Während den Corona-Jahren gab sich der Staat gerne grosszügig. Um die Ausfälle der Wirtschaft durch die behördlich verfügten massiven Corona-Massnahmen zu kompensieren, wurden verschiedenste Instrumente eingeführt. Nun zeigt sich, dass der Staat alles unternimmt, um sich die Gelder zurückzuholen. Oft auf fragwürdige Weise, wie ein aktueller – und prominenter – Fall aus Bern zeigt.
«Es ist uns eine bittere Lehre, dass wir finanziell besser gefahren wären, wenn wir uns für ausserstande erklärt hätten und den Kanton Bern mit seinen Covid-Problemen sitzengelassen hätten.» Dieser Satz stammt aus einem Gespräch von INSIDE JUSTIZ mit dem Geschäftsleiter der Gurtenfestival AG.
Bobby Bähler ist der Typ Unternehmer, der in der Öffentlichkeit stets besonnen und ruhig auftritt – wenn überhaupt. Einer, der Trends aufgreift und seine soziale Verantwortung wahrnimmt. An «seinem» Gurtenfestival gibt es keine Helfer, die gratis arbeiten oder nur im Austausch für ein Gratisticket. Zudem fährt das Festival ein Programm gegen Gewalt und sexuelle Übergriffe, das in der Veranstalterszene als Leuchtturmprojekt beurteilt wird. Wenn Bähler also Sätze formuliert wie den obigen, muss Gravierendes vorgefallen sein.
Unternehmerfreundliche SVP-Richter? Mitnichten
Der Grund des Ärgers trägt das Aktenzeichen 100.2023.134U. Ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. November 2024. Spruchkörper: Die Verwaltungsrichter Thomas Häberli, Christoph Bürki und Marc Häusler. Bemerkenswert: Alle drei Richter gehören der SVP an. Und allesamt sind sie reine Verwaltungsjuristen. Unternehmerischer Praxisbezug? Fehlanzeige.
Streitgegenständlich ist die Höhe einer Covid-Ausfallsentschädigung im Kulturbereich, welche die Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern der Gurtenfestival AG ursprünglich für das Covid-Jahr 2021 ausbezahlt – und später teilweise zurückgefordert hatte. Solche Entschädigungen wurden Kulturveranstaltern ausbezahlt, wenn sie aufgrund der behördlichen Covid-Einschränkungen Veranstaltungen nicht durchführen konnten und dadurch Verluste erlitten.
Wichtig: Entgangene Gewinne sollten mit den Ausfallentschädigungen nicht vergütet werden – resultierte in der Jahresrechnung eines Veranstalters dank der Entschädigung ein Gewinn, so musste er die Ausfallsentschädigung bis zur Höhe des Gewinns zurückzahlen.
Konkret war der Gurtenfestival AG am 30. November 2021 für das Geschäftsjahr 2021 ein Beitrag von CHF 500’000.— zugesprochen worden, der am 2. Mai 2022 noch auf CHF 811’935.15 erhöht worden war. Nach einer stichprobenweisen Überprüfung durch die Finanzkontrolle des Kantons Bern im September 2022 verlangte der Kanton schliesslich CHF 211’666.10 zurück.
Was war passiert?
Während den Corona-Jahren 2020 und 2021 durfte das jährliche Gurtenfestival aufgrund der behördlichen Auflagen nicht durchgeführt werden. Was für die Gurtenfestival AG einen Einnahmenausfall im mittleren einstelligen Millionenbereich bedeutete. Dem standen zwar auch tiefere Kosten gegenüber – ohne Festival mussten auch z.B. keine Künstlergagen bezahlt werden. Gleichwohl: Für die Organisation der Ausgabe 2020 waren im Vorfeld bereits hohe Kosten angefallen. Zudem blieben die Fixkosten. Darunter der Stamm an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ganzjährig für das Festival arbeiten. Die Gurtenfestival AG beantragte für diese Mitarbeiter Kurzarbeit, nachdem im März 2020 die Corona-Pandemie zu massiven behördlichen Einschnitten bis zum vollständigen Lockdown führte.
Bis der Kanton Bern anklopfte mit der Anfrage, ob das Festival in der Lage wäre, eine Corona-Test Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben. Bähler überlegte kurz, holte sein Team nach drei Monaten aus der Kurzarbeit zurück und stellte in Tag- und Nachtarbeit auf, wozu der Kanton Bern selbst nicht in der Lage war.
