Die Rufmörder von der Unia

Die Unia fährt grobe Geschütze aus: In zwei Artikeln ihrer WORK-ZEITUNG beschuldigte sie im Juli einen Bünder Gastro-Unternehmer massiv. Belege für ihre Vorwürfe legt sie nicht vor, behauptet lediglich, sie hätte «massenhaft» Beweise. Die Bündner Medienhäuser von Südostschweiz bis zu SRF steigen auf die Geschichte ein, ohne auch nur einen der Vorwürfe nachrecherchiert zu haben.

Das Sündenregister der Plan-B Kitchen AG des Bündner Gastro-Unternehmers Roberto Giovanoli wirkt gewaltig. Zumindest, wenn man dem UNIA-eigenen Online-Portal WORK-ZEITUNG glauben soll. Gemäss dessen ersten Artikel soll Giovanoli seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sinngemäss knechten wie ein Sklaventreiber. Die Rede ist von «manipulierten Stundenkalkulationen» (sic!), von «ständiger Audio- und Videoüberwachung», von verspäteten Lohnzahlungen, ausstehenden Lohnzahlungen von über CHF 6’000 und so weiter.

Aber zurück auf Anfang. Am 16. Juli, einem Mittwochmorgen, trifft sich eine Delegation der Unia  mit dem Geschäftsführer der Plan-B Kitchen AG, Roberto Giovanoli, und dessen Betriebsleiter des Restaurant Nayan, eines Spezialitätenrestaurants in St. Moritz. Das Gespräch beginnt um zehn Uhr und dauert rund eine Dreiviertelstunde. INSIDE JUSTIZ hatte Einblick in das von der Plan-B Kitchen AG zur Verfügung gestellte Protokoll.

Von Seiten der Unia nehmen als Verhandlungsführerin Danijela Dragicevic teil, dazu Gewerkschaftssekretär Jean Pierre Jametti, der Unia-«Rechtsberater» Tobias Hollinger sowie die ehemalige Plan B-Kitchen AG-Mitarbeiterin Naemi N.  Gewerkschaftsführerin Dragicevic wird später erklären, die Rolle von Naemi N. sei es, die Mitarbeitenden zu vertreten und ihnen dann zu erzählen, wie das Gespräch verlaufen sei.

Nur: Naemi N spricht lediglich Spanisch, versteht kein Wort Deutsch und erst recht kein Schweizerdeutsch. Sie kann dem Gespräch damit zu keinem Zeitpunkt folgen. Da und dort übersetzt ihr Gewerkschaftssekretär Jametti ein paar Sätze, wird aus dem Protokoll klar.

Verspätete Lohnzahlungen?

Als ersten Punkt sprechen die Gewerkschafter verspätete Lohnzahlungen an. Die Löhne müssten bis Ende des Monats ausbezahlt werden, behaupten sie. Tatsächlich hatte die Plan-B Kitchen AG die Juni-Löhne erst am 7. Juli ausbezahlt, wie Giovanoli gegenüber INSIDE JUSTIZ einräumt.

Nur: Anders als von der Unia behauptet, kann gemäss Art. 14 des L-GAVs in den Arbeitsverträgen schriftlich vereinbart werden, dass die Löhne erst am 6. des Folgemonats ausbezahlt werden – in der Branche eine gängige Praxis, weil gerade die Tage Ende Monat in der Regel gute Umsätze bringen und die Liquidität sicherstellen. Giovanoli weist die Unia darauf hin, dass alle seine Arbeitsverträge diesen Passus beinhalten würden. Gewerkschafterin Dragicevic muss einräumen, dass man dann wohl die Verträge zu wenig genau gelesen hätte.

Giovanoli macht die Gewerkschafter dann darauf aufmerksam, dass sämtliche Mitarbeiter am 5. Juli per E-Mail über die Verzögerung um den einen Tag informiert worden seien und die Möglichkeit erhalten hatten, sich den Lohn am 6. Juli in bar ausbezahlen zu lassen, falls nötig. Wovon aber niemand Gebrauch gemacht habe.

Fazit: Die Kritik erweist sich als gegenstandslos. Gleichwohl kolportiert die Unia «verspätete Lohnzahlungen», wie in der SÜDOSTSCHWEIZ vom 16. Juli 2025 (hinter Bezahlschranke) zu lesen ist – nebst vielen anderen Vorwürfen, von denen bis heute kein einziger bewiesen ist, obwohl gemäss dem Bündner Unia-Sekretär Jean Pierre Jametti, so sein Zitat in der SÜDOSTSCHWEIZ, die Mitarbeitenden «massenhaft Beweise» vorgelegt hätten.

