Auch nach zehn Jahren seit Betriebsaufnahme funktionieren bei der KESB Meilen alltägliche Geschäftsabläufe nicht. Zum Nachteil der Betroffenen. Das Beispiel eines Familienvaters spricht Bände: Obwohl der Mann anwaltlich vertreten ist, schickt die KESB Meilen während einer Auslandsabwesenheit Post an seine Wohnadresse. Mehrfache Schreiben seines Anwalts werden von der KESB ignoriert, stattdessen erhält er einen Zahlungsbefehl.
Aber von Beginn weg: Marco D. ist der uneheliche Vater eines unterdessen acht Jahre alten Jungen, zu dem er seit über drei Jahren keinen Kontakt mehr hat. Die KESB Meilen hatte es nicht geschafft, in dem Elternkonflikt eine Lösung zu vermitteln oder Regeln zu setzen, die es dem Buben ermöglichen würden, mit beiden Eltern gross zu werden. Das Theater ging so lange, bis der Vater klein beigab. «Ich konnte nicht mehr weiterkämpfen und musste irgendwann mich selbst schützen, psychisch wie auch finanziell.»
2. Zahlungsmahnung vor der Rechnung
Das vorläufig letzte Kapitel mit der KESB Meilen, die der Kindsvater von Anbeginn als zutiefst parteiisch empfunden hatte, begann im Dezember 2022. Unvermittelt erhielt Marco D. eine «2. Zahlungsmahnung» für eine angeblich ausstehende Rechnung der KESB Meilen. Betrag: CHF 5‘090.60. Eine Rechnung hatte er von der KESB indes nie erhalten, beteuert er.
Das Aktenverzeichnis der KESB Meilen zu dem Fall, das INSIDE JUSTIZ vorliegt, bestätigt seine Aussage. In dem Verzeichnis, in dem eigentlich jeder Kontakt der Behörde mit allen involvierten Parteien, seien es Telefonate, E-Mails oder Schriftsätze verzeichnet sein müsste, führt keine Rechnung an den Kindsvater an. Und auch keine «1. Zahlungsmahnung», die nach gesundem Menschenverstand einer «2. Zahlungsmahnung» hätte vorausgehen müssen.
Mit eingeschriebenem Brief bittet Marco D. die Behörde am 9. Januar 2023 darum, die ursprüngliche Rechnung, in detaillierter und vollständiger Form, zuzustellen. Bei einem Betrag von über CHF 5´000 wollte er doch gerne wissen, wie genau die verschiedenen Rechnungspositionen zustande gekommen waren. Zum Beispiel die 1´110.– Franken für die «Vorbereitung eines Erziehungsgutachtens», an dem er nie teilgenommen hatte.
Die angeforderte Rechnung erhielt Marco D. bis heute nicht. Eine Woche später schickt ihm die KESB Meilen lediglich ein weiteres Mal die identische “2. Zahlungsmahnung”, die er bereits erhalten hatte. Das war am 13. Februar 2023. Im März 2023 engagiert Marco D. einen Anwalt, um seine rechtliche Situation prüfen zu lassen.
Stillschweigen
Bezüglich der Rechnung hören Marco D. und auch sein Anwalt über Monate nichts mehr.
Ende Oktober 2023 findet der Geschäftsmann schliesslich eine Abholungseinladung der Post vor, als er nach einem geschäftlichen Auslandaufenthalt nach Hause zurückkehrt. Nur: Das Abholdatum war abgelaufen. Immerhin konnte er eruieren, dass die KESB Meilen der Absender des Einschreibens war.
Marco D. wundert sich erneut, denn gemäss langjähriger herrschender Praxis wird Korrespondenz zwischen Behörden und Parteien, die anwaltlich vertreten sind, ausschliesslich über die Anwälte abgewickelt. Gerichte reagieren sogar regelmässig äusserst pikiert, wenn in einem Rechtsstreit etwa eine anwaltlich vertretene Partei Unterlagen nicht über den Anwalt, sondern direkt ans Gericht sendet.
Am 2. November 2023 schreibt der Anwalt von Marco D. der KESB Meilen, sein Mandant sei aufgrund einer Auslandsabwesenheit nicht in der Lage gewesen, das Schreiben entgegenzunehmen, die Behörde möge das Schreiben – wie es sich gehört – seiner Kanzlei zustellen.