Nach kurzer Vorarbeit ging das Testcenter in Bern-Belp in Betrieb. Weitere Testcenter und mobile Testinfrastrukturen folgten. Bähler erzählt: «Die Vorgaben wechselten manchmal täglich, auf jeden Fall aber wöchentlich.» Und weil das Team des Gurtenfestivals es konnte, wurden ihm von der Gesundheitsdirektion des Kantons immer mehr Aufgaben übertragen.
Bild: Bobby Bähler, Geschäftsführender Partner Gurtenfestival AG
Unternehmerisches Risiko ausgelagert
Mit den Aufgaben stieg das unternehmerische Risiko. Bähler und sein Team sollten fortan nicht mehr nur Tests organisieren und durchführen (die mit dem nicht unproblematischen Nasenabstrich), sondern auch noch Impfzentren bauen. Der langjährige Versicherungspartner und auch juristische Berater des Festivals empfahlen, die neuen Aktivitäten nicht länger (und wie im Jahr 2020) über die Gurtenfestival AG abzuwickeln, um bei einem Haftungsfall auf der sicheren Seite zu sein – und nicht das Festival zu gefährden.
Die Assistenzdienstleistungen im Gesundheitssektor gehörten schliesslich definitiv nicht zu den Kernkompetenzen der Festivalorganisatoren. Und die Risiken im Gesundheitsbereich sind bekanntermassen gross, zumal die gesamte Covid-Thematik für alle Involvierten völlig neu und Sinn, Zweck, Wirksamkeit, Risiken und Nebenwirkungen sowohl der Tests wie der Impfungen sehr kontrovers beurteilt wurden. Zudem war die neue Tätigkeit durch den Zweckartikel in den Statuten der Gurtenfestival AG gar nicht gedeckt.
Im Februar 2021 wurde deshalb die ec&p GmbH gegründet – eine Schwester-gesellschaft der Gurtenfestival AG. Der Vorgang wurde gegenüber dem Kanton Bern transparent ausgewiesen, ein Rahmenvertrag mit der neuen Gesellschaft abgeschlossen und durch den Berner Regierungsrat bestätigt. «Alles war transparent. Der Kanton gab in seinem Rahmenvertrag jeden einzelnen Stundenansatz der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor, ebenso die Summe der Gesamtleistungen», erzählt Bähler.
Er ist bis heute stolz darauf, was sein Team aus dem Boden gestampft hatte. Dass er dank des neuen Tätigkeitsfelds der öffentlichen Hand rund CHF 2 Mio. Kurzarbeitsentschädigung für sein Team ersparen konnte und die Gurtenfestival AG auch weniger Ausfallsentschädigungen hätte beanspruchen müssen.
Und dennoch würde er ein zweites Mal für den Kanton wohl die Kohlen nicht mehr aus dem Feuer holen. Und das kam so:
Für die Mitarbeiter der Gurtenfestival AG, die nun dank der ec&p wieder arbeiten konnten, wurden interne Verrechnungssätze festgelegt. Die – logischerweise – tiefer ausfielen als die Stundenansätze, welche von der ec&p dem Kunden, sprich: Der Berner Gesundheitsdirektion, weiterverrechnet wurden. Für jeden Unternehmer ein nachvollziehbarer und logischer Vorgang. Kein Heizungssanitär käme auf die Idee, seinen Reparaturmonteur dem Kunden lediglich zu seinen Gestehungskosten zu verrechnen.
Wie ein alltäglicher wirtschaftlicher Vorgang zum Problem wird
Dass die dem Kunden verrechneten Kosten dabei dem Doppelten der Gestehungskosten entsprechen, ist ebenfalls keine Ausnahme, wie ein von INSIDE-JUSTIZ befragter Treuhänder bestätigt. Die Ansätze seien zwar tatsächlich eher tief angesetzt, aber im Rahmen des marktgängigen. Wie das Berner Verwaltungsgericht in der Differenz der Stundensätze ein «offensichtliches Missverhältnis» erkennen will, erschliesst sich ihm nicht.
«Nimmt man zur Kenntnis, dass die Festivalangestellten in dem neuen Geschäftsfeld keine ausgewiesenen Experten, sondern lediglich ‘Angelernte’ waren, erscheinen mir die intern verrechneten Stundensätze von durchschnittlich rund CHF 45 nicht unrealistisch», meint der tatsächliche Fachmann.
