Bundesstrafgericht: Zeit zu gehen

Kommentar zum Bericht über die Situation am Bundesstrafgericht

In keinem Rechtsgebiet zeigt sich das Gewaltmonopol des Staates massiver als im Strafrecht. Wenn Menschen im Namen des Volkes über das Verhalten anderer Menschen nicht nur richten, sondern kraft der gesetzlichen Kompetenzordnung über massive Sanktionen bis zum faktisch lebenlänglichen Freiheitsentzug entscheiden, dann müssen an diese Menschen besonders hohe moralische und ethische Ansprüche gestellt werden.

Wie soll ein Angeschuldigter ein Gericht ernstnehmen, wenn er weiss, dass die Damen und Herren, die da über ihn richten sollen, sich selbst alles andere als standesgemäss verhalten, ja mutmasslich gar selbst straffällig geworden sind und nur aufgrund von Klüngeleien nie strafrechtlich verfolgt wurde?

Natürlich geht das gar nicht. Ein solches Gericht verliert seine Legitimation.

Der Bericht der bundesgerichtlichen Verwaltungskommission über die Vorkommnisse am Bundesstrafgericht ist ein Schock. Der Bericht zeichnet nicht das Bild von Richtern als Elder Statesmen, also lebenserfahrene, weise Menschen mit hoher Fach- und Sozialkompetenz. Sondern das von Soziopath/innen, krankhaften Narzisst/innen und überforderten Karrieristinnen.

Da erzählt die Luzerner SVP-Strafrichterin Blum beispielsweise einem Parlamentarier-Kollegen Internas. Sie wird für die Amtsgeheimnisverletzung zwar intern gerügt, wie der Bericht der Verwaltungskommission des Bundesgerichts feststellt. Der Präsident des Bundesstrafgerichts lässt es bei einer Ermahnung bewenden. Wie bitte? Halten wir fest: Eine Amtsgeheimnisverletzung ist ein Offizialdelikt. Und eine solche als Amtsinhaber an verantwortlicher Stelle nicht anzuzeigen, erfüllt zumindest den Anfangsverdacht auf eine Begünstigung. Untersucht wurde indessen nie. Weder gegen Blum, noch gegen den ehemaligen Präsidenten Ponti.

Dasselbe Spiel bei Bundesstrafrichter Bomio-Giovanascini. Er hat auf einem Fraktionsausflug mit seinen SP-Freunden bei einem anderen Parlamentarier sein Leid über die Erfahrungen mit Bundesanwalt Lauber geklagt. Auch das stellt eine Amtsgeheimsnisverletzung dar, möglicherweise noch weitere Pflichtverletzungen. Untersucht wurden sie genausowenig. Im Gegenteil: Der Herr Bundesstrafrichter spielt die beleidigte Leberwurst, als er aufgrund der Vorkommnisse von den Kollegen als Kammerpräsident seiner abgewählt wird. Es fehle ihm an der Fähigkeit zur Introspektion, schreibt die Aufsichtsbehörde.

Ein anderer, Kammerpräsident Martin Stupf, fällt durch alte Machosprüche und eine Affäre am Arbeitsplatz auf. Gerichtsschreiberinnen würden in Tränen aufgelöst aus seinem Büro kommen, Richterinnen wünschen sich eine Umteilung in eine andere Kammer. Die Aufsichtsbehörde stellt fest, dass er sich regelmässig im Ton vergreift und ihm die Sensibilität für andere Kulturkreise abgeht.

Schliesslich die abgewählte Kammerpräsidentin Solcà. Sie scheint das Bild der drei Affen, sie sich einmal Ohren, einmal Augen und einmal den Mund zuhalten, irgendwie falsch verstanden zu haben. Sie sei mit dem Kammerpräsidium völlig überfordert gewesen, hält die Aufsicht fest. Sie verweigere die Kommunikation und glänze mehr durch Abwesenheit als durch Leadership, schreibt die Verwaltungskommission des Bundesgerichts. Und prüft jetzt, beim nächsten Wahltermin 2021 eine Empfehlung zur Abwahl abzugeben.

Vier Bundesstrafrichter, die sich allesamt beschämend verhalten haben, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Sie schaden dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit der gesamten Schweizer Gerichtsbarkeit. Führen sich auf wie in einem Tollhaus. Wie soll ein Angeschuldigter in Kenntnis der internen Vorgänge in Bellinzona noch Respekt vor dem erlauchten Gericht haben? Die Damen und Herren Blum, Bomio-Giovanascini, Stupf und Solcà ziehen den ganzen Richterstand in den Schmutz. Wenn sie noch einen letzten Funken Anstand haben, ziehen sie die Konsequenzen, nehmen den Hut und machen den Weg frei für einen Neuanfang. Schade, dass die Aufsichtsbehörde nicht den Mut hatte, diesen Schritt zu empfehlen und sich darauf beschränkt, die Generalsekretärin als Bauernopfer zu präsentieren. Aber sie sind halt eben: Richter.