch der Prozessort ist übrigens dem geschuldet: In Californien, wo beide Protagonisten wohnen, sind die Hürden für Schadenersatzklagen aufgrund von Diffamierung besonders hoch – in Virgina haben Johnny Depps Anwälte bessere Chancen gesehen. Möglichlich ist der Prozessort, weil der Artikel in der WASHINGTON POST, in dem Heard ihre behaupteten Gewalterfahrungen mit Depp geschildert hatte, in Virginia gedruckt worden war und die WASHINGTON POST hier auch Büros hat.

Einen guten Überblick über die rechtliche Ausgangslage der Klage gibt der Artikel „Johnny Depp vs. Amber Heard juristisch verstehen“ der deutschen Medienanwältin Diana Grün auf der Plattform LEGAL TRIBUNE ONLINE.

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