Neue Spur im Fall Maddie führt nach Deutschland

Grosse Aufregung im Falle der verschwundenen Maddie McCann. Die Braunschweiger Strafverfolgungsbehörden haben heute darüber informiert, dass sie in der Sache ermitteln und einen 43-jährigen Deutschen als möglichen Täter ins Auge gefasst haben. In die Untersuchung sind auch die englischen und portugiesischen Behören involviert.

Und in Deutschland mischt auch das deutsche Bundeskriminalamt mit, wie die Behörde in einer Mitteilung vom Mittwochabend schreibt. Das Verfahren gegen einen Deutschen Mann, in den Medien als „Christian B.“ zitiert, wird unter dem Verdacht des Mordes geführt, und an einer Medienkonferenz vom 4. Juni 2020 bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, die Ermittler gingen davon aus, dass Maddie tot sei. Genauere Gründe für die Vermutung der Strafverfolger machte der Sprecher nicht. Die Mini-Medienkonferenz war denn auch nach vier Minuten und ohne die Möglichkeit, Fragen zu stellen, bereits wieder zu Ende. Die britische Boulevard-Zeitung THE SUN berichtet, Polizisten hätten herausgefunden, wie Madeleine umgebracht worden sei, publizierte dazu aber ebenfalls keine weiteren Informationen.

Christian B. – der mutmassliche Mörder von Maddie McCann war zum Zeitpunkt der Tat 30-jährig.

 

Verdächtiger bereits im Strafvollzug

Der tatverdächtige Mann soll ein heute 43-jähriger Deutscher sein, der sich zur Zeit bereits aufgrund einer anderen Straftat in Haft befinde. Laut der BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG vom Donnerstag soll der Mann letztes Jahr für die Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin vom Braunschweiger Landgericht zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sein. Das Urteil sei gemäss der Zeitung aber noch nicht rechtskräftig.

Diese Tat soll sich im Jahr 2005 ereignet haben, zwei Jahre vor Maddies Verschwinden.  Der Täter leugnete die Vergewaltigung vor Gericht, die Richter sahen seine Schuld dennoch als erwiesen an aufgrund verschiedener Indizien. Eines davon war ein Haar des Täters, das auf dem Bett des Opfers gefunden worden war. Vor allem aber hatten zwei Bekannte des Täters, die bei ihm eingebrochen waren, auf einer Videokamera erschreckende Aufzeichnungen von Vergewaltigungen gefunden. Die Videoaufzeichnungen waren zwar verschwunden, die beiden Zeugen, welche die Videos gesehen hatten, belasteten den Täter allerdings schwer. Das und weitere Details der Tat berichtet der BLICK unter Berufung auf Informationen der BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG.

Abgespielt hatte sich die Vergewaltigung damals im selben Praia da Luz, in dem zwei Jahre später das kleine Mädchen spurlos verschwand. Der Deutsche hatte gemäss BKA zwischen 1995 und 2007 mehr oder weniger dauerhaft an der Algarve gelebt, unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. Dann aber auch wieder in einem heruntergekommenen Camper-Van. Er soll in dieser Zeit nicht nur verschiedene Gelegenheitsjobs gehabt haben, sondern damals auch schon Einbruchdiebstähle oder Drogenhandel begangen haben. Darüber hinaus wurde er wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern schon mehrfach zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Mit wem hat Christian B. unmittelbar vor dem Verschwinden von Maddie telefoniert?

Die ebenfalls in die Ermittlungen involvierte englische Metropolitan Police (MET) gab bekannt, dass der Tatverdächtige in der Umgebung des späteren Verschwindens von Maddie nur eine Stunde vor der Tat telefoniert hatte mit einer bislang unbekannten Person. Die Telefonnummer ist der Polizei zwar bekannt und wurde auch veröffentlicht, offenbar konnte die Telefonnummer aber niemandem zugeordnet werden. Die deutsche Polizei vermutet, Christian B. habe möglicherweise zunächst nur in das Ferien-Apartement der McCanns einbrechen wollen, dann aber seine Absichten geändert, als er dort das schlafende Kleinkind vorfand.

In Verbindung mit den Ermittlungen haben die Behörden zwei Bilder von Fahrzeugen veröffentlicht, die zum Zeitpunkt des Verschwindes von Maddie vermutlich von Christian B. gefahren worden seien. Die Fahrzeuge könnten möglicherweise in das Verbrechen verwickelt gewesen sein. Neben dem weissen VW T3 Westfalia handelt es sich um einen Jaguar XJR6, Baujahr 1993. Das BKA schreibt dazu: „Es liegen Hinweise vor, wonach er (der Täter) eines dieser Fahrzeuge zur Begehung der Tat genutzt haben könnte.“

Täter offenbar schon früher im Fadenkreuz der Ermittler

Warum die verschiedenen involvierten Polizeikorps genau jetzt über die neue Entwicklung informieren, geht aus den bisher veröffentlichten Informationen nicht hervor. THE SUN schreibt, Christian B. habe schon 2017 in einer Bar Aussagen gemacht, die ihn verdächtig erscheinen liessen. Damals war aus Anlass des zehnjährigen Jahrestages des Verschwindens eine Dokumentation im TV ausgestrahlt worden, zu welcher der Verdächtigte offenbar Aussagen machte. Der BLICK berichtet, Christian B. sei von der Polizei auch schon 2013 zum Verschwinden von Maddie befragt worden, es liessen sich damals aber keine belastbaren Hinweise finden, sodass er wieder frei kam. Welche Informationen nun aber drei Jahre nach dem letzten Verdachtsmoment dazu kamen, um die Behörden zu der Medienoffensive zu bewegen, blieb vorerst rätselhaft.

Medienträchtigster Fall

Der Fall der Maddie McCann beschäftigt Justiz und Öffentlichkeit seit vielen Jahren. Am 3. Mai 2007 verschwand das damals dreijährige Mädchen unter bisher ungeklärten Umständen. Die Familie McCann war im portugiesischen Praia la Luz in einer Hotelanlage in den Ferien. Die Eltern waren mit Freunden zum Abendessen im Hotelrestaurant und liessen das Kind in ihrem Hotel-Apartement schlafen. Als sie nach Maddie sehen wollten, war das Kind spurlos verschwunden.

Die Untersuchungen durch die portugiesischen Behörden waren von vielen Ermittlungspannen gekennzeichnet. Zwischenzeitlich führten die portugiesischen Behörden gar die verzweifelten Eltern als mögliche Tatverdächtige. Der portugiesische Chefermittler schrieb gar ein Buch darüber, in dem er darlegte, wie seiner Ansicht nach die Eltern selbst die kleine Maddie umgebracht und entsorgt hatten. Die Ermittlungsarbeit führt zu Spannungen zwischen Grossbritannien und Portugal, der ehemalige Ermittlungschef, dem in anderen Strafverfahren schwere Vorwürfe gemacht worden waren, wurde entlassen. Der Streaming-Dienst NETFLIX produzierte eine Dokumentarreihe zu dem Fall, die von den Eltern allerdings nie autorisiert wurde.

Vor allem aber blieb das Verschwinden der kleinen Madeleine bis heute ungeklärt. Die Eltern des Mädchens, das unterdessen 16 Jahre alt wäre, werden in der SUN zu den neusten Entwicklungen mit dem Satz zitiert: „Alles, was wir immer wollten, war, Maddie zu finden, die Wahrheit zu enthüllen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Wir werden die Hoffnung nie aufgeben, Madelein lebend zu finden. Aber was auch immer das Ergebnis der Ermittlung sein wird, wir müssen wissen, was passiert ist, um Frieden zu finden.“

 

Fahndungsaufruf aus Aktenzeichen XY ungelöst vom 3.6.2020

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