Wie verschiedene Medien am Wochenende berichten, soll das schriftliche und begründete Urteil im Raiffeisen-Komplex stehen. Das Bezirksgericht Zürich habe die Parteien darüber informiert, dass das Urteil anfangs Januar verschickt werde. – Das Gericht erspart den Anwälten damit Nachtschichten über die Weihnachtsfeiertage.
Das schriftliche Urteil des Zürcher Bezirksgericht unter dessen Präsident Sebastian Aeppli (Grünliberale Partei) ist unter Zürcher Juristen längst zur Lachnummer verkommen. Bei der mündlichen Urteilseröffnung am 13. April 2022 hatte Aeppli vollmundig angekündigt, 500 Seiten seien bereits geschrieben, das schriftliche Urteil werde bis zum Sommer vorliegen. Dann geschah lange Zeit nichts mehr. Der Sommer ging vorbei, kein Urteil in Sicht. Der Herbst ging vorbei, weiterhin kein Urteil in Sicht. Die Experten taten, was sie immer tun und spekulierten wild. Das Gericht habe womöglich realisiert, dass die Fakten aus den Akten nicht so richtig zum Urteil passen würden, unkten die einen. Das Gericht wolle es den Beschuldigten möglichst schwer machen, Anknüpfungspunkte für ihre Berufung zu finden, mutmassten andere.
248 Tage versus 20 Tage
Jetzt soll das Werk gemäss verschiedener Quellen offenbar vollbracht sein. 1200 Seiten umfasse es, teilte das Gericht mit. Den Anwälten der Beschuldigten bleiben dann 20 Tage Zeit, um ihre Berufungserklärung einzureichen, in der sie darlegen müssen, warum das Urteil nicht korrekt ist. Eine reichlich absurde Sache: 1200 Seiten durch 20 Tage, das bedeutet, dass die Anwälte pro Tag nicht nur 60 Seiten lesen, sondern diese auch gleichentags noch in ihrer eigenen Rechtsschrift kontern müssen, wollen sie denn innerhalb der Frist fertig werden. Das Gericht hingegen hatte sich 248 Tage für die Formulierung des Urteils gegönnt.
Gleich lange Spiesse? Mitnichten. Einmal mehr zeigt sich, welchen Pfusch das Parlament mit der eidgenössischen Strafprozessordnung abgeliefert hat, welche diese gesetzliche (und damit nicht erstreckbare) Frist festschreibt.