Fehlende Ruhetage und manipulierte Stundenabrechnungen?

Aber wieder zurück an die ominöse Sitzung mit dem Gasto-Unternehmer. Weiter geht es mit dem Vorwurf, ein Mitarbeiter – ein Betriebsleiter in Chur – habe in einem Monat einen halben Ruhetag zu wenig einziehen können. Giovanoli macht darauf aufmerksam, dass es gerade eine der Aufgaben des Betriebsleiters sei, die Arbeitszeiten des Teams GAV-konform zu planen – auch seine eigene. Zudem würden fehlende Ruhetage im Zeiterfassungssystem eingetragen und könnten später kompensiert werden – entsprechend den Regeln des L-GAVs. Fazit: Auch dieser Vorwurf löst sich in Luft auf.

Schliesslich: Es gebe Abweichungen zwischen der Arbeitszeiterfassung und den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Und das «eigentlich bei allen Mitarbeitern», behauptet Unia-Rechtsvertreter Hollinger auf Nachfrage von Giovanoli, über welchen konkreten Fall man denn nun spreche. Aber auch in der Folge wird kein konkretes Beispiel diskutiert. Die Gewerkschafter behaupten, es lägen ihnen Gästequittungen mit Zeitstempeln vor, lange nachdem ein Mitarbeiter ausgestempelt worden sei.

Auf Nachfrage von INSIDE JUSTIZ erklärt Giovanoli, dass es klare Anweisungen gebe: «Wenn ein Lokal um 22:00 Uhr schliesst, informieren die Mitarbeiter um 21:30 die verbleibenden Gäste, dass wir in einer halben Stunde schliessen. Um 22:00 Uhr wird dann zugesperrt, verbleibende Gäste bittet man, das Lokal zu verlassen. Anschliessend haben die Mitarbeiter noch z.B. bis 22:30 Uhr Zeit, um aufzuräumen, abzurechnen und zu schliessen.» Was nicht angehe sei, dass sich Mitarbeiter selbst unabgesprochen unnötige Überstunden einräumten, in dem sie einfach von sich aus noch länger blieben. «Wir reden regelmässig mit den Teams, wieviel Zeit sie benötigen fürs Aufräumen, und wenn sie sagen, dass 30 Minuten nicht reichten, dann passen wir die Zeiten auch an. Häufig ist aber der Punkt halt der, dass am Ende des Arbeitstages erst noch eine Zigarette geraucht, ein wenig diskutiert und es dann später wird.» Dafür könnten aber natürlich keine Überstunden geltend gemacht werden.

Zudem erklärt Giovanoli, dass viele vergessen würden, sich konsequent in der Zeiterfassungs-App auszutragen – zum Beispiel am Ende der Mittagsschicht und vor der Zimmerstunde. Auf Insistieren von INSIDE JUSTIZ zeigt er in der Zeiterfassungssoftware «Favur» aktuelle Beispiele. Tatsächlich leuchten bei mehreren Mitarbeitern verschiedene vergessene Einträge rot auf. «Es ist in solchen Fällen an den Betriebsleitern, die Mitarbeiter anzuhalten, die Zeiten einzutragen. Oder sie dann selbst nachzutragen.»

Kein Systemzugang?

Es geht weiter. Die Unia wirft Giovanoli vor, eine Mitarbeiterin habe nach der Kündigung keinen Zugriff mehr auf ihre Unterlagen gehabt. Auf Nachfrage, von welcher Mitarbeiterin die Rede sei, kann der Unia-Rechtsvertreter wieder keinen Namen nennen. Gewerkschaftssekretär Jametti meint, die Klage betreffe mehrere Mitarbeiter. Giovanoli erläutert noch einmal, dass der Betrieb mit der branchenüblichen Software «Favur» arbeiten würde und niemand ausgesperrt werde. – Dass aber die Mitarbeiter bei einem Handy oder Telefonnummer-Wechsel tatsächlich einen neuen Code benötigen würden, um weiterhin Zugriff zu haben – eine Datenschutzmassnahme.

Das Gespräch geht Vorwurf für Vorwurf weiter. Die Unterbringungen seien nicht ok, moniert die Unia. Teilweise würden die Mitarbeiter in Kajütenbetten wohnen, und es gebe Räume, in denen die Betten nur durch Paravents voneinander getrennt seien.