Hinzu kommt: Die Gurtenfestival AG erzielte mit dem Personalverleih sehr wohl einen Gewinnbeitrag, sprich: erzielte mit den verrechneten Stundenansätzen mehr Umsatz als sie auf der anderen Seite an Personalkosten ausgab.
Finanzkontrolle sieht Probleme
Das reichte der Berner Finanzkontrolle aber nicht. Ihr Problem: Während die Gurtenfestival AG auch für das Geschäftsjahr 2021 einen kleinen Verlust von rund CHF 6’000 auswies, schrieb die ec&p GmbH einen Gewinn von etwas über CHF 500’000. Und obwohl die ec&p kein Kulturveranstalter und in einem komplett anderen Geschäftsfeld als die Gurtenfestival AG tätig war, verlangte die Finanzkontrolle, dass die Rechnungen der beiden Schwestergesellschaften konsolidiert zu betrachten seien.
Im Wortlaut: «Die Übertragung von Umsatz auf eine andere Gesellschaft zu Lasten der Bemessungsgrundlage für die Ausfallentschädigung erachtete die Finanzkontrolle als nicht opportun. Um die Jahre 2021 sowie 2020 vergleichen zu können ist eine stetige Erstellung der Jahresrechnungen unabdingbar.» Dazu monierte sie, dass die Gurtenfestival AG 2021 erstmals ein pauschales Delkredere und eine pauschale Wertberichtigung auf den Vorräten vorgenommen hatte.
Das Verwaltungsgericht in seinem Urteil: «Solches sei handels- und steuerrechtlich zwar erlaubt; da die Wertberichtigungen erstmals vorgenommen worden seien, wirkten sie sich hier jedoch negativ auf den Erfolg aus, was wiederum zulasten der Ausfallentschädigung bzw. des Kantons gehe.»
Mit anderen Worten: Die Gurtenfestival AG hat rechtlich alles korrekt abgewickelt und verbucht. Aber auch eine rechtlich vollkommen korrekte Verbuchung wird nicht akzeptiert, wenn dadurch der Kanton etwas weniger zurückfordern kann.
Der von INSIDE-JUSTIZ angefragte und unabhängige Treuhänder schüttelt auch bei dieser Argumentation nur den Kopf: «Der Gesetzgeber fordert von Unternehmern explizit, dass sie in der Buchhaltung dem Vorsichtsprinzip zu folgen haben. Sprich: Unternehmenswerte im Zweifelsfalle tiefer bewerten müssen. Und wenn ein Unternehmen das befolgt, wird es von demselben Staat dafür abgestraft. Absurder geht nicht mehr.»
Rückzahhlung von über CHF 200’000
Dank den «Buebetrickli» der Finanzkontrolle konnte der Gewinn der ec&p GmbH, welche Test- und Impfcenter betrieb, von der Ausfallentschädigung für den Ausfall des Gurtenfestivals 2021 abgezogen und damit zurückverlangt werden. Dass die Schwestergesellschaft überhaupt kein Kulturbetrieb war und der bei ihr angefallene Gewinn den Lohn für das hohe unternehmerische Risiko darstellte: geschenkt!
Die drei unternehmerisch unbefleckten SVP-Verwaltungsrichter schlossen sich der Sichtweise der Finanzkontrolle an: «Es besteht kein Anlass, an den diesbezüglichen Feststellungen der Finanzkontrolle als Fachbehörde zu zweifeln.» Auch das Argument, dass die mit solchen Fragestellungen täglich betrauten Steuerbehörden in den gewählten Verrechnungssätzen kein Problem sahen, liess das Berner Verwaltungsgericht unbekümmert.
Im Gegenteil: In saloppen Stil wirft das Gericht den Steuerbehörden gar noch vor, sie hätten die Jahresabschlüsse der Gesellschaften womöglich nicht ausreichend geprüft: «Erst recht bleibt ungeklärt, ob die Steuerverwaltung die Weiterverrechnungspraxis der Beschwerdeführerin in Kenntnis der Ergebnisse der Subventionsprüfung gutgeheissen hätte. Selbst wenn dem so wäre, wäre dies für die hier interessierende kulturbeitragsrechtliche Beurteilung im Rahmen der Staatsbeitrags- Prüfung nicht weiter von Bedeutung.»
Kein Weiterzug
Wie die Gurtenfestival AG heute verlauten lässt, wird sie den Entscheid des Berner Verwaltungsgerichts nicht am Bundesgericht beschweren. Die zu erwartenden Prozesskosten stünden in keinem Verhältnis zu den Chancen, vor dem Bundesgericht zu obsiegen, das sowieso im Rufe stehe, «in dubio pro fisco» zu entscheiden.
