Die Stadt St. Gallen hat die Chance, sich im Jahr 2025 als fortschrittliche und moderne Einkaufsstadt zu präsentieren. Die Migros bringt mit ihrem neuen Teo-Laden im März im Quartier Riethüsli in St. Gallen ein Konzept, das auf unbedienten 24-Stunden-Betrieb setzt. Perfekt für alle, die nicht nach dem Diktat altmodischer Ladenöffnungszeiten einkaufen wollen. Doch dann kommt das Ruhetags- und Ladenöffnungsgesetz (RLG) ins Spiel – ein Relikt aus der Zeit, als Nokia-Handys den Markt beherrschten dominierten und Streaming gleichbedeutend mit Hochwasser war. Ein Pamphlet.
Als das Ladenöffnungsgesetz 2004 vom St. Galler Kantonsrat verabschiedet wurde, lebten wir in einer Welt ohne iPhones, ohne Netflix, ohne Social Media. Wir kommunizierten per SMS, der Prius wurde als erstes Elektroauto vorgestellt und Windows XP dominiert den PC-Markt. Die Blu-ray-Technologie wurde 2004 als Nachfolger der DVD angekündigt, war aber noch nicht weit verbreitet. Und wer Filme ausleihen wollte, musste in die Videothek gehen. Und wer online einkaufen wollte, hatte Pech – E-Commerce steckte noch in den Kinderschuhen.
Modern wie ein Röhrenfernseher
Doch während sich die Welt seither radikal verändert hat, ist das Ladenöffnungsgesetz (trotz Anpassungen 2008) ungefähr so modern geblieben wie ein Röhrenfernseher. Wenn man sich das RLG genauer an, stell man fest, dass die Zeit stehen geblieben ist. Dort heisst es in Artikel 2 Absatz 1 immer noch, dass an öffentlichen Ruhetagen „Tätigkeiten und Veranstaltungen untersagt sind, die Erholung und Ruhe unverhältnismässig stören.“ Verständlich. Beim Durchblättern des Gesetzestextes, stösst man auf Begriffe, die heute surreal anmuten. Denn in Artikel 7 Absatz 1 des RLG tauchen immer noch Hausierer und Videotheken auf – zwei Geschäftsmodelle, die ungefähr so lebendig sind wie die Telefonkabinen auf dem Gallusplatz. Dass in St. Gallen im Jahr 2025 immer noch Gesetze gelten, die Hausierer in die gleiche Kategorie wie moderne Läden stecken, ist zumindest amüsant. Obwohl in der Schweiz offiziell die Trennung zwischen Kirche und Staat gilt, geistert die Religion munter durch die Ladenöffnungszeiten.
Ein St. Galler Politiker, der anonym bleiben möchte, meint dazu: „Ja, das wird immer mehr zum Problem. Aber das ist wohl in vielen anderen Gesetzen auch so – die Politik kommt einfach nicht mehr mit der technologischen Entwicklung mit“. Wenn man sich vorstellt, dass die Gesetze zur digitalen Infrastruktur in der gleichen Geschwindigkeit angepasst werden wie dieses Ladenöffnungsgesetz, dann könnte es gut sein, dass wir im Jahr 2050 endlich gesetzlich geregelte Rauchzeichen haben. Während Lieferdienste rund um die Uhr Pakete ausliefern dürfen, bleibt ein unbedienter Supermarkt geschlossen. Nachhaltig? Mit Sicherheit nicht.
Migros Teo: Die Zukunft kommt, aber noch nicht ganz nach St. Gallen
Doch zurück zum Teo: Eigentlich könnte der Laden ein Musterbeispiel für modernes, flexibles Einkaufen sein. Der Kunde scannt seine Ware selbst, bezahlt digital und geht. Keine Warteschlangen, kein Personal, das mit der Kasse kämpft, und kein Schlussspurt um 18:58 Uhr. Ein kleiner, vollautomatisierter Laden.
Eigentlich genial – nur nicht für St. Gallen. Denn die Stadtpolizei in der Gallusstadt hat das Gesetz studiert und entschieden, dass der Teo, ein Laden ohne Personal, genau dasselbe ist wie ein Laden mit Personal. Kein begehbarer Automat, sondern ein normaler Laden. Also: gleiche Regeln, gleiche Öffnungszeiten.