Es erfolgt keine Reaktion.
Am 21. November 2023 schreibt der Anwalt die Behörde erneut an. Mit demselben Ergebnis: Er erhält weder das Schreiben noch irgendeine Reaktion der KESB Meilen. Eine solche erfolgt erst anfangs Februar, als Marco D. unvermittelt einen Zahlungsbefehl der KESB Meilen erhält über die CHF 5ˋ060.90.
Versteckspiel
INSIDE-JUSTIZ hat die Verantwortlichen der KESB Meilen mit den neuen Vorwürfen im Fall Marco D. konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Der fallführende KESB-Präsident Kurt Giezendanner nimmt allerdsings nicht selbst Stellung. Er lässt von der «Kanzlei» eine Antwort ohne namentlichen Absender zustellen.
Zu den nicht zugestellten Rechnung behauptet die «Kanzlei» der KESB Meilen, dem Vater sei sehr wohl eine ordentliche Rechnung zugeschickt worden. Nur eben: Im Aktenverzeichnis der Behörde taucht weder die Rechnung noch eine erste Mahnung auf. Das lässt nur zwei Schlussfolgerungen zu: Entweder lügt die KESB – oder sie führt ihre Aktenverzeichnisse schludrig.
Zur Aufschlüsselung der Kosten schreibt die KESB, die einzelnen Rechnungspositionen seien im Entscheid der KESB Meilen, in dem die Sorgerechtsbelange neu geregelt worden waren, aufgeschlüsselt gewesen. Auch das stimmt indes nur zur Hälfte: Zur Frage beispielsweise, wie ein nie in Angriff genommenes Erziehungsgutachten zu Kosten von über CHF 1’000 geführt haben soll, steht in dem Entscheid nichts.
Und damit genau so wenig wie in der KESB-Antwort auf die Frage von INSIDE-JUSTIZ, warum zwei Schreiben des Anwalts von Marco D. schlicht ignoriert worden waren. Dazu schweigt sich die KESB Meilen aus. Wie üblich, wenn sie Mist gebaut hat.
Ich kenne Herrn Giezendanner nicht, ich kenne auch die Hintergründe zu diesem Bericht nicht.
Aber diese Geschichte wirkt auf mich eher wie eine persönliche Abrechnung und eine Diffamierung von Herr Giezendanner, von wo her das auch immer kommt. Es wirkt auf mich wie ein auf Emotionen aufgeladener „Bericht“ aus dem Blick.
Ich bedaure es zutiefst, dass viele Menschen eine öffentliche Darlegung ihrer Situation suchen, sich öffentlich als Opfer präsentiert sehen wollen und dafür einen medialen Weg wählen, auch mediale Aufmerksamkeit erhalten, anstatt alle zur Verfügung stehenden Instanzen anzurufen und somit ihrem Thema Gehör zu verschaffen.
Die KESB steht immer wieder unter Beschuss, da sie mit Aufgaben betraut ist, um welche sich sonst niemand kümmern will, weil sie häufig zu konfliktbeladen und hässlich sind. Wenn jemand dann klagt, weil es nicht so läuft wie er/sie sich das vorstellt, schon hat man in der KESB den Prügelknaben gefunden.
Wie wäre es, wenn auch mal über das berichtet würde, was die KESB alles gut macht und weniger auf mögliche einzelne Fehlverhalten oder Fehlleistungen fokussiert würde.
Ach Herr Tobler!
Als direkt von der KESB Betroffener kann ich Ihnen sagen, dass die Realität leider nicht so ist, wie Sie das darstellen. Ich erwarte von einer KESB, dass sie Recht durchsetzt und sich korrekt verhält. Schliesslich wurde uns versprochen, dass dort ausschliesslich «Profis» arbeiten würden. Nur: Das hat sie leider auch in meinem Fall überhaupt nicht gemacht. Und aus meinen Kontakten mit Gleichgesinnten kann ich Ihnen versichern: Versagen der KESB liegen leider an der Tagesordnung. Vermutlich hatten Sie einfach noch nie mit einer solchen Behörde zu tun – oder Sie arbeiten selbst bei einer. Sonst würden sie nicht so schreiben.
Ich bin froh, dass es Medien gibt, den den Finger auf den wunden Punkt legen und der KESB nicht einfach eine Fläche für Behördenpropaganda bieten, wie die Sonntagszeitung das zuletzt tut.