Ein Polizist drückt über acht Minuten lang sein Knie auf den Hals eines schwarzen Mannes, dem als Verdächtiger die Hände bereits gefesselt sind. Drei weitere Polizisten schauen dem Treiben zu. Keiner der involvierten Officers reagiert, als der Verdächtige sich beschwert, er könne nicht atmen. Auch verschiedene Passant/innen, welche die Situation beobachten und teilweise filmen, versuchen die Polizisten zur Vernunft zu bringen – ohne Ergebnis. Am Ende wird der Mann ohnmächtig. Im Spital wird er für tot erklärt.
Das Video einer Augenzeugin zeigt, wie der Polizist Derek Chauvin mehr als acht Minuten lang mit seinem Knie auf den Hals drückt. 15 Mal macht der schwarze Mann darauf aufmerksam, er könne nicht atmen. – Aber der Polizist und seine drei Komplizen haben keine Gnade mit dem Mann.
Der Vorgang geschah am Abend des 25. Mai 2020 im Stadtteil Powderhorn in Minneapolis. Floyd hatte dort in einem Lebensmittelgeschäft einkaufen wollen und war verdächtigt worden, mit gefälschten Zahlungsmitteln bezahlt zu haben. Die Polizei nahm ihn fest und behauptete, er wirkte, als ob er unter Drogeneinfluss gestanden hätte. Zudem habe er sich der Verhaftung widersetzt. Das Video einer Überwachungskamera eines nahen Restaurants scheint dieser Darstellung allerdings zu widersprechen. Unbestritten ist, dass Floyd nicht bewaffnet war.

Entlassen, aber nicht verhaftet
Mindestens so erschreckend wie die Tat selbst ist die Tatsache, dass die Verantwortlichen zunächst keine Strafuntersuchung gegen die fehlbaren Polizisten einleiten wollten. Einen Tag nach dem Vorfall teilte der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, lediglich mit, die vier Polizisten seien entlassen worden. Frey war es auch, der einen Tag später Druck auf die Bezirksstaatsanwaltschaft machte und fragte, warum die Polizisten und insbesondere der Hauptverantwortliche noch immer auf freiem Fuss waren. Erst am 29. Mai, also vier Tage nach dem Vorfall, meldete Bezirksstaatsanwalt Mike Freeman dann, Chauvin sei verhaftet worden. Zunächst sollte er wegen Third Degree Murder angeklagt werden, was in etwa dem Tatbestand der „fahrlässigen Tötung“ nach Schweizer Strafrecht entspricht.
Am 4. Juni wurde bekannt, dass die Anklage auf 2nd degree murder hochgestuft wurde (in etwa dem „vorsätzlichen Tötung“ nach Schweizerischem Recht). Gleichzeitig wurde bekannt, dass mittlerweilen auch die anderen drei Polizisten wegen Gehilfenschaft verhaftet worden waren. Offenbar brauchte es den tagelangen öffentlichen Druck, bis die Untersuchungsbehörden sich zu diesem Schritt durchringen konnten. – Dabei zeigen Videos, dass die drei weiteren Polizisten unmittelbar neben Chauvin standen und mitbekommen haben mussten, dass Floyd keine Luft mehr bekam. Nur einer der Polizisten schlug vor, die Lage von Floyd zu ändern, wurde aber von Chauvin abgewiesen.
Und: Wie sich schnell herausstellte, waren gegen Chauvin schon früher Beschwerden eingegangen – Folgen hatten sie nie gezeitigt.
Gewalttätige Proteste
Die Vorgänge in Minneapolis führten in der Folge in mehr als 30 amerikanischen Städten zu einer eigentlichen Protestbewegung, die unter den Mottos „Black lives matter“ oder „I can’t breathe“ geführt wurden. Die Proteste gegen Diskriminierung und Polizeigewalt gegen Schwarze wurden von prominenten Amerikanern unterstützt. An verschiedenen Orten wurden die Protestaktionen gewalttätig, es kam zu Strassenschlachten, Plünderungen und Brandstiftungen. Der Gouvaneur von Minnesota, Tim Walz, erklärte für Minneapolis und Umgebung den Notstand. In zwei Dutzend Bundesstaaten war die Nationalgarde in Einsatzbereitschaft versetzt worden.
Präsident Trump verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen und forderte die Gouvaneure auf, Härte und Stärke zu demonstrieren, andernfalls würde er die Probleme mit Militäreinsätzen lösen. Die Aussagen Trumps wurden von vielen Militärs, Polizeikommandanten und Gouvaneuren massiv kritisiert. Statt zu einen, würde er einen Keil zwischen die Amerikaner treiben, kritisierten viele.