Mehr als das Geld ärgert Bähler, dass er von den Richtern zwischen den Zeilen als Covid-Gewinnler hingestellt wird. «Dabei wollten wir helfen. Wir haben der öffentlichen Hand über CHF zwei Millionen Kurzarbeitsgelder erspart, grosse Probleme gelöst und dabei unsere Leistungen zuhanden des Kantons transparent, den Rahmenverträgen entsprechend und marktgerecht offeriert, wir haben alles korrekt abgewickelt und werden gleichwohl für unser unternehmerisches Engagement abgestraft. Das ist schwer zu ertragen.»
Was Bähler nicht sagt, sich aber wohl denkt: Er dürfte sich hüten, je wieder für den Kanton Bern in die Bresche zu springen, sollte der in der Not sein.
Und jeder andere Unternehmer ist gut beraten, es ihm gleich zu tun und einen weiten Bogen um den Kanton Bern zu machen.
Bildnachweis: Frutiger AG. www.der-werkhof.com
Verworrene Rechtslage
Die Rechtslage in dem vorliegenden Beispiel ist verworren wie selten je: Massgebend für den Entscheid sind gleichermassen Bundes- und kantonale Erlasse, die zudem während der Coronazeit vor allem immer wieder geändert wurden. – Den Überblick zu behalten dürfte zumindest für kleinere Kulturveranstalter ohne Juristen im Hintergrund vermutlich kaum möglich gewesen sein.
Der erste Erlass stammt vom Bund. Mit Datum vom 20. März 2020 erliess der Bundesrat die Verordnung über die Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19) im Kultursektor (COVID-Verordnung Kultur). Die Verfügung schuf in Art. 3 Abs. 1 lit. b die Grundlage für «Ausfallsentschädigungen für Kulturunternehmen und für Kulturschaffende». In Art. 8f. führte der Bund aus, dass die Ausfallsentschädigungen höchstens 80 Prozent des finanziellen Schadens abdecken dürften und hielt darüber hinaus fest, «ein allenfalls entgangener Gewinn wird nicht abgegolten».
Die Zuständigkeit für die Gesuche wurde in Art. 9 der Verordnung an die Kantone übertragen, der Bund stellte auch klar, dass er sich zur Hälfte an der Finanzierung beteiligen würde.
Der Regierungsrat des Kantons Bern erliess per 8.4.2020 eine «Verordnung über die Unterstützungsmassnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus (COVID-19) im Kultursektor» mit den Vollzugsregeln zur eidgenössischen Verordnung. Der Erlass war in verschiedenen Punkten so unzureichend, dass er schon am 17. Juni wieder geändert musste: So wurden die ursprünglich neben den Ausfallentschädigungen vorgesehenen Soforthilfen wieder aus der Verordnung gestrichen, die Frist für die Einreichung der Gesuche, die ursprünglich gerade einmal bis zum 20.5.2020 – also sechs Wochen – hätte reichen sollen, wurde bis zum 20. September verlängert.
Am 25. September 2020 erliess die Bundesversammlung das erste Covid-Gesetz und setzte es auf den 26. September 2020 in Kraft. Das ist es allerdings schon längst wieder nicht mehr. In der Amtlichen Sammlung des Bundes, der alle Erlasse in chronologischer Reihenfolge erfasst, ist das Gesetz allerdings noch zu finden, unter dem Verweis AS 2020 3835. Art. 11 des ersten Covid-Gesetzes regelte die Corona-Massnahmen im Kulturbereich nun auf Gesetzesstufe und stellte in Art. 11 Abs. 2 den Betrag von CHF 100 Mio. Bundesgelder als Ausfallsentschädigungen zur Verfügung, die an Kulturveranstalter ausgerichtet werden können. Ausgerichtet werden mussten diese weiterhin von den Kantonen, und Bundesgelder konnten von den Kantonen auch nur bezogen werden, wenn sie selbst 50% der ausbezahlten Entschädigungen übernahmen. Am 14. Oktober erliess der Bundesrat die Ausführungsverordnung «über die Massnahmen im Kulturbereich gemäss Covid-19-Gesetz (Covid-19 Kulturverordnung). In den Art. 4 bis 6 der Verordnung regelte der Bund die Anspruchsvoraussetzungen, die maximale Höhe der