Roman Kohler, Leiter Kommunikation der Stadtpolizei St. Gallen, erklärt: „Wir stufen den Migros Teo nicht als Automaten, sondern als Laden des Detailhandels ein. Ob dieser mit oder ohne Personal betrieben wird, ist rechtlich nicht relevant.“ Und weiter: „Ihre Argumentation, dass unbediente Läden des Detailhandels ohne Personal 24/7 geöffnet sein dürfen, hätte zur Konsequenz, dass bspw. auch ein Migros am Neumarkt, welcher über Self-Scanning-Kassen verfügt, 24/7 offen sein dürfte.“.
Lärm als Argument?
Ein weiteres Argument gegen eine 24/7-Öffnung des Teo ist der mögliche Lärm. Wer schon einmal an einem Samstagabend in der Marktgasse unterwegs war, weiss: Wenn in der Stadt St. Gallen etwas Lärm macht, dann sind es nicht die Einkaufenden im Teo. Doch auch hier hat die Stadtpolizei eine klare Haltung:
„Eine Ruhestörung in Bezug auf den Migros Teo ist nicht auszuschliessen, wie Erfahrungen aus anderen Städten zeigen. Wie bereits geschrieben, ist aber entscheidend, dass wir den Migros Teo als Laden des Detailhandels einstufen – welcher unabhängig von Lärmemissionen an die Ladenöffnungszeiten gebunden ist.“
Kurz gesagt: Selbst wenn der Teo so leise wäre wie ein Ninja-Supermarkt, würde das nichts ändern. Das Gesetz sagt, der Laden darf nicht offen sein – und damit basta.
Silke Seichter, Projektleiterin Kommunikation der Migros Ostschweiz, bleibt höflich: „Wir haben von dieser Einstufung und der daraus resultierenden Einschränkung bei den Öffnungszeiten erfahren und nehmen das zur Kenntnis. So sind derzeit die Regeln in der Stadt St. Gallen. Wir freuen uns auf den neuen Teo.“
Ob sich die Migros wirklich freut, wenn ein 24/7-Konzept nur von 5 bis 22 Uhr laufen darf, sei dahingestellt. Zum Urnengang im kommenden Mai, an dem die St. Galler Bevölkerung über eine mögliche Anpassung der Regeln entscheiden kann, wollte sie sich nicht äussern.
Lieferdienste? Kein Problem – Läden? Bitte nicht!
Während der neue Teo also nicht rund um die Uhr offen haben darf, darf jeder beliebige Lieferdienst in St. Gallen zu jeder Zeit an jede Haustür liefern. Wer also nachts um drei spontan Lust auf eine Tiefkühlpizza oder Sushi hat, kann sich dies problemlos nach Hause liefern lassen. Der Lieferwagen fährt dann durch die Stadt, verursacht Lärm und CO₂, aber das scheint niemanden zu stören. Das Gesetz von 2004 trifft also genau die Falschen:
- Lokale Geschäfte werden blockiert, während Online-Handel und Lieferdienste boomen.
- Der Detailhandel wird in sein altes, reguliertes und damit sehr unflexibles Korsett gezwängt.
- Die politisch links dominierte Stadt St. Gallen nimmt mehr Verkehr in Kauf, nur weil der Laden um die Ecke nicht mehr offen hat.
Ist das nachhaltig? Wohl kaum. Aber Hauptsache, die Videotheken bleibt gesetzlich geschützt.
Wenn schon, denn schon?
Die Stadtpolizei St. Gallen wendet das Gesetz in diesem Fall peinlich genau an. In anderen Bereichen ist sie aber deutlich flexibler. Ein Beispiel: Das Jahrmarktsreglement in der Stadt St. Gallen geriet kürzlich in die Schlagzeilen, weil es bei der Vergabe von Standplätzen zu Ungereimtheiten, willkürlichen Entscheiden und rechtliche Auseinandersetzungen kam. Die Schaustellerin Ruth Buser zog vor Gericht, nachdem sie mehrmals ohne Begründung abgelehnt wurde. Das Verwaltungsgericht gab ihr Recht und stellte fest, dass die Stadt St. Gallen über keine klare Dokumentationen des Auswahlverfahrens verfügte, was die Ablehnungen rechtswidrig machte. Die Stadtpolizei musste daraufhin transparentere Regeln schaffen und eine Bewertungsmatrix entwickeln, um die Vergabe der Standplätze nachvollziehbar zu machen. Ein äusserst peinlicher Vorgang für die St. Galler Gewerbepolizei und ein grosser Sieg für Ruth Buser.
