Der Bundesrat senkt die Empfangsgebühren für Radio- und TV für Privatpersonen von aktuell CHF 335 auf 300. Für kleinere und mittlere Unternehmen soll sie ganz fallen. Und der SRG droht weiteres Ungemach. Voraussichtlich nächstes Jahr stimmt die Bevölkerung über die Halbierungsinitiative ab, welche die Gebühren weiter auf CHF 200 drücken würde.
Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht. Die Redensart passt zur führungslosen Situation bei der SRG, die es seit Jahren trotz stetig ansteigender Kritik verpasst hat, proaktiv voranzugehen und eine Debatte über die eigene Zukunft zu führen und diese Debatte zu gestalten. Jetzt wird sie von der Politik geführt.
Und die hat von rechts bis tief in die Mitte ein Problem mit der SRG. Das beginnt mit dem unverhohlenen Links-Drall gewisser Gefässe wie etwa der RUNDSCHAU und journalistischen Fehlleistungen. Beispielsweise, wenn SRF-Chefredaktor Tristan Brenn allen Ernstes glauben machen wollte, die RKI-Files in Deutschland, welche das Taumeln der Behörden während der Coronazeit dokumentieren, seien irrelevant für das Schweizer Publikum.
Oder wenn die TAGESSCHAU gross über die angeblichen Deportationspläne der deutschen AfD berichtet, als die Geschichte der deutschen «Correctiv»-Aktivisten dann aber über Wochen immer mehr in sich zusammenfällt, kein Wort darüber verliert. Der Beispiele sind da viele, die Berichte der Ombudsstelle zeigen es.
Gleichwohl. Eine Qualitätsdiskussion findet nicht statt. Das alles stösst der politischen Rechten sauer auf. Noch mehr in Wallung bringen sie dann völlig verunglückte Aussagen wie der saloppe Spruch von SRG-Generaldirektor Gilles Marchand, ein Angriff auf die SRG-Gebühren sei ein Angriff auf die Schweiz.
Hinzu kommen fragwürdige Formate auf Social Media Plattformen, wo sich auch talentbefreite Generation Z-Mitglieder austoben können. Hauptsache woke und links und queer. Dass vor der Publikation irgendeine Qualitätskontrolle stattfinden würde – nicht auszumachen. Viele der Formate werden zudem fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit produziert, so wenig Publikum finden sie. Eine Strategie dahinter zu erkennen erscheint schwierig bis unmöglich, vielmehr setzt sich der Eindruck fest, die SRG versuche einfach alles, um junge Publika zu erreichen.
Dem Konzessionsauftrag, den Zusammenhalt der Landesteile zu fördern, verweigert sich die SRG grösstenteils. Ein sprachgrenzenüberschreitendes Format gibt es nicht mehr. Das letzte solche, peinlich genug, war früher die Übertragung der Miss Schweiz Wahl. Argumentiert wird damit, das würde niemand sehen wollen. Ja klar, wenn man einem solchen Anliegen keine Chance gibt und nur auf die kurzfristigen Einschaltquoten schielt?
Böses Blut beim KMU
Der Laden, so macht es den Eindruck, wird nicht geführt. Was auch in der Politik wahrgenommen wird. Mitte-Präsident Gerhard Pfister bezeichnete die SRG denn auch schon mal als «Saftladen». Und diejenigen SVP-Kreise, welche mit der Gebührenabschaffungsinitiative bereits 30% der Stimmbürgerinnen und -bürger erreichten, versuchen es deshalb jetzt mit der Halbierungsinitiative, nach dem Motto: 200 Franken sind genug. Klar ist: Wenn die Initiative durchgeht, ist es fertig mit der SRG nach heutigem Muster. Falls es soweit kommen sollte, wäre das allerdings weitgehend selbstverschuldet.
Dass auch Unternehmen Empfangsgebühren bezahlen müssen, war von Anbeginn weg ein Konstruktionsfehler und führt in der Wirtschaft für viel böses Blut: Warum muss der Unternehmer, der eine Einmann-GmbH führt, sowohl als Privater wie als Unternehmer Empfangsgebühren zahlen? Für die Firmen ist die SRG damit genau so ein Wegelagerer wie die verhassten Suisa- und Pro Litteris-Steuern, die von allen Firmen erhoben werden, unbeachtlich, ob diese Musik und Literaturwerke tatsächlich nutzen oder nicht. Und wenn ein Gastro-Betrieb dann während der Europameisterschaft die Fussballspiele zeigen will, wird er zusätzlich zu den Empfangsgebühren noch einmal geschröpft mit Lizenzgebühren für die Fussballrechte.
Die Gegenleistung? Das einzige Wirtschaftsmagazin auf SRF, ECO, wurde vor Monaten schon gestrichen und durch einen billigen ECO-Talk ersetzt. Andere wichtige Wirtschaftsthemen finden keinen Eingang in die Berichterstattung. So wie vor kurzem die nationalrätliche Debatte um die Ausdehnung der Arbeitslosenversicherung auch auf Unternehmerinnen und Unternehmer. Das betrifft 600’000 Betriebe in der Schweiz. Der Tagesschau war es keine einzige Sendeminute wert.
