Glosse: Die Post – zeitlose Arroganz

Den Olymp hat man erreicht, wenn man sich auf die Schulter klopfen kann. So verkündete die Schweizerische Post, sie sei zum vierten Mal in Folge zur besten Post der Welt gewählt worden. Gut, das ist schon vier Jahre her, aber es zeigt, dass die Schweizer Post einen viel besseren Ruf hat als die englische Post, die seit Monaten in Skandalen versinkt, einen besseren Ruf als die italienische, die deutsche oder die französische Post. Aber wer hoch fliegt, kann auch tief fallen.

Stellen wir uns vor, die Schweizerische Post wäre eine Figur aus dem Geschichtsbuch – eine Mischung aus Ludwig XIV., bekannt für sein „L’état, c’est moi“, und einem bürokratischen Minotaurus, der in einem Labyrinth von Allgemeinen Geschäftsbedingungen haust. Diese Vorstellung ist gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, wie sich staatliche Institutionen oft am Rande der Legalität bewegen, sich hinter ihrer Grösse verstecken und den kleinen Bürger mit einem Wust von unleserlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen überfordern.

Unsere kleine, aber feine Redaktion wird immer wieder mit interessanten Fällen konfrontiert, die uns zeigen, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger vor den Institutionen kapitulieren. Redaktionen wie «Inside-justiz» sind dann oft die letzte Hoffnung. Leider sind auch wir nicht immer in der Lage, die komplexen und emotional aufgeladenen Fälle zu entwirren und zu lösen.

Im vorliegenden Fall stellt die Schweizerische Post ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen sogar über das geltende Recht. In unserem Fall geht es um Art. 117 Abs. 5 der Handelsregisterverordnung (HRegV). Er regelt die Anforderungen an die Angabe von Sitz und Rechtsdomizil einer juristischen Person im Handelsregister, wenn die Gesellschaft nebst der offiziellen Domiziladresse noch eine weitere Adresse verwendet. Dazu gehört insbesondere das Postfach, welches gerade bei Unternehmen sehr beliebt ist.

Soweit so gut. Doch was passiert, wenn es zu Veränderungen wie einem Konkurs und damit zu Mutationen kommt? Bei einer Treuhandgesellschaft führte diese Problematik zu einem zähen und letztlich unerfreulichen und teilweise widersprüchlichen Schlagabtausch, der nur mit viel Aufwand und Zeit gelöst werden konnte. Mit und ohne Postfach. Und das alles für eine Gesellschaft, welche schon seit beinahe zehn Jahre dasselbe Postfach einsetzt. Ein Zitat aus dem Brief zeigt den Frust des Postkunden: «Warum nur macht die Schweizerische Post die einfachsten Dinge immer so furchtbar kompliziert?» Und weiter: «Die Zustelladresse ist auch für die Post wichtig! Dafür bezahlen wir ja Gebühren» Frustriert schliesst er die Kommunikation mit dem Hinweis, dass er „bei dieser Aktenlage keinen Auftrag erteilen“ werde. Wenn die Post ihre eigenen AGB über das geltende Recht stellt (Art. 117 Abs. 5 HRegV), ist der Untergang der Schweiz nicht mehr weit.

Aber wer sind wir, die Kleinen, um uns gegen den Goliath Staat aufzulehnen? Diese Frage stellt sich dem Bürger, wenn er AGB zu entziffern versucht, die in einer Sprache verfasst zu sein scheinen, die selbst Kafka zur Verzweiflung gebracht hätte. Aber die Post ist nicht allein. Historische Beispiele staatlicher Arroganz gibt es zuhauf. Nehmen wir das Römische Reich, dessen Bürokratie so undurchdringlich wurde, dass sie den Untergang des Imperiums kaum bemerkte. Oder das mittelalterliche Feudalsystem, in dem der Adel seine Macht mit einer Selbstverständlichkeit ausübte, wie sie heute nur noch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post zu finden ist. Aber auch die Telekommunikationsbranche mit Swisscom, Salt oder Sunrise ist berüchtigt für ihre undurchschaubaren AGB. Und nicht zu vergessen die vielen Fitnesscenter, die mit ihren AGBs einen Dauerplatz in den Medien haben.

Zurück zur Gegenwart. Der Umgangston mit den Kunden? Oft arrogant, aggressiv und hochnäsig, als hätte Marie Antoinette höchstpersönlich das Kundenservice-Handbuch geschrieben: „Sie verstehen die AGB nicht? Dann lesen Sie die Datenschutzbestimmungen! So gesehen transportieren die Schweizer Post und ähnliche Institutionen nicht nur Pakete und Briefe, sondern auch eine lange Tradition staatlicher Arroganz.

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