Trump kommt vor Manhattaner Strafgericht

Ex-Präsident und Präsidentschaftskandidat für 2024, Donald J. Trump, wird in Manhattan angeklagt. Das wurde in der Nacht auf Freitag bekannt. Eine Grand Jury in Manhattan hat nach Sichtung von Beweismitteln und Anhörungen von Zeugen entschieden, dass Trump angeklagt werden soll. Das Verfahren stellt die USA auf eine harte politische Probe und stellt in der Geschichte den ersten Fall dar, in dem ein ehemaliger US-Präsident vor ein Strafgericht gestellt wird.

Die konkreten Anklagepunkte bleiben vorerst versiegelt, schreibt heute morgen die FINANCIAL TIMES. Klar ist, dass es sich bei dem jetzt verhandelten Sachverhalt die Zahlung von USD 130’000 an Stephanie Clifford handelt – die Pornodarstellerin, die als «Stormy Daniels» bekannt wurde und die behauptet, mit Trump eine Affäre gehabt zu haben. Die Grand Jury hörte dazu den Zeugen Michael Cohen ein, einen früheren Anwalt von Trump. Er hatte ausgesagt, von Trump angewiesen worden zu sein, 2016 die USD 130’000 an Clifford zu bezahlen – als Schweigegeld. Anwalt Cohen soll dann, so die Darstellung der NEW YORK TIMES, das Geld von der Trump Organization in mehreren Raten zurückerstattet erhalten haben, allerdings deklariert als «Anwaltskosten» im Rahmen eines Fixums, das über mehrere Monate bezahlt worden war.

Die Zahlungen könnten offenbar gegen Strafbestimmungen verstossen haben, wenn sie bewusst falsch deklariert wurden.  Dafür müsste allerdings bewiesen werden können, dass die Zahlungen tatsächlich im Auftrag und mit Wissen von Trump erfolgten, und dass die falsche Deklaration dazu diente, eine andere Straftat zu vertuschen. Diese könnte darin bestehen, dass Regeln der Wahlkampffinanzierung verletzt wurden. Alleine diese Ausgangslage zeigt aber schon: Die Anklage ist nicht ohne Risiko. Es muss eine lange Kausalkette bewiesen werden können, und der Kronzeuge der Anklage, der frühere Trump-Anwalt Michael D. Cohen, wurde selbst bereits strafrechtlich verurteilt. Unter anderem, weil er vor dem Kongress gelogen hatte. Zudem hatte er 2018 mit Trump gebrochen. Seine Glaubwürdigkeit zu zerstören, dürfte für Trumps Anwälte also keine schwierige Aufgabe sein.

Verschiedene Medien gehen aber davon aus, dass aber auch weitere Anklagepunkte vorliegen könnten. Die NEW YORK TIMES berichtet mit Verweis auf zwei Quellen, die mit der Sache vertraut seien, von «mehr als zwei Dutzend Anklagepunkten». Im Falle einer Verurteilung geht das Strafmass bis zu maximal vier Jahren, aber auch eine bedingte Strafe ist denkbar. Trump wäre sogar bei einer Verurteilung juristisch noch immer frei, 2024 für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Trump sieht sich als Opfer einer politischen Jagd

Trumps Anwälte beeilten sich zu betonen, Trump sei erst angeklagt und keine Schuld festgestellt. Er habe keine Straftat begangen und sie würden diesen rein politischen Prozess mit allem Nachdruck bekämpfen. Tatsächlich sprechen auch Strafrechtsspezialisten davon, dass die Anklage möglicherweise auf wackligen Beinen stehen könnte. Vorangetrieben wurde der Fall von der Staatsanwaltschaft des Distriks Manhattan, die von Alvin Bragg geführt wird. Er wurde von der Bevölkerung in das Amt gewählt und ist ein Vertreter der Demokraten – was das Verfahren in den Augen vieler Republikaner zu einem politischen Prozess macht.

Erstaunen mag am Tag der Ankündigung vielleicht am ehesten, wieviele republikanische Aushängeschilder sich vor Trump stellen und entsprechende Statements abgeben. Dazu zählt beispielsweise auch der Gouverneur von Florida, Ron deSantis, der in der parteiinternen Ausmarchung um die Präsidentschaftskandidatur gegen Trump antreten dürfe.  Aber auch er liess bereits mitteilen, er würde Trump nicht ausliefern, sollte von New York ein entsprechendes Rechtshilfebegehren gestellt werden. Und Staatsanwalt Bragg war er vor, das Recht zu beugen, um einen politischen Gegner loszuwerden.

Herausforderung für die US-Justiz

Das zeigt, dass das Verfahren zu einer Zerreissprobe auch für das US-Justizsystem werden dürfte. Wenn Haftbefehle aus politischer Rücksichtnahme nicht vollstreckt werden, zersetzt das den ohnehin in den USA schon längst angeschlagenen Ruf des Justizsystems weiter. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage einer Universität zeigte, dass 57 Prozent der Befragten in den USA finden, Trump sollte vom Präsidentschaftswahlkampf ausgeschlossen werden, wenn er angeklagt wird, 55 Prozent empfanden die Vorwürfe gegen Trump in dem Verfahren als «ernste Anschuldigungen».

Aktuell stellt sich die Frage, ob Trump verhaftet werden wird oder nicht. Trump selbst hatte bereits letzte Woche zu Protesten aufgerufen, weil er überzeugt war, dass er am Dienstag letzter Woche verhaftet würde. Falls er behandelt würde «wie jeder andere», müsste auch Trump erkennungsdienstlich behandelt werden, d.h. es müssten seine Fingerabdrücke abgenommen und der legendäre amerikanische «Mugshot» – das Bild des Beschuldigten mit Grössenmessung – produziert werden. Ob es dazu kommt? Die NEW YORK TIMES berichtet, es sei mit Trumps Anwälten vereinbart worden, dass er für diese Prozedur am nächsten Dienstag in New York erscheinen soll – begleitet von Agenten des Secret Service. Bei der Gelegenheit würden Trump dann auch die 24 Anklagepunkte eröffnet.

Der Mehrheitsführer der Demokraten, Chuck Schumer, rief Trump und die Republikaner auf, den Strafprozess friedlich über die Bühne gehen zu lassen. Trump sei den amerikanischen Gesetzen genau so unterworfen wie jede andere Person und werde die Möglichkeit haben, sich in einem fairen Justizverfahren zu verteidigen. Es werde eine Jury und nicht die Politik sein, welche aufgrund von Fakten und des Rechts entscheiden werde.

Weitere mögliche Fälle gegen Trump

Nebst dem aktuellen Fall in Manhattan könnte Trump aber auch noch bei anderen Sachverhalten juristisches Ungemach drohen. Strafrechtlich wird in Georgia untersucht, ob Trump versucht hatte, 2020 die Präsidentschaftswahlen zu manipulieren, ein ausserordentlicher Staatsanwalt des (allerdings ebenfalls demokratischen geführten) Justizministeriums untersucht seine Rolle bei der Erstürmung des Capitols 2021. Und ebenfalls noch offen ist, was aus dem Sachverhalt erwächst, dass in Trumps Privaträumen im grösseren Stil Geheimdokumente aus seiner Präsidentschaftszeit gefunden wurden, die dort nicht hätten gelagert werden dürfen.

Ob die Anklage in Manhattan diesbezüglich eine Schleuse öffnet und die anderen Verfahren auch zu Anklagen führen – oder ob genau das Gegenteil geschieht, wird sich wohl bald zeigen.

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