Die Bundesanwaltschaft der Schweiz hat im vergangenen Jahr eine signifikante Zunahme der Terrorismusermittlungen erlebt, wie Bundesanwalt Stefan Blättler während einer Medienkonferenz erklärte. Nach einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) wurden 2023 50 Prozent mehr Strafuntersuchungen in diesem Bereich eingeleitet als im Vorjahr. Die Ermittlungen konzentrieren sich hauptsächlich auf den jihadistischen Terrorismus, einschliesslich der Unterstützung für terroristische Gruppierungen, Propaganda und Finanzierung.
Ein besorgniserregender Trend ist das zunehmend jüngere Alter der mutmasslichen Täter. Blättler äusserte sich kritisch zur derzeitigen Praxis, dass minderjährige Beschuldigte von den kantonalen Jugendanwaltschaften und Jugendgerichten behandelt werden, nicht von der Bundesanwaltschaft. Er deutete an, dass dies „durchaus auch ein Handicap“ sei, da Jugendgerichte „nicht unbedingt die Praxis haben, sich mit mutmasslich terroristischen Jugendlichen auseinanderzusetzen“ (NZZ).
Diese Problematik wurde durch den versuchten Mordanschlag eines islamistischen Jugendlichen auf einen Zürcher Juden exemplarisch verdeutlicht. Der Jugendliche hatte sich während eines mehrjährigen Aufenthalts in Nordafrika radikalisiert und kurz vor der Tat dem Islamischen Staat die Treue geschworen. Da er zum Zeitpunkt der Tat erst 15 Jahre alt war, kam das Jugendstrafrecht zur Anwendung, das eine Resozialisierung des Täters anstrebt, anstatt ihn primär zu bestrafen.
Blättler sieht das Jugendstrafrecht kritisch, besonders im Hinblick auf radikalisierte Jugendliche, die bereit sind, Gewalt anzuwenden. Er erläuterte, dass das Jugendstrafrecht „weniger den Sicherheitsaspekt als vielmehr die Resozialisierung straffällig gewordener Jugendlicher“ in den Vordergrund stellt (NZZ). Die Frage sei nun, ob diese Gesetzgebung auch für Fälle von radikalisierten Jugendlichen adäquat sei.
Der Bundesanwalt plädiert dafür, das Problem im Auge zu behalten und möglicherweise spezielle Jugendanwaltschaften einzurichten, die besser auf solche Fälle spezialisiert sind. Obwohl er keine konkreten Änderungen am Jugendstrafrecht fordert, betont er die Notwendigkeit einer Diskussion über dessen Anpassung.
In der Politik wurden nach dem Anschlag in Zürich bereits einige Vorstösse für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts unternommen. Laut NZZ ist eine generelle Verschärfung politisch kaum durchsetzbar, doch Blättlers Äusserungen könnten die Chancen auf punktuelle Anpassungen erhöhen. Abschliessend betont der Bundesanwalt, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen der Bundesanwaltschaft, dem Fedpol und den Jugendanwaltschaften bereits besteht, aber weiterhin intensiviert werden muss, um der wachsenden Bedrohung durch jugendliche Terrorverdächtige entgegenzuwirken.