Urteil gefallen: Hohe Haftstrafen für Vincenz und Stocker

Die Hauptbeschuldigten im „Raiffeissen-Prozess“, Ex-CEO Pierin Vincenz und sein ehemaliger Berater und Geschäftspartner Beat Stocker erhalten vor dem Bezirksgericht Zürich hohe Haftstrafen. Vincenz wird zu drei Jahren und 9 Monaten Gefängnis verurteilt, zudem zu einer bedingten Geldstrafe von 280 Tagessätzen à 3000 Franken. Vincenz sei des Betrugs, der Veruntreuung, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Ukrundenfälschung schuldig, urteilte das Gericht.

Noch höher fällt das Strafmass für Beat Stocker aus. Er wird zu 4 Jahren und 6 Monaten Gefängnis verurteilt zuswie zu einer bedingten Geldstrafe von 160 Tagessätzen à 3000 Franken. Er wird des Betrugs, versuchten Betrugs, der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie der passiven Privatbestechung schuldig gesprochen. Ebenfalls verurteilt werden die Mitbeschuldigten Andreas Etter, Ferndinand Locher und Stéphane Barbier-Mueller, sie erhalten allerdings bedingte Geldstrafen. Dazu müssen die Verurteilten allerdings die Gerichtskosten bezahlen, die auf rund 200’000 Franken zu stehen kommen sollen. Freigesprochen wird lediglich Christoph Richterich, der mitbeschuldigte ehemalige Kommunikationsberater von Vincenz.

Lorenz Erni, der Verteidiger von Pierin Vincenz, kündigte unmittelbar nach der mit Spannung erwarteten Urteilsverkündung an, er werde in Berufung gehen.

Fast alle strittigen Punkte zuungunsten der Beschuldigten ausgelegt

Der Zürcher Bezirksrichter Sebastian Aeppli begründete in der Urteilseröffnung die Schuldsprüche. Für ihn seien insbesondere die Spesenexzesse klar: Die Besuche von Stripclubs und Carbarets seien nicht geschäftlich zu begründen, die „Beziehungspflege“ nicht im Interesse von Raiffeisen gewesen. Auch einzelne Reisen von Vincenz seien privater Ntuar und keine Geschäftsreisen gewesen. Deshalb sei Vincenz der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig zu sprechen. Im Fall Commtrain, bei dem der ehemalige Raiffeisen-CEO Vincenz und sein Berater Stocker beide an der Firma privat beteiligt gewesen seien, die sie ihren Arbeitgebern jeweils – ohne die Beteiligungen offenzulegen – verkauft hätten, sah es Aeppli als erwiesen an, dass die Verschleierung der Beteiligungen als Arglist zu taxieren sie und damit alle Tatbestandsmerkmale für Betrug erfüllt seien. Analog argumentiert Aeppli beim Fall Investnet, wo strittig war, ob eine Überweisung von Stocker an Vincenz von CHF 2.9 Mio. eine „Beuteteilung“ darstellten oder, wie die Beschuldigten behauptet hatten, ein Darlehen. Für das Gericht sei klar, so Aeppli, dass es sich nicht um ein Darlehen gehandelt hatte. In dem Fall liege zudem eine Privatbestechung von Peter Wüst und Andreas Etter vor.

Im Fall der Firma GCL hätten sich Beat Stocker und Stéphane Barbier-Mueller abgesprochen, Vincenz habe später auf die Vertragsverhandlungen Einfluss geonmmen, was den Tatbestand der Privatbestechung erfülle.

Strafmilderung für Vorverurteilung in den Medien

Aeppli rechnete an der Urteilseröffnung vor, dass Vincenz für den Fall Investnet 30 Monate kassiert, 12 Monate für den Fall GCL sowie je 6 Monate für Commtrain und Eurokaution. Von den viereinhalb Jahren würden wegen der medialen Vorverurteilungen 9 Monate abgezogen. Dass die Strafen für Stocker noch höher ausfielen, begründete Aeppli damit, dass er von den illegalen Deals finanziell noch mehr profitiert hätte.

Gemäss Aeppli habe das schriftliche Urteil bereits einen Umfang von 500 Seiten – die endgültige Fassung soll bis zum Sommer 2022 vorliegen. Die Parteien haben anschliessend 20 Tage Zeit, ihre Berufungsschriften einzureichen.

 

 

 

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