Kommentar zum etwas anderen Nachruf auf Elisabeth Kopp von inside-justiz.ch

Man soll Verstorbenen nichts Schlechtes nachsagen, gebietet eine alte Regel von Respekt und Anstand. Wir respektieren alle, welche diese Regel hoch halten und deshalb Mühe haben mit unserem Bericht zum Scheitern von Elisabeth Kopp als erster Schweizer Bundesrätin. Wenn wir die damaligen Ereignisse anhand des Urteils des Bundesgerichtes in Erinnerung rufen, dann tun wir das keinesfalls mit dem Vorsatz, Elisabeth Kopp in den Schmutz zu ziehen. Wir tun es vielmehr, um der grassierenden Heuchelei, welche dieser Tage in der Schweizer Medienlandschaft herrscht, entgegenzutreten. In einer Vielzahl der erschienenen Nachrufe wird die erste Schweizer Bundesrätin geradezu als Heldin verklärt – oft von denselben Medien, die sie seinerzeit, in den Jahren 1988 bis 1990 richtiggehend einer medialen Treibjagd ausgesetzt hatten. Und sie anschliessend 30 Jahre zu ächten und mehr oder minder aus dem öffentlichen Leben auszuschliessen.

Wir von Inside-Justiz verurteilen dieses Verhalten. Elisabeth Kopp hatte – ausgerechnet als Justizministerin – einen schweren Fehler begangen, wie auch das Bundesgericht in seinem Urteil unzweideutig festhielt. Die damals resultierenden Freisprüche von vielen der Involvierten, insbesondere der Bundesrätin, zeugen von einer bundesrichterlichen Nachsicht, die vielen anderen Beschuldigten kaum zugestanden worden wäre – etwa, wenn einer promovierten Juristin des Justizdepartementes zugebilligt wird, sie habe sich wohl in einem Rechtsirrtum befunden und nicht erkannt, dass sie von ihrer Vorgesetzten zu einer Amtsgeheimnisverletzung angestiftet worden war.

Dass sich die studierte Bundesrätin Kopp aufgrund auch späterer Äusserungen wohl immer noch mehr als politisches Opfer sah und ihr widerrechtliches Verhalten nie einsah («Mich trifft weder moralisch noch rechtlich irgendeine Schuld»), ist eine Tragik ihrer Geschichte, die tatsächlich Züge einer griechischen Tragödie hat, wie auch der CVP-Alt-Bundesrat (und Jurist) Arnold Koller in einem lesenswerten Artikel der NZZ AM SONNTAG festhält. Gleichzeitig ist die Geschichte der Elisabeth Kopp bis heute hochaktuell. Das politische Ende von Kopp ist die Geschichte einer unseeligen Interessenskollision zwischen ihrem Amt und ihrer Ehe. Interessenskollisionen dieser Art existieren bis heute, wenn Politiker mit Politikerinnen das Bett teilen oder mit Medienschaffenden in teils hohen Chargen – wenn Richterinnen oder Staatsanwältinnen mit Parlamentariern verbandelt sind oder Amtsärzte weidlich Privates mit Beruflichem vermischen. Auch daran, dass Betroffene ihre Befangenheit und die Problematik nicht erkennen wollen, hat sich sich bis heute wenig geändert.

Deshalb erscheint es uns ein Gebot der Stunde, gerade an dieses Erbe der tragischen Heldin Elisabeth Kopp zu erinnern und ihre Geschichte allen in Erinnerung zu rufen, die ihre Interessenskollisionen unbedarft vor sich hertragen.

Das ändert aber nichts an den Verdiensten, die Elisbeth Kopp für dieses Land hatte. Und dass die lebenslängliche öffentliche und mediale Ächtung in keinem Verhältnis stand zu dem damaligen Vorfall. Denn sind wir uns bewusst: Interessenskollisionen sind auch heute noch an der Tagesordnung, und Amtsgeheimnisverletzungen geschehen auf einer täglichen Basis. – Oft mit weit boshafteren Absichten als bei Elisabeth Kopp.

 

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