Jetzt schlägt Brunner zurück

Im BÜNDNER TAGBLATT und der SÜDOSTSCHWEIZ (hinter Bezahlschranke) gibt Norbert Brunner, der ehemalige Präsident des Bündner Kantonsgerichts, zurück. Nachdem die Strafuntersuchung gegen ihn im November eingestellt worden war und unterdessen in Rechtskraft erwachsen ist, äussert sich Brunner erstmals öffentlich. Und kritisiert die Justizkommission des Bündner Grossen Rates scharf.

Zur Erinnerung: Die Affäre wurde durch ein Urteil in einer Erbschaftssache ausgelöst. Der Spruchkörper hatte ein Urteil gefällt, dass dem klagenden Erben eine bestimmte Summe zustehe. Im zugestellten Urteil hiess es demgegenüber schliesslich, dass das Geld dem Anwalt des Erben ausbezahlt werden müsse. – In den Akten fand sich eine Abtretungserklärung, welche allerdings keinem Mitglied des Spruchkörpers aufgefallen war. Gerichtspräsident Brunner passte das Urteilsdispositiv entsprechend an – was den damaligen Kantonsrichter Peter Schnyder dazu brachte, Brunner eine Urkundenfälschung und weitere Delikte im Amt vorzuwerfen.

Ermächtigung durch die KJS

Durch die Strafanzeige Schnyders kam der Fall in die Kommission für Justiz und Sicherheit des Grossen Rates: Sie musste eine Ermächtigung für die Strafuntersuchung entscheiden. Und tat dies, indem sie festhielt, Brunner hätte sich der „zumindest eventualvorsätzlichen“ und „mit Täuschungsabsicht“ begangenen Urkundenfälschung schuldig gemacht. Für Brunner „eine der KJS ohnehin nicht zustehende klare Vorverurteilung“, wie er heute in der Zeitung sagt. „Diese Schlussfolgerung liegt schon deshalb völlig neben den Fakten, weil in seiner Einvernahme vor der KSJ nicht einmal mehr Anzeigeerstatter Peter Schnyder heauptet hat, ich hätte ein Urteilsdispositiv der Kammer abgeändert.“

Alle Rechtsmittel erfolglos geblieben

Weiter führt Brunner ins Feld, dass auch die verschiedenen Rechtsmittelverfahren gegen den inkriminierten Entscheid erfolglos geblieben seien – was zeige, dass der Fall absolut korrekt beurteilt worden sei. Aber in der KSJ habe sich offenbar niemand auch nur die Frage gestellt, weshalb er denn die vorgeworfenen Delikte überhaupt hätte begehen sollen, „was ich der KJS besonders ankreide“. Brunner schiesst aber auch gegen den ehemaligen Richterkollegen Peter Schnyder, der unterdessen auf Empfehlung der Bündner Justizkommission vom Grossen Rat abgewählt worden ist. „Ihm hätte man als damaligem Vorsitzenden der 1. Strafkammer des Kantonsgerichts eigentlich hinreichende Kenntnisse im Strafrecht zutrauen dürfen, um sofort zu erkennen, dass hier nicht der Hauch eines strafrechtlich relevanten Verhaltens vorlag“, so Brunner in dem Zeitungsartikel, in dem ihm keinerlei  – und schon gar keine kritischen  – Fragen gestellt werden, sondern Brunner lediglich zu Stichworten zitiert wird.

Immun gegen Kritik

Brunner hatte schon immer damit argumentiert, es sei übliche Praxis am Bündner Kantonsgericht, dass der Spruchkörper lediglich die Leitplanken eines Entscheides festlege und die konkrete Ausformulierung dann delegiert werde – inklusive allfälliger Anpassungen des Urteils. Eine Praxis, die sowohl vom ausserordentlichen Staatsanwalt, welcher die Vorwürfe gegen Brunner untersucht hatte, als auch von der Justiz- und Sicherheitskommission des Grossen Rates kritisiert wurde. Aber auch mit diesem Punkt will sich Brunner nicht abfinden: „Dies ist eine klare Einmischung in die Rechtsprechung, welche gegen die in der Bundes- und Kantonsverfassung verankerten Prinzipien der Gewaltenteilung und richterlichen Unabhängigkeit verstösst.

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Dass die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Brunner einer Überprüfung kaum standhalten dürften, hat INSIDE-JUSTIZ von allem Anfang an festgehalten. Auch die Skandalisierung, beispielsweise durch die REPUBLIK, war zu durchsichtig. Die Medien waren offensichtlich „Tu-Nicht-Gut“-Richter Peter Schnyder aufgesessen, der am Bündner Kantonsgericht offensichtlich so wenig Freunde hatte, dass dem Bündner Kantonsparlament vom Gesamtgremium beantragt worden war, Schnyder abzuwählen. So weit, so berechtigt die Kritik von Norbert Brunner.

Gleichwohl überzeugt seine Revanche an der Bündner Politik nicht. Insbesondere dort nicht, wo er Kritik an der Arbeit des Kantonsgerichts als Einmischung in die Belange der Justiz sieht. Brunner übersieht dabei, dass ja nicht nur die Justizkommission Kritik übt, sondern auch breite Kreise aus Lehre und Praxis. Denn eines lässt sich nicht wegdiskutieren: Wie der Fall, der den Ausgangspunkt der gesamten Debatte bildete,  bewies, war es am Bündner Kantonsgericht gängige Praxis, dass der Spruchkörper über einen Fall urteilen konnte, ohne sämtliche Akten studiert zu haben. Das hinterliess schon immer einen schalen Nachgeschmack und wirft bis heute die Frage auf, wie genau es die Bündner Richter mit dem Studium der Akten bei ihren Entscheiden nehmen. Wenn Brunner dieses Vorgehen bis heute durch alle Böden hindurch verteidigt und keinerlei Einsicht zeigt, dann läuft er das Risiko, als Unbelehrbarer dazustehen, der offenbar über jeglicher Kritik steht. Deshalb bleibt am Ende bei aller Berechtigung einiger seiner Einreden der Eindruck: Gut, dass er weg ist.

 

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