Dasselbe gilt für juristische Themen. Sie sind so gut wie nie Gegenstand der Berichterstattung. Und wo das ZDF eine Fachredaktion für Rechtsthemen hat, beschäftigt das SCHWEIZER FERNSEHEN im Programmbereich gefühlt keinen einzigen studierten Juristen. Den Zürcher Gerichtsskandal um die Grüne Arbeitsrichterin Nabholz hat SRF-TV etwa mit keinem Wort erwähnt.
Das Pferd falsch aufgezäumt
Die Medienexperten sowohl in Politik wie auch in der Forschung sind sich grundsätzlich in einem Punkte fast einig: Bevor über die finanziellen Mittel der SRG gesprochen wird, sollte über ihren Auftrag diskutiert und die Konzession neu verhandelt werden. Dieses Postulat wurde schon in der Debatte um die Initiative zur Gebührenabschaffung eingebracht. Gefolgt ist allerdings nichts. Die bequemen SRG-Granden ruhten sich einfach auf der gewonnenen Abstimmung aus, statt die Diskussion zu suchen und an vorderster Front zu führen.
Jetzt ist es zu spät dafür. Die Halbierungsinitiative steht an, und da geht es nicht um Inhalte, sondern lediglich um die Mittel. Aktuell ist die Stunde der Feilscher angebrochen. Wieviel darf es denn sein? 300? 200? Etwas dazwischen? Das Pferd wird vom Schwanze her aufgezäumt. Und die SRG wird sich im Abstimmungskampf darauf konzentrieren, ihre Leistungen darzustellen. Falls sie obsiegt und alle Angriffe abgewehrt werden, wird auch weiterhin keine inhaltliche Debatte geführt werden. Wetten?
Der Preisvergleich spricht für die SRG
In diesem Abstimmungskampf wird die SRG erneut mit simplen Preisvergleichen punkten können. Für die CHF 335 oder neu dann noch CHF 300 bietet sie 17 Radio und 7 TV-Kanäle an, und das alles über das Internet auch zeitversetzt. Auch im Sportbereich kann sie noch immer gut mithalten. Von der UEFA EURO in Deutschland zeigt die SRG aktuell jedes Spiel. In Deutschland jammern die Fans, dass schon das Spiel zwischen der Schweiz und Ungarn im öffentlich-rechtlichen TV nicht zu sehen war. Wer zuschauen wollte, musste ein Sportpaket bei einem priaten Anbieter dazu kaufen.
Und die schlagen hierzulande anders zu Buche: Ein Jahresabo «blue Sport» von Swisscom kostet alleine CHF 420 im Jahr – nur für Sport-Events wie Fussball- oder Eishockeyspiele. Das UPC-Sunrise Angebot «MySports» schlägt im Jahr mit CHF 360 zu Buche. Besonders ärgerlich: Mit der Swisscom ist ein Staatsbetrieb und mit der SRG ein öffentlich-rechtlicher Betrieb mit am Start, beide also im weitesten Sinne Staatsbetriebe oder Fast-Monopolisten, die gegenseitig die Preise für die Übertragungsrechte hochschaukeln. Und der Staatsbürger darf es über die Preise finanzieren.
Aber auch so ist die Rechnung schnell gemacht: Wenn die SRG droht, und das wird sie, dass sie bei einer Empfangsgebühr von CHF 200 eine Fussball EM oder WM nicht mehr wird ausstrahlen können und das Publikum dann zusätzlich zu den CHF 200 noch ein Abo für einen Sport-TV-Kanal benötigt von CHF 420 im Jahr – wer sollte da noch für die Halbierungsinitiative sein?
Auch im Vergleich mit anderen Medien schneidet die SRG ordentlich ab. Ein kleiner Preisvergleich: Das günstigste Tagesanzeiger Digital-Abo kostet CHF 149 im Jahr, die NZZ kommt, ausschliesslich digital, auf CHF 288 zu stehen. Da bietet die SRG mit den Radiosendern SRF1, SRF2, SRF3, SRF info, Virus und Musigwelle, SwissPop, SwissJazz, Swiss Classic und den TV-Programmen SRF1, SRF2 und SRFinfo für die CHF 300 doch ein deutlich breiteres Angebot. Und dann gibt’s den grössten Teil davon auch noch in französisch und italienisch.
Wird die Vernunft obsiegen
Bleibt am Ende nur die Frage: Wird eine Mehrheit der Kantone und der Bürgerinnen das so nüchtern betrachten? Oder ist der Unmut über die Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit der SRG gross genug, dass am Ende eine Mehrheit doch ein Exempel statuieren wird? Umfragen zeigen aktuell, dass die Halbierungsinitiative eine Mehrheit findet. Das heisst allerdings nichts, so weit vor dem Abstimmungszeitpunkt. Wenn die SRG den Menschen dann droht, dass sie mit einem Ja zur Initiative vielleicht den Zugang zur nächsten Fussball-WM verlieren könnten oder ihr geliebtes Morgenquiz im Radio, dann dürfte die Sache wieder ganz anders aussehen.
Und die fällige Debatte über Inhalt und Grenzen des öffentlich-rechtlichen Systems kann erneut auf den St. Nimmerleinstag verschoben werden.