Mehr Fragen als Antworten

In Deutschland hat in den letzten Wochen der Mehrfach-Straftäter Christian B. verschiedentlich Schlagzeilen gemacht. Zuletzt, weil er dank einer freiwilligen Spende am 17. September aus der Haft entlassen werden dürfte. DER SPIEGEL hat nun Licht ins Dunkel gebracht, wie es dazu kam.

Zur Erinnerung: Christian B. ist ein mehrfach verurteilter Sexualstraftäter, der gegenwärtig in Oldenburg inhaftiert ist für die Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin. Christian B. hatte diese 2005 in Praia da Luz in Portugal in ihrer Wohnung überfallen, gefesselt, geknebelt, ausgepeitscht und vergewaltigt. Über Deutschland hinaus bekannt ist Christian B. aber vor allem, weil er als tatverdächtig gilt im «Fall Maddie».

Die kleine Madeleine McCann wurde 2007 im Alter von drei Jahren aus dem Hotelzimmer eines Ferienresorts in Praia da Luz entführt, während ihre Eltern mit anderen Erwachsenen beim Nachtessen weilten. Seither wurde Maddie nie mehr gesehen – weder tot noch lebendig. Die portugiesischen Behörden gönnten sich verschiedene Ermittlungspannen, ein leitender Ermittler versteifte sich darauf, dass es die Eltern selbst gewesen seien, die für das Verschwinden des Mädchens verantwortlich seien. Er musste in der Folge zurücktreten, der Staat Portugal entschuldigte sich bei den Eltern, der geschasste Polizeichef hält aber weiterhin an seiner These fest und schrieb auch ein Buch darüber.

Christian B. lebte damals in der Nähe des Tatortes und gilt als tatverdächtig, allerdings konnte ihm nie etwas nachgewiesen werden. Und er selbst bestreitet, etwas mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun zu haben.

Haftentlassung steht bevor

Am 17. September 2025 droht der von deutschen Medien immer noch als gefährlich bezeichnete Mann nun aus dem Strafvollzug entlassen zu werden, weil er seine Strafe verbüsst hat. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die in der Maddie-Sache nach wie vor ermittelt, such dringend nach Hinweisen, die Christian B. direkt belasten und damit zumindest einmal eine Untersuchungshaft begründen könnten. Zuletzt hatte sie Anfangs Juni 2025 noch einmal eine Suchaktion in Portugal durchgeführt. Über verwertbare Resultate wurde bislang nichts bekannt.

Etwas mehr Zeit versprachen sich die Untersuchungsbehörden von einer offenen Geldstrafe, die Christan B. nicht bezahlen konnte. Die Geldstrafe wurde in einem früheren Verfahren gegen Christian B. ausgefällt, in dem es um Urkundenfälschung und Körperverletzung gegangen war. Für die EUR 1’447 drohte ihm eine Ersatzfreiheitsstrafe von 111 Tagen und damit eine weitere Inhaftierung bis zum 6. Januar 2026.

Daraus wird nun aber nichts. Wie DER SPIEGEL in seiner Ausgabe vom 21. Juni 2025 berichtet, hat eine «ehemalige BKA-Angestellte» die offene Busse bezahlt. Die ehemalige Mitarbeiterin des Bundeskriminalamtes habe gegenüber der Zeitschrift die Zahlung bestätigt, schreibt DER SPIEGEL in seiner Online-Ausgabe (hinter Bezahlschranke).

Gemäss der Zeitschrift soll sie allerdings von einem anderen Grund für die Geldstrafe ausgegangen sein: «Ich war davon ausgegangen, dass es um Beleidigung gegen Vollzugsmitarbeiter ging, was ich für nicht gerechtfertigt gehalten habe.» Als sie realisiert hätte, wofür die Geldstrafe tatsächlich ausgesprochen worden war, sei es bereits zu spät gewesen und sie habe ihre Überweisung nicht mehr stornieren können.

Gegenüber dem SPIEGEL gibt die Frau an, keinen persönlichen Kontakt mit Christian B. gehabt zu haben, was die Frage aufwirft, wer sie zur Begleichung der Geldstrafe motivieren und ihr die Überweisungsdaten zur Verfügung hätte zur Verfügung stellen können.

Misstöne

Wie DER SPIEGEL auf dem Internet weiter schreibt, hatte sich die Frau letztes Jahr mit brisanten Informationen beim Verteidiger von Christian B. gemeldet. Die Frau, die beim BKA im Bereich «Operativtechnik Audio» gearbeitet hatte, soll dem Verteidiger berichtet haben, dass die Zelle von Christian B. verwanzt worden sei und sie an dieser Verwanzung beteiligt gewesen sei.

«BKA-Kollegen hätten gesagt, sie hätten noch eine Rechnung mit Christian B. offen», wird sie vom SPIEGEL indirekt zitiert. Eine Aussage als Zeugin oder Auskunftsperson im letzten Gerichtsverfahren gegen Christian B. sei daran gescheitert, dass sie vom BKA nicht vom Amtsgeheimnis befreit worden war.

Der SPIEGEL-Artikel wirft damit die Frage auf, ob es diese Abhöreinrichtung in der Zelle von Christian B. tatsächlich gab und ob die Massnahme rechtsstaatlich korrekt angeordnet worden war.

Titelbild: Envato Elements (Symbolbild)

Der High-Profil Fall

Seit 18 Jahren beschäfigt der Fall Maddie die Öffentlichkeit. Trotz vieler Ermittlungsansätze von Behörden und Privaten sind die Hintergründe des Verschwinden des kleinen Mädchens ein Geheimnis geblieben.

Über den Fall existieren Tausende Zeitungsartikel und Videos, darunter eine mehrteilige Netflix-Serie (hinter Bezahlschranke).  RTL+ hat ebenfalls eine dreiteilige Staffel (ebenfalls hinter Bezahlschranke) zu dem Kriminalfall gedreht, der die Menschen auf der gesamten Welt bewegt wie kaum ein anderer Fall in den letzten 20 Jahren.

Von der deutschen BILD-ZEITUNG existiert zudem ein zweiteiliger Podcast, der auf Youtube frei verfügbar ist.

Die BBC bietet zudem im Internet eine Zeitleiste an, auf der die wichtigsten Ereignisse rund um den Fall chronologisch aufgelistet werden (in englischer Sprache). 

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