Lauener x Berset bleiben vor Strafverfolgung geschützt

Das Bundesgericht verweigert der Bundesanwaltschaft, den E-Mail-Verkehr zwischen dem ehemaligen Pressechef von Bundesrat Alain Berset und Ringier CEO Marc Walder Einsicht zu nehmen. Das schreibt es in Entscheid 7B_733/2024 vom 31. Januar 2025. Die Strafuntersuchung gegen Lauener wegen Amtsgeheimnisverletzung dürfte damit mangels Beweisen vom Tisch sein.

Das Bundesgericht entschied in Fünfer-Besetzung mit den Richtern Bernard Abrecht (SP), Sonja Koch (SVP), Christoph Hurni (GLP), Christian Kölz (Grüne) und Yann-Eric Hofmann (Mitte) über eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen Entscheid KZM 22 623 BRB (nicht online) des Berner Zwangsmassnahmengerichts. Dieses hatte bereits am 31. Mai 2024 entschieden, der E-Mail-Verkehr zwischen Lauener und Ringier CEO Walder falle unter den in der Verfassung garantierten Quellenschutz – und hatte dabei auf die bisherige Rechtspraxis des Bundesgerichts verwiesen. 

 

Ist der CEO eines Medienunternehmens vom Quellenschutz erfasst? 

Die Bundesanwaltschaft beschwerte den Entscheid und argumentierte, wie das Bundesgericht in Erwägung 4.1. schreibt, zunächst damit, Walder sei als CEO von Ringier nicht vom Quellenschutz befasst, wie er in Ar.t 172 Abs. 1 StPO postuliert sei. Tatsächlich war diese Frage auch von Medienjuristen als der mithin interessanteste Aspekt dieser Auseinandersetzung betrachtet worden. 

Das Bundesgericht kommt nun zum Schluss, der Quellenschutz aus Art. 172 Abs. 1 StPO umfasse «nicht nur die Journalisten im eigentlichen Sinn, sondern sämtliche Personen, die in beliebiger Weise, auch nur mittelbar, an der Medienproduktion beteiligt sind.» Der Begriff der «Hilfsperson» sei «entsprechend weit zu verstehen».

Wörtlich: «Sekretariatsmitarbeiter in untergeordneter Stellung können genauso als Hilfspersonen gelten wie Mitglieder der Direktion oder Verleger, die eine übergeordnete Stellung innehaben. Mit der Vorinstanz können auch leitende Personen, die nicht unmittelbar an einer Berichterstattung mitwirken, sondern in allgemeiner Weise zur Veröffentlichung eines Medienprodukts (unterstützend) beitragen, als Hilfspersonen bezeichnet werden.»

Quellenschutz gilt unabhängig des Motivs

In einem weiteren Punkt hatte die Bundesanwaltschaft gerügt, der Quellenschutz werde in dem Fall «rechtsmissbräuchlich» angerufen. Es sei in der Angelegenheit nicht um die Aufdeckung von Missständen gegangen, sondern darum, «die Medien zu instrumentalisieren und das Funktionieren der obersten Exekutivbehörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu beeinflussen bzw. zu beeinträchtigen.» 

Auch dieses Argument verwarf das Bundesgericht mit Verweis auf frühere Urteile und hält fest, das Motiv des Informanten, der geschützt werden solle, sei für den Quellenschutz unerheblich.

Das Bundesgericht bestätigt mit dem Urteil den in steter Praxis regelmässig festgestellten hohen Stellenwert des Quellenschutzes. Leiturteil bei Quellenschutz-Fällen ist regelmässig der Fall von alt-Bundesrat Christoph Blocher, dessen Computer im Rahmen eines Verfahrens im Umfeld um den Rücktritt des früheren Nationalbankpräsidenten Phlipp Hildebrand ebenfalls beschlagnahmt worden war. In BGE 140 IV 108 hielt das Bundesgericht fest, der Quellenschutz sei so auszulegen, dass das gesetzliche Beschlagnahmungsverbot nicht nur für Redaktionen gelte, sondern auch bei den Informanten selbst, ansonsten würde der Quellenschutz obsolet. 

Ausnahmen vom Quellenschutz sind gleichwohl möglich; Art. 28 Abs. 2 StGB nennt die Katalogtaten, die für den Gesetzgeber so schwer wogen, dass er deren Aufklärung über die Respektierung des Quellenschutzes stellte.

 

(Titelbild: pexels.com)

Der Fall

Während der Corona-Zeit fiel geneigten Zeitungsleserinnen und -lesern immer wieder auf, dass die Publikationen des Verlagshauses Ringier, insbesondere die BLICK-Titel, regelmässig über Indiskretionen aus dem Bundesrat verfügten und oftmals die Absichten von Bundesrat Alain Berset (SP) bereits vor einer Bundesratssitzung im BLICK zu lesen waren. Ringier CEO Marc Walder räumte zudem in einem Vortrag ein, dass er gezielt auf seine und andere Reaktionen Einfluss genommen habe, dass die Covid-Massnahmen des Bundesrates nicht kritisch beobachtet, sondern zustimmend gewürdigt werden sollten.

Im Zusammenhang mit einer anderen Strafuntersuchung wegen Amtsgeheimnisverletzungen rund um die Crypto AG stellte sich heraus, dass zwischen Ringier CEO Marc Walder und dem Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, Peter Lauener, ein reger Austausch stattfand. Der Sonderstaatsanwalt des Bundes in dieser Sache, Peter Marti, eröffnete in der Folge ein Strafverfahren gegen Lauener wegen Amtsgeheimnisverletzung.

In diesem Zusammenhang beschlagnahmte Marti bei Hausdurchsuchungen allerlei Geräte und liess sich per Editionsverfügung vom Bundesamt für Informatik den E-Mail-Verkehr von Marti herausgeben.

Lauener, aber auch Walder, verlangten die Siegelung der beschlagnahmten Geräte und beriefen sich darauf, die Kontakte zwischen Lauener und Walder dürften wegen des verfassungsmässig garantierten Quellenschutzes nicht ausgewertet werden. Dieser Rechtsauffassung hat das Bundesgericht mit seinem Entscheid nun stattgegeben.

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