Hinter vorgehaltener Hand (leider nie offen) sind einige Schweizer Gewerbepolizeien bekannt für haarsträubende Vorschriften:
- Die Höhe von Werbeständern wird exakt kontrolliert.
- Ladenbesitzer erhalten Bussen für falsch platzierte Plakate und Werbungen.
- Veranstaltungsbewilligungen dauern ewig, weil jede Fahne genehmigt werden muss.
Diese Abteilung wird von vielen Ladeninhabern in der Schweiz gar als eine Art „Laden-Stasi“ angesehen. Wer sich nicht an die genauen Vorgaben hält, wird bestraft. Flexibilität? Fehlanzeige.
Theorie trifft auf Realität
Gesetze und Vorschriften mögen im Parlament noch klar und einfach erscheinen, doch ihre Umsetzung im Alltag erweist sich oft als Herausforderung – wie das Beispiel eines nächtlichen Zwischenfalls vor ein paar Jahren vor einem St. Galler Kaffeehaus im Linsenbühl zeigt.
Nach einem langen Arbeitstag gönnten sich der Inhaber, ein Stadtparlamentarier, und zwei Bekannte eine kurze Pause bei Eistee und Wasser. Doch zwei Zivilpolizisten stellten fest: Nach Mitternacht ist das nicht erlaubt – weder im noch vor dem Lokal. Die Begründung: Es könnte sich um eine unerlaubte Bewirtung handeln. Der Wirt fand die Regelung übertrieben, zumal er keine Getränke verkaufte. Besonders skurril: Hätten sie auf der Treppe eines benachbarten Geschäfts gesessen, wäre das Trinken von Wasser oder sogar Alkohol erlaubt gewesen. Der Fall zeigt die Diskrepanz zwischen politischen Regelungen und der oft schleppenden Umsetzung durch die Exekutive. Polizisten müssen klare Regeln durchsetzen – auch wenn sie im Einzelfall unsinnig erscheinen. Die Regelung, dass Angestellte nach Betriebsschluss konsumieren dürfen, Freunde des Wirtes aber nicht, beruht auf der Befürchtung, dass Wirte die Sperrzeiten umgehen könnten. Für die Kontrollorgane ist es schwierig zu unterscheiden, ob jemand Gast oder Freund ist – daher die klare, aber unflexible Regelung.
Das Beispiel zeigt, wie einfach es ist, im Parlament neue Regelungen zu beschliessen, ohne deren Auswirkungen in der Praxis ausreichend zu berücksichtigen. Es zeigt auch, dass nicht die Polizei, sondern die Politik für solche Vorschriften verantwortlich ist. Und es wirft die Frage auf: Wie praxisnah müssen Gesetze sein, um einerseits Kontrolle zu ermöglichen und andererseits den gesunden Menschenverstand nicht auszuschalten?
UG24 – der Pionier, der sich nicht an Regeln hielt
Dabei ist das Bedürfnis nach einem 24/7-Shop in St. Gallen keineswegs neu. Viele erinnern sich noch an das legendäre UG24, das Tankstellenbistro am Unteren Graben, das von 1985 bis 2015 rund um die Uhr geöffnet hatte. Hier fanden Nachtschwärmer, Pendler, Vergessliche und Hungrige eine letzte Zuflucht. Ob um drei Uhr morgens ein Energy-Drink, eine Tiefkühlpizza oder eine Packung Aspirin – im UG24 gab es immer alles. Und das nicht nur für ein paar Jahre, sondern drei Jahrzehnte lang.
Den Behörden war das UG24 natürlich ein Dorn im Auge. Denn was für die Stadt wie ein beliebter Service klang, war für die Bürokratie ein veritables Problem. Mehrfach wurde das UG24 wegen Verstössen gegen die Ladenöffnungszeiten gebüsst. Richard Tschannen, der Betreiber, sagte damals in einem Interview: „Ich habe immer das Bedürfnis der Leute gesehen. Die Gesetze sind das eine, die Realität das andere.“ Und genau das macht das Teo heute wieder deutlich: Die Realität sieht anders aus als das Gesetz. Mit der Schliessung des UG24 ist St. Gallen wieder in die Ladensteinzeit zurückgefallen. Und 2025, zehn Jahre nach dem Ende des UG24, stehen wir immer noch vor den gleichen Fragen. Wie geht es weiter?