Giovanoli kontert, alle Mitarbeiter seien frei, eine Unterkunft ihrer Wahl auszusuchen. Er selbst biete Unterkünfte unterschiedlichster Komfortniveaus an. Es werde niemand zu nichts gezwungen – jeder Mitarbeiter könne sich auch anderswo ein Zimmer oder eine Wohnung mieten.  Gerade jüngere Mitarbeiter aus dem Ausland würden aber oft möglichst günstig über die Runden kommen wollen, um möglichst viel Geld anzusparen.

Bei einem Mitarbeiter wurden in der Lohnabrechnung CHF 800 für die Unterkunft abgezogen, im Vertrag sei aber nur von CHF 500 die Rede, moniert die Unia. Giovanoli klärt auf, dass die betroffene Person ein komfortableres (Einzel-)Zimmer gewünscht habe als die Unterkunft, die er ursprünglich ausgesucht hatte und dass deshalb ein höherer Betrag abgezogen worden sei. Obwohl Giovanoli also auch diesen Vorwurf aufklären kann, wird die Geschichte am nächsten Morgen in der Unia-eigenen WORK-ZEITUNG als Missstand und Beispiel eines «willkürlichen Lohnabzugs» gefeiert.

Am Ende der Besprechung bleibt primär ein Punkt übrig: Die Video-Überwachung. Anders als die Gewerkschafter behaupten, ist die zwar für jede Person sichtbar und auch in allen Lokalen ausgeschildert. «Wir überwachen damit diejenigen Bereiche, in denen es in der Vergangenheit zu Diebstählen kam: Etwa den Kassenbereich hinter der Theke, oder das Lager. Es gibt natürlich keine Totalüberwachung, in jedem Lokal können sich die Mitarbeiter in vielen Bereichen aufhalten, wo sie von keiner Kamera erfasst werden», sagt Giovanoli.

Nur:  In zwei Fällen wurden aus der Videoüberwachung Screenshots gezogen, die tatsächlich fragwürdig erscheinen: Einer zeigt, wie ein Mitarbeiter statt zu arbeiten mit seiner Freundin an einem Tisch sitzt und sich unterhält. In einem anderen Fall hatte Giovanoli eine Mitarbeiterin aufgefordert, einen Gast, der am Tresen sass, zu bedienen. Dragicevic bezeichnet die Fälle als «grenzwertig».

Rechtsweg

Dragicevic verlangt von Giovanoli schliesslich, bis zum 1. September alle Abrechnungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überprüfen – über welchen Zeitraum, wird nicht klar. Giovanoli bietet an, jeden einzelnen Fall durchzugehen, bei dem die Gewerkschaft Fehler monierten und alle Korrekturen vorzunehmen, falls sich bei der Überprüfung tatsächlich Fehler zeigen sollten.

Aus diesem Angebot schliesst Dragicevic, es bestehe beim Arbeitgeber keine Einsicht und kündigt an, den Rechtsweg beschreiten zu wollen. Giovanoli erinnert sich, «dass überhaupt keine Bereitschaft zu erkennen war, Punkt für Punkt die reklamierten Fälle durchzugehen und zu überprüfen. Und am Ende musste plötzlich alles schnell schnell gehen.»

Spontane Demo unmittelbar nach Besprechung?

Es ist rund 10:45 Uhr, als die Gewerkschafter das Büro von Giovanoli verlassen. Schon Minuten später erhält er eine Mitteilung, dass vor seinem Lokal in St. Moritz eine Kundgebung der Gewerkschaft stattfinde. Elf Personen sollen dort demonstrieren. Giovanoli identifiziert auf den späteren Fotos in den Lokalmedien drei ehemalige Mitarbeiter von ihm – und acht Personen der Unia. Eine Journalistin wird ihm später erzählen, sie sei von der Unia bereits am Vortag nach St. Moritz «bestellt» worden, um von dort zu berichten. Dragicevic bestätigt gegenüber INSIDE JUSTIZ, dass es sich bei der Mehrzahl der Demonstranten um Gewerkschaftssekretärinnen und -Sekretäre gehandelt habe.

Das Vorgehen der Unia wirft die Frage auf, welches Ziel sie tatsächlich verfolgt. Offenbar war die Protestkundgebung bereits fix geplant, bevor sich die Unia überhaupt mit Giovanoli treffen wollte, anders ist die zeitliche Nähe kaum zu erklären.

