Die Swiss und ihre „Kundenfreundlichkeit“

„Bei einer Flugannullierung erstattet die Swiss einem Passagier das Geld zurück, einer Passagierin des gleichen Fluges jedoch nicht. Dies zeigt ein Beitrag der Fernsehsendung Kassensturz. Ein Problem, das von den Fluggesellschaften systembedingt angewendet und von den Gerichten gestützt wird.

Der Umgang mit Kundenreklamationen und -problemen stellt für jede Fluggesellschaft eine Herausforderung dar. Insbesondere bei der Swiss scheint es jedoch eine Tendenz zu geben, nicht adäquat auf die Probleme und Anliegen ihrer Kunden einzugehen. Dies hat zu einer Vielzahl von Beschwerden und Unzufriedenheiten geführt, die sich in verschiedenen Aspekten des Kundenservice widerspiegeln. Trotz wiederholter Versprechungen, den Kundenservice zu verbessern und in diesen zu investieren, berichten viele Fluggäste nach wie vor von mangelndem Entgegenkommen und schlechter Kommunikation, insbesondere bei Flugannullierungen und Gepäckproblemen.

Im Detail zeigt sich, dass Fluggäste, die von technischen Störungen, Verspätungen oder Annullierungen betroffen sind, oft Schwierigkeiten haben, eine angemessene und rechtzeitige Entschädigung zu erhalten. Ein Beispiel hierfür ist die Praxis der Swiss, Entschädigungsansprüche zunächst abzulehnen, was durch mangelnde Transparenz und Unterstützung durch den Kundenservice noch verschärft wird. Trotz klarer Regelungen im Rahmen der EU-Fluggastrechteverordnung, die auch in der Schweiz gilt, scheint die Durchsetzung dieser Rechte für viele Betroffene ein mühsamer und oft frustrierender Prozess zu sein.

Downgrade

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umgang mit dem Gepäckservice, insbesondere wenn Passagiere für zusätzliche Dienstleistungen wie eine Priority-Behandlung bezahlt haben, die Versprechen jedoch nicht eingehalten werden. In solchen Fällen ist die Swiss verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen, doch oft müssen Kunden erhebliche Anstrengungen unternehmen, um diese zu erlangen. Das Beispiel eines Kunden wurde unserer Redaktion vor kurzem gemeldet. Obwohl er einen Flug aus Nordamerika in der Businessklasse gebucht hatte, wurde er in die Economyklasse umgebucht. Dennoch weigerte sich die Swiss lange den doch beträchtlichen Preisunterschied zurückzahlen. Nach Monaten des Verweigerns zahlte dann die Airline lächerliche 300 Franken für den Downgrad. Eine weitere Entschädigung wurde dann verweigert.

In der Sendung des Kassensturzes (Link zum Beitrag)  liess die Autorin Ivana Imoli zwei ehemalige Kunden zu Wort kommen. Monika Hürlimann und ihr Schwager Gregor Herger erlebten auf ihrer Reise nach Kopenhagen erhebliche Unannehmlichkeiten, als ihr Flug aufgrund eines technischen Problems mit dem Autopiloten annulliert wurde und sie erst mit großer Verspätung abends ihre Reise fortsetzen konnten. Dies führte dazu, dass sie einen ganzen Urlaubstag verloren. Obwohl Gregor Herger letztlich eine Entschädigung von der Swiss erhielt, wurde der Antrag von Monika Hürlimann abgelehnt, was zu Verwirrung und dem Vorwurf der Ungleichbehandlung führte.

Die fortgesetzten Entschädigungsforderungen von Monika Hürlimann blieben zunächst unbeantwortet, was auf interne Kommunikationsfehler bei der Swiss zurückgeführt wurde. Nachdem diese Fehler erkannt wurden, versprach die Swiss, ihre Prozesse zu überprüfen, um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden und kündigte an, auch Monika Hürlimann zu entschädigen.

BAZL ohne Wirkung

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) leitete Verfahren aufgrund der Anzeigen der Hergers ein, die jedoch beide geschlossen wurden, nachdem festgestellt wurde, dass Swiss ihre Verpflichtungen gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung erfüllt hatte. Die anfängliche Ablehnung der Entschädigungszahlungen wurde mit dem unvermeidbaren technischen Defekt begründet, der die Annullierung erforderlich machte. Eine spätere interne Überprüfung führte jedoch dazu, dass Swiss ihre Entscheidung revidierte und die Entschädigungszahlungen an Gregor Herger und seine Frau veranlasste, weil festgestellt wurde, dass das Flugzeug doch zeitnah hätte wieder eingesetzt werden können. Monika Hürlimanns fortgesetzte Forderungen nach Entschädigung blieben zunächst unbeantwortet, was auf interne Kommunikationsfehler bei der Swiss zurückgeführt wurde. Nachdem diese Fehler erkannt wurden, versprach die Swiss, ihre Prozesse zu überprüfen, um sicherzustellen, dass solche Fehler zukünftig vermieden werden und kündigte an, auch Monika Hürlimann zu entschädigen.

Experten wie Simon Sommer von Cancelled.ch weisen darauf hin, dass Fluggesellschaften oft alles tun, um Entschädigungszahlungen zu vermeiden. Dies führe oft zu grosser Frustration bei den Passagieren, insbesondere wenn es zu offensichtlichen Ungerechtigkeiten bei der Behandlung von Entschädigungsansprüchen komme. Die Probleme im Kundenservice der Swiss wurden auch von Pressesprecherin Karin Montani angesprochen, die einräumte, dass trotz erheblicher Investitionen in den Kundenservice die erwarteten Standards noch nicht erreicht seien. Dies zeige eine Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Passagiere und der tatsächlichen Leistung der Swiss im Bereich Kundenservice.

Die Entschädigungspraxis und der Kundenservice der Swiss stehen daher weiterhin in der Kritik, sowohl von betroffenen Passagieren als auch von Verbraucherschutzorganisationen, die eine gerechtere und transparentere Handhabung der Passagierrechte fordern. Die EU-Verordnung 261/2004 regelt diese Rechte und gilt laut Bundesamt für Zivilluftfahrt auch in der Schweiz. Für Kundinnen und Kunden aus der Schweiz gilt, dass ihr Flug auf EU-Boden landen muss. Für Flüge, die in der EU starten und in der Schweiz landen, gilt die EU-Verordnung ebenfalls.

Ansprüche ohne Ende

Gemäss Brancheninformationen hätten an den drei grossen Schweizer Flughäfen täglich rund 2‘000 Passagiere Anspruch auf eine Entschädigung durch die Fluggesellschaften, aber nur gerade 0,01 Prozent erhalten von den Fluggesellschaften auch etwas zurück. Das heisst, nur gerade jeden fünften Tag gelingt es einem Passagier, etwas für die schlechte oder nicht erbrachte Leistung der Fluggesellschaften zurückzubekommen. Und auch das wird immer öfter in Form von Gutscheinen und nicht mit Geld beglichen.

Wie im Fall des Kassensturzes tun sich nicht nur die Swiss (inkl. Edelweiss Air), sondern auch alle anderen Fluggesellschaften äusserst schwer, ihren Kunden zu ihrem Recht zu verhelfen. Viele Airlines ignorieren systematisch Mails oder Anrufe ihrer Kunden oder prüfen die Ansprüche nur sehr schleppend. Gemäss Angaben von airhelp.ch hätten jährlich über 700‘000 Passagiere, die in der Schweiz landen oder starten, Anspruch auf bis zu 500 Millionen Franken, ausbezahlt werden aber nur wenige 10’000 Franken. Europaweit sind es sogar rund 8 Milliarden, die den Passagieren von den Fluggesellschaften ausbezahlt werden müssten. Tatsächlich ist es gerade mal eine Million. Dabei könnten die Passagiere ihre Ansprüche rückwirkend für die letzten zwei Jahre geltend machen. Wegen der bösartigen Hürden der Airlines wird das aber meist verhindert. Europaweit waren 2023 rund 99 Millionen Passagiere von Verspätungen betroffen, rund zehn Millionen mehr als 2019. Besonders viele Verspätungen gab es in Serbien, Griechenland und Bulgarien. Und das Desaster geht weiter. Immer öfter sind Flüge verspätet, überbucht oder fallen ganz aus. Zurück bleiben frustrierte Passagiere, die von den Fluggesellschaften keine Hilfe erhalten, obwohl ihnen Entschädigungen von bis zu 600 Euro zustehen.

Der Umsatz der Swiss betrug vergangenes Jahr 5,3 Milliarden Franken. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber Vorjahr (VJ 4,4 Mrd. Fr.).Beim operativen Gewinn erreichte die Swiss gar ein Rekordergebnis. Sie steigerte diesen auf 718,5 Millionen Franken von 456 Millionen im Jahr davor. Damit liegt sie nochmals deutlich über dem letzten Rekordergebnis von 2018 mit 636 Millionen Franken. Insgesamt hat die Airline im vergangenen Jahr rund 16,5 Millionen Passagiere befördert und damit knapp 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Anzahl der Flüge stieg laut der Mitteilung um 22,5 Prozent auf über 130’000. Im Bild unten Dieter Vranckx, CEO von Swiss International Air Lines (bis Ende Juni 2024)

Warum die Fluggesellschaften mit dieser kundenfeindlichen Haltung auch vor Schweizer Gerichten durchkommen, zeigen wir in einem weiteren Artikel.

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