Das St. Galler Stimmvolk darf im Mai erneut darüber entscheiden, ob St. Gallen ein Stück weiter in die Zukunft gehen darf – oder ob wir weiterhin Gesetze haben wollen, die sich auf längst ausgestorbene Geschäftsmodelle beziehen. Wenn das Gesetz bleibt, dann bleibt auch der Teo ein Laden aus der Zukunft mit Regeln aus der Vergangenheit.
Und wenn das Gesetz angepasst wird? Dann könnte St. Gallen endlich in eine Zeit eintreten, in der nicht mehr Hausierer und Videotheken über die Ladenöffnungszeiten bestimmen. Bis dahin bleibt das Teo eben ein halbmodernes Shoppingerlebnis zwischen Innovation und Paragrafen-Archäologie.
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Die Zukunft des Handels liegt in unserer Hand – und die Zukunft der Politik auch
Konzepte wie Teo sind kein Luxusexperiment, sondern die Antwort auf ein klares Bedürfnis. Unsere Gesellschaft, auch die in St. Gallen, hat sich verändert: Die Menschen arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten, haben unregelmässige Tagesabläufe und wollen flexibel einkaufen. Ein 24/7-Laden ohne Personal ist genau das, was sich viele wünschen – schnell, unkompliziert, digital. Vielleicht auch einmal in der möglichen Überbauung auf dem Areal Weierweid.
Doch solche Entscheide fallen nicht von selbst. Am Ende sind es die Politiker, die Gesetze schreiben – und damit bestimmen, wie unser Alltag aussieht. Wir Bürger schimpfen oft über die Politik, über die Bürokratie, über langsame Anpassungen. Aber die Wahrheit ist: Wenn niemand die Arbeit machen will, dann machen es die, die es nicht besser wissen oder nicht anders können. Es liegt also an uns. Wenn wir wollen, dass unsere Stadt mit der Zeit geht, müssen wir aktiv werden – sei es an der Urne oder, für die Mutigen, auch selbst in der Politik. Denn wenn sich niemand kümmert, haben wir nicht nur veraltete Ladenöffnungszeiten, sondern auch eine politische Landschaft, die sich kaum noch an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen orientiert.
Es geht also nicht nur um die Frage, wie lange ein Laden offen haben darf, sondern ob wir bereit sind, die Zukunft mitzugestalten. Am Ende bekommen wir nicht nur die Einkaufsmöglichkeiten, die wir verdienen – sondern auch die Politiker.
Bildnachweis oben: who-s-who.ch / Richard Tschannen vor dem «UG24» am Unteren Graben – ein beliebter Treffpunkt mit Bistro, Tankstelle, Parkhaus, Garage, das zu St.Gallen gehörte wie die Stiftsbibliothek und die Olma.
Bildnachweis Mitte: Copyright Messe Düsseldorf / ctillmann: Der Einkaufswagen der Zukunft. Die Hot Topics der EuroCIS 2025 lauteten: Artificial Intelligence, Customer Centricity, Smart Store, Smart Energy Management und Cyber Security.

Gewerbepolizei: Wenn der Amtsschimmel wiehert und Ladenbesitzer verzweifeln
Die Schweiz ist bekannt für Präzision, Ordnung und Regelwerke. Doch manchmal treibt die Bürokratie Blüten, die jeden Ladenbesitzer verzweifeln lassen. Und genau hier kommt die Gewerbepolizei ins Spiel – jene Behörde, die mit unerschütterlichem Ernst auch die absurdesten Vorschriften durchsetzt. Ob es um die Platzierung einer Kreidetafel oder die zulässige Lautstärke eines Glacé-Wagens geht: Die Gewerbepolizei wacht mit Argusaugen darüber, dass das Chaos des Alltags in geordnete Bahnen gelenkt wird.
Vorschrift oder Schikane?