Ging es der Gewerkschaft wirklich um die Aufklärung strittiger Punkte und eine rasche Lösung oder Korrektur allfälliger Fehler? – Oder war der Plan der Gewerkschafter von Anfang an der, in der nachrichtenarmen Sommerzeit möglichst viel Publizität für sich selbst zu generieren?

Auf Nachfrage von INSIDE JUSTIZ schreibt Danijela Dragicevic: «Angekündigt war eine Freiluftpressekonferenz. Hätte sich Herr Giovanoli an der Sitzung zuvor konstruktiv gezeigt und Lösungen zugesichert, hätte man das so kommuniziert. Da die Beschäftigten ihn kennen und nicht davon ausgegangen sind, dass er kooperieren wird, haben sie sich bereits auf einen Protest vorbereitet.»

Die Medienstelle von SRF widerspricht dieser Darstellung von Dragicevic explizit: «Wir haben am Dienstag, 15. Juli 2025 durch die Medienmitteilung der UNIA von der Protestaktion erfahren», schreibt Mediensprecher Florian Ott auf Anfrage von INSIDE JUSTIZ.

Und tatsächlich: Die Medienmitteilung vom 15. Juli, welche die Unia auf ihrem Internetauftritt interessanterweise nicht aufgeschaltet hat, aber den Bündner Medien schon am Vortag zugespielt hatte, spricht eine ganz andere Sprache: «Im Anschluss (an das Gespräch mit dem Unternehmer, d.Red.) wird die Belegschaft ihrem angestauten Ärger in einer Protestaktion Luft machen, zudem werden Unia-VertreterInnen über die Missstände, den Stand der Verhandlungen sowie die weiteren Schritte Auskunft geben.»

Mit anderen Worten: Für die Unia standen die angeblichen Missstände bereits fest, bevor sie den betroffenen Unternehmer auch nur ein erstes Mal damit konfrontiert und sich seine Sicht angehört hatte.

Aber warum verbreitet man eine Medienmitteilung mit derart massiven Vorwürfen, ohne mit der Gegenseite überhaupt gesprochen und sich dessen Argumente angehört zu haben? Und das, wenn man doch angeblich an einer «raschen Lösung des Falls interessiert» sei, wie die Gewerkschafterin an INSIDE JUSTIZ schreibt?

Quellenkritik? «Das geht Sie schlicht nichts an»

Die Bündner Medien nehmen den Skandal dankbar auf, berichten in Bild, Video, Ton und Text über die Unia-Vorwürfe. Zwar wird auch Giovanoli befragt, wie es die Regeln des Presserats bei schweren Vorwürfen verlangen. So steht am Ende Aussage gegen Aussage.

Die konkreten Vorwürfe, welche online, in den Zeitungen und im TV kolportiert werden, prüfen die Journalisten aber nicht. Giovanoli auf jeden Fall wird kein einziger konkreter Fall oder ein angebliches Beweismittel zur Stellungnahme vorgelegt. «Die Fragen waren alle summarisch, so im Sinne von: Was sagen Sie zu den Vorwürfen der Unia», erinnert er sich.

Dafür machen die Medienschaffenen auch bei Gastro Graubünden Druck, versuchen, den Präsidenten Franz Sepp Caluori zu einer Aussage gegen seinen Vorstandskollegen zu bewegen oder die – weiterhin in keinster Weise bewiesenen Vorwürfe –  zu einem Branchenproblem hochzustilisieren – etwa in der SÜDOSTSCHWEIZ:  «Gastro-Protest in St. Moritz – Wie verbreitet sind Missstände in der Branche?» (hinter Bezahlschranke). Das Regionaljournal Graubünden behauptet gar, die Mitarbeitenden hätten sich auch schon bei Gastro Graubünden beschwert gehabt – dem widerspricht Caluori genau so von sich weist wie der These, die Branche als ganzes hätte ein Problem im Umgang mit dem Personal.

Auf Nachfrage von INSIDE JUSTIZ, in die angeblich massenhaften Beweise Einsicht nehmen zu können, schreibt Dragicevic: «Liefern wir aus Gründen des Datenschutzes nicht. Aber glauben Sie mir, wir würden keinen solchen Aufwand betreiben, wenn wir nicht genügend Beweise dafür hätten.»

