Obergericht Zürich spricht Kantonspolizistin schuldig

Das Zürcher Obergericht spricht eine Polizistin der Kantonspolizei Zürich der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und verurteilt sie zu einer bedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen à CHF 80.00. Die Polizistin hatte einen Einbrecher gestellt und drei Mal auf ihn geschossen, wobei ihn ein Profil im Arm traf und zu einem bleibenden Schaden führte.

Der Vorfall ereignete sich im Mai 2016 in Ossingen im Zürcher Weinland. Die damals 30-jährige Polizistin stellte am Bahnhof einen Mann in einem BMW, der auf die Beschreibung einer Person passte, dessen Verhalten zuvor als verdächtig gemeldet worden war: Eine Anwohnerin hatte vermutet, dass es sich bei dem Mann um einen Einbrecher handeln könnte. Die Polizistin, die alleine unterwegs war, verlangte von dem Mann, er solle aussteigen. Als sich dieser nach vorne bewegte, forderte sie ihn auf, sich nicht zu bewegen. Als der Mann nicht reagierte, schoss sie ihm in den Arm. Der Mann flüchtete mit dem Auto, sie schoss ihm noch zwei Mal hinterher, wobei eine Kugel das Heck traf.

Später stellte sich heraus, dass der Kosovare tatsächlich ein Einbrecher war. Im Kantonsspital Thurgau konnte er schliesslich verhaftet werden. Der Mann wurde verurteilt und des Landes verwiesen. Die Verletzung seines Armes erwies sich schliesslich als so gravierend, dass er bis heute nicht mehr auf seinem ursprünglich gelernten Beruf als Fenstermonteur arbeiten kann.

Vor dem Bezirksgericht Andelfinden wurde die Polizistin im September 2020 wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu 30 Tagessätzen verurteilt, sowohl sie wie auch die Staatsanwaltschaft zogen ans Obergericht weiter. Die Staatsanwältin sagt vor Obergericht eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren für eine versuchte vorsätzliche Tötung, wovon die Polizistin ein Jahr hätte absitzen solle. Der Verteidiger plädierte auf einen vollumfänglichne Freispruch: Die Polizistin habe sich an Leiben und Leben bedroht gefühlt und deshalb in Notwehr gehandelt. Sie habe aus kurzer Distanz geschossen und „nie und nimmer“ Tötungsabsichten gehabt.

Das Obergericht sprach die Polizistin der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und folgte in dem Punkt, dass es keinen Grund gegeben habe, die Schusswaffe einzusetzen, der Staatsanwaltschaft. Wenn die Polizistin den Mann auffordere, auszusteigen, müsste sie damit rechnen, dass er sie bewege. Sie, die Polizistin, habe die Situation falsch eingeschätzt und stattdessen besser auf Verstärkung gewartet. Der Schusswaffenseinsatz sei unverhältnismässig gewesen, auch wenn er ihr nicht unterstelle möge, dass sie den Tod des Einbrechers in Kauf genommen hätte.

 

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