Natürlich ist es richtig, dass gewisse Regeln das Zusammenleben erleichtern und für Sicherheit sorgen. Hier dennoch einige Beispiele aus dem Kuriositätenkabinett der Schweizer Gewerbepolizei:
- In St. Gallen gehören Fussball und Bratwurst untrennbar zusammen – doch im ehemaligen Fanlokal des FC St. Gallen an der Lämmlisbrunnstrasse wurde diese «Ehe» brutal gefoult. Der Grill des Lokals stand damals auf dem Trottoir. Da für eine Aussenbewirtung eine spezielle Bewilligung erforderlich wäre, untersagte die Gewerbepolizei den Betrieb. Anstatt sich gegen das Verbot zu wehren, fanden die Betreiber eine pragmatische Lösung: Sie servieren nun Hot Dogs, die im Innern des Lokals zubereitet werden dürfen.
- Blumen verboten! Ein Cafébetreiber in Zürich wollte mit einem kleinen Blumentopf vor dem Eingang etwas Atmosphäre schaffen. Prompt schritt die Gewerbepolizei ein: Die Blume sei eine „potenzielle Stolperfalle“ dar und müsse weg. Dass nebenan ein Baustellenloch klaffte, spielte keine Rolle.
- Eine Zürcher Wirtin, die mit einem hölzernen Hirsch für ihr Lokal werben wollte, wurde mit 800 Franken gebüsst. Der Hirsch, so hiess es, wäre nur zulässig gewesen, wenn er mit einem Preisschild versehen und als «Warenauslage» deklariert worden wäre.
- Verbotene Schokolade: Ein Confiserie-Geschäft stellte ein Tablett mit Pralinés zur Degustation vor die Tür. Der Gewerbepolizist sah darin eine „illegale Vergrösserung der Verkaufsfläche“. Konsequenz: 200 Franken Busse.
- Die gefährliche Kreidetafel: Mit einer Kreidetafel wollte ein Laden in Bern sein Tagesangebot anpreisen. Verboten! Die Gewerbepolizei argumentierte, die Tafel könnte Fussgänger irritieren. Es kam zur Diskussion: Darf die Tafel stehen, wenn sie nur angelehnt ist? Antwort: Nein. Darf sie innen am Fenster befestigt werden? Ja. Logik?
- Ein Glacehändler betreibt seit Jahren seinen Stand am Zürichsee. Nachdem er ihn mit dem Schriftzug «Gelati am See» verschönert hat, bekommt er Post von der Gewerbepolizei. Das Logo müsse weg, es beeinträchtige die Luftsäule – und damit den öffentlichen Raum.
- Eine Werbetafel vor einem Delikatessengeschäft musste in Zürich auf Anordnung der Gewerbepolizei verschwinden, weil sie 20 Zentimeter zu hoch war (dieses Beispiel gibt es in der ganzen Schweiz) .
- In Adliswil musste eine alte Dampflokomotive, auf der seit Generationen Kinder gespielt hatten, aus Sicherheitsgründen entfernt werden, weil das Spielgerät gegen die europäische Norm «Spielgeräte und Spielplatzböden» verstiess.
Alte Regeln und kleine Beamtenfürsten
Viele dieser Vorschriften stammen aus längst vergangenen Zeiten und sind heute einfach nicht mehr nachvollziehbar. Doch statt sie anzupassen, bleiben sie wie sie schon immer waren. Manche Beamte blühen in diesem Vorschriftendschungel geradezu auf. Es scheint, als gäbe es eine geheime Leidenschaft zu geben, überholte Vorschriften durchzusetzen.
Ein Wirt in Luzern erzählt von einer skurrilen Inspektion: Der Gewerbepolizist mass mit dem Zollstock nach, ob der Freisitz der Gaststätte auch wirklich genau 1,50 Meter vom Strassenrand entfernt war. Ergebnis: 1,48 Meter! Konsequenz: Eine Verwarnung und die Anweisung, die Tische um zwei Zentimeter zu verschieben.
Wer ist verantwortlich?