INSIDE JUSTIZ hat bei verschiedenen Medienschaffenden nachgefragt, ob die Vorwürfe der Unia telquel und ungeprüft übernommen oder nachrecherchiert wurden. Für die SÜDOSTSCHWEIZ antwortet Joachim Braun, Leiter der Chefredaktion. Braun reagiert pikiert, wenn andere Medienschaffende Fragen zur eigenen journalistischen Leistung haben: «Wir finden es sehr ungewöhnlich, dass Sie nach Details zu unseren Recherchen verlangen. Wir werden darauf nicht antworten, weil es Sie schlicht nichts angeht und wir Quellenschutz sehr ernst nehmen.»

Die Medienstelle von SRF, das z.B. im Regionaljournal Graubünden ausführlich über den Fall berichtet hatte, schreibt zurück: «Wir haben die UNIA um Beweise für ihre Vorwürfe gebeten und ein Dossier erhalten.» Man habe auch «Gespräche mit mehreren Betroffenen geführt, von denen wir ebenfalls Unterlagen und Schriftwechsel mit Herrn Giovanoli erhalten haben.» Bei SRF nimmt es die Unia mit dem Datenschutz also offenbar dann doch nicht so genau. Vielleicht, weil die Gewerkschafter davon ausgehen, dass die gemäss einer unabhängigen Studie (hinter Bezahlschranke) mehrheitlich politisch links stehenden Journalistinnen und Journalisten schon nicht so kritisch nachfragen würden? – Übrigens hatte auch SRF Giovanoli gemäss dessen Aussagen nie die Möglichkeit eingeräumt, zu den angeblich konkreten «Beweisen» oder einzelnen Dokumenten Stellung zu nehmen.

Beweise – Fehlanzeige?

Unterdessen hat ein ehemaliger Mitarbeiter der Plan-B Kitchen AG mit Unterstützung der Unia Klage eingereicht, die Verhandlung vor der Friedensrichterin ging ohne Einigung zu Ende – aber mit dem Hinweis der Friedensrichterin an den Ex-Mitarbeiter, er würde es bei einer Klage wohl schwer haben – die Beweislage vermochte sie offenkundig auch wenig zu überzeugen. Gemäss Unternehmer Giovanoli hat die Unia unterdessen versucht, bei ihm Dokumente der einzelnen Mitarbeitenden herauszuverlangen – Stundenabrechnungen, Arbeits- oder Mietverträge. Aber hatte die Unia nicht von massenweise Beweisen gesprochen, die bereits vorlägen?

Giovanolis Anwalt ist mit Verweis auf Art. 26 Abs. 1 lit. c. DSG auf das Begehren zunächst nicht eingegangen und hat die Unia an die einzelnen Mitarbeiter verwiesen, die ja jederzeit Zugriff auf diese Unterlagen hätten. Tatsächlich verwundert es, dass eine Gewerkschaft derart schwere Geschütze auffährt, ohne offenbar vorgängig die vollständigen Dokumentationen einverlangt und minutiös geprüft zu haben. Andererseits – bei der Vorgeschichte dürfte es auch nicht wirklich überraschen.

So oder so. Giovanoli wartet derweil ab und überlegt sich seinerseits eine Strafanzeige wegen übler Nachrede oder Verleumdung. Dafür hat er noch bis Mitte Oktober Zeit.

 

***

Niemand bestreitet, dass es Gewerkschaften braucht, um sich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen. Was es nicht braucht, sind Gewerkschaften wie die Unia.

Nicht zum ersten Mal fällt sie negativ auf, weil sie mit halbgaren Vorwürfen gegen einen Arbeitgeber eine Rufmordkampagne führt, bevor sie sich die Argumente der Gegenseite auch nur seriös angehört, geschweige denn, auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft hat. Das zeigt der Fall im Bündnerland aus dem Juli 2025 deutlich: Wer die Medienschaffenden schon zum Schauplatz einer Protestaktion bestellt, bevor mit dem «beschuldigten Betrieb» überhaupt ein Austausch stattgefunden hat, kann nicht behaupten, redlich zu handeln.

Dass die Unia wenig Interesse an einer Lösung allfälliger Probleme oder Missverständnisse zugunsten ihrer Mitglieder hat, zeigt sich am Bündner Beispiel auch nicht zum ersten Mal: Hauptsache mal, grosse Schlagzeilen für sich selbst gemacht. Opfer sind alle anderen. Die Arbeitgeber, deren Ruf massiv geschädigt wird. Das hilft den Arbeitsplätzen wenig. Opfer sind aber auch die naiven Arbeitnehmer, die sich von den Gewerkschaftern ködern lassen.  Durch die forsche Öffentlichkeitsarbeit der UNIA blühen ihnen Strafverfahren wegen übler Nachrede oder Verleumdung, wie im Falle der St. Galler Kinderkrippe vor einem Jahr.

Oder Nachteile für die eigene Karriere: Durch die Öffentlichkeitsarbeit hat die UNIA im vorliegenden Fall Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Betriebs exponiert und sie in einer Art und Weise identifizierbar gemacht, die es ihnen schwer machen wird, eine neue  Arbeit zu finden: Welcher Gastro-Betrieb stellt schon jemanden an, der seinen letzten Arbeitgeber in einer Rufmordkamapagne der UNIA öffentlich angeprangert hat und dessen Bild noch in der Zeitung zu sehen war? – Nur eben: Das merken die meisten Arbeitnehmer erst, wenn es auf ihre Bewerbungen hin eine Absage nach der anderen gibt. – Oder die Arbeitslosenkasse Einstelltage androht. Würde ein Arbeitgeber ähnlich handeln, wären die Gewerkschaften – zurecht – die ersten, die eine Verletzung der Fürsorgepflicht reklamieren würden.

Sich kritisch im Spiegel betrachten sollten sich allerdings auch die Medienschaffenden. Von der kleinen Regionalzeitung bis zu den Unternehmenseinheiten der grossen SRG sind sie sich nicht zu schade, sich an den Rufmordkampagnen der UNIA zu beteiligen. Eine selbständige Prüfung der Vorwürfe der Gewerkschaft auf ihre Stichhaltigkeit hin findet nicht statt. Quellenkritik nannte man das zu Zeiten, als Qualitätsjournalismus nicht nur behauptet, sondern auch noch betrieben wurde. Und nein, es ist nicht damit getan, ungeprüfte Vorwürfe einfach zu publizieren und mit einer Stellungnahme der Gegenseite zu versehen, damit alles seine Ordnung hat. 

Medien, die so verfahren, dürfen sich dann nicht wundern, wenn das Parlament den Rahmen für das journalistische Schaffen immer enger zieht und die Grenzen für Klagen gegen Medienbetriebe senkt.

Titelbild: Um die kleine Lasche dreht sich der Streit: Schweizerkreuz an einem Turnschuh von On.

Strafverfahren an der Backe – dank Unia-Kampagne

Das Vorgehen der UNIA in dem aktuellen Fall gleicht einem anderen, der sich vor Jahresfrist zugetragen hatte: Auch damals wurde in der gewerkschaftseigenen WORK-ZEITUNG eine Geschichte gross aufgeblasen und die Kolleginnen und Kollegen anderer Medien bedient.

INSIDE JUSTIZ berichtete bereits damals über den Fall des ehemaligen Angestellten einer Kinderkrippe in St. Gallen. Der Mitarbeiter war von Eltern der sexuellen Handlungen mit ihrem Kind bezichtigt worden. Die Krippe und der Mitarbeiter hatten das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst, die Krippe später auf Drängen der Unia finanziell noch einmal nachgebessert. Aufgeklärt werden konnten die Vorwürfe nie – das mutmassliche Opfer war ein zweieinhalbjähriger Knabe.

Wochen nachdem die Einigung bereits eingetütet war, publizierte die WORK-ZEITUNG einen Artikel, in dem der ehemalige Mitarbeiter massive Vorwürfe gegen seine ehemalige Arbeitgeberin erhob. Die Krippe hätte die Vorwürfe gegen ihn nie abgeklärt, zudem hätten dort gesetzeswidrige Betreuungsverhältnisse geherrscht. Die Lokalzeitungen nahmen die Geschichte, die von der UNIA an sie herangetragen worden war, dankbar auf. Wenngleich die Recherchen des ST. GALLER TAGBLATT die Vorwürfe nicht bestätigen können (hinter Bezahlschranke). Gleichwohl gibt der Ex-Mitarbeiter auf Vermittlung der UNIA auch im Lokal-TV ein Interview und wiederholte dort seine Vorwürfe.

Für die Propaganda im Dienste der Unia droht dem naiven Ex-Mitarbeiter dafür jetzt eine strafrechtliche Verurteilung: Die Kinderkrippe hatte im Nachgang zu den Medienberichten Strafanzeige wegen mehrfacher Verleumdung eingereicht. Die Voruntersuchung durch das Untersuchungsamt St. Gallen ist abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft hat gegen den Ex-Mitarbeiter mit Datum vom 24. Juni 2025 Anklage am Kreisgericht St. Gallen erhoben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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