Es ist leicht, sich über die Gewerbepolizei lustig zu machen – doch letztlich setzen die Beamten nur das geltende Recht um. Wo es Regeln gibt, sind sie verpflichtet, diese durchzusetzen, auch wenn sie noch so absurd erscheinen. Die wahren Verantwortlichen für veraltete oder widersprüchliche Vorschriften sitzen in der Politik. Es sind die Politiker, die Gesetze und Verordnungen erlassen, und wenn diese nicht angepasst oder modernisiert werden, bleibt der Amtsschimmel im vollen Galopp. Solange diese nicht für Klarheit sorgen, werden sich Ladenbesitzer weiterhin über unsinnige Kontrollen wundern – und Beamte über Vorschriften, die sie selbst kaum nachvollziehen können.

Detailhandel im Wandel: Die 24/7-Konsumwelt
Der Schweizer Detailhandel hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert – und zwar nicht nur, weil das Sammeln von Cumulus- oder Superpunkten zum Sport geworden ist. Wo früher kleine Quartierläden das Bild prägten, dominieren heute Grossverteiler mit standardisierten Einkaufserlebnissen. Früher kaufte man beim Metzger und Bäcker ums Ecke ein, heute gibt es ein umfassendes Sortiment im Supermarkt – oder eben gleich per Mausklick von der Couch aus.
Ladenöffnungszeiten
Ein grosses Thema im Detailhandel sind die Öffnungszeiten. In der Schweiz bleibt der Sonntag heilig (ausser bei Tankstellen und an den Bahnhöfen. Vergleichen wir das mit anderen Ländern:
- Deutschland: In vielen Bundesländern schliesst der Einzelhandel spätestens um 20 Uhr, Sonntagsöffnungen bleiben ein absolutes Tabu – von wenigen Ausnahmetagen abgesehen, an denen die Menschen plötzlich in Shopping-Rausch verfallen.
- Frankreich: Supermärkte haben teilweise bis 22 Uhr geöffnet, kleine Läden können ihre Öffnungszeiten selbst bestimmen.
- Italien: In vielen Regionen haben die Geschäfte flexible Öffnungszeiten, oft bis spät in die Nacht. Verkaufsoffene Sonntage sind in touristischen Städten üblich, und besonders in den Sommermonaten bleiben viele Läden bis weit nach 22 Uhr offen.
- Spanien: Hier bestimmen die Siesta und regionale Regelungen den Handel. Während grosse Supermärkte in Metropolen oft bis Mitternacht geöffnet sind, schliessen viele kleinere Läden am Nachmittag und öffnen dann am Abend wieder.
- Griechenland: Besonders in touristischen Gebieten gibt es kaum Einschränkungen bei den Ladenöffnungszeiten. In Athen oder Thessaloniki haben viele Läden auch sonntags geöffnet, während dies in ländlicheren Gegenden seltener der Fall ist.
- Grossbritannien: In England und Wales sind Läden an sechs Tagen pro Woche ohne Einschränkungen geöffnet. Sonntags jedoch gibt es eine gesetzliche Begrenzung, die grosse Geschäfte auf sechs Stunden Betriebszeit einschränkt, während kleine Läden durchgehend geöffnet haben dürfen.
- Niederlande: Es besteht eine weitgehende Liberalisierung, vor allem in den Grossstädten. Viele Geschäfte sind auch am sonntags geöffnet, vor allem in Amsterdam oder Rotterdam.
- Skandinavien: In Schweden und Dänemark gibt es Supermärkte, die 24 Stunden offen haben.
- USA: Wer um 3 Uhr morgens eine Packung Cornflakes braucht, hat kein Problem. Die meisten grossen Läden sind rund um die Uhr offen – es sei denn, ein Schneesturm legt eine ganze Stadt lahm.
- Asien: In Ländern wie Japan oder Südkorea gibt es Convenience Stores, die 24/7 geöffnet sind. Diese „Konbinis“ verkaufen alles: vom Sushi-Snack über Büromaterial bis zum frischen Hemd für den nächsten Geschäftstermin.
Während in der Schweiz viele Läden noch mit den strengen Öffnungszeiten kämpfen, setzen moderne Konzepte wie Teo oder 7-Eleven neue Massstäbe. Diese Läden bieten das, was viele Konsumenten fordern: flexible Einkaufsmöglichkeiten, oft ohne Personal und mit automatisierten Systemen. Sie zeigen, dass innovative Konzepte erfolgreich sein können, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen es zulassen. (Bild Innenraum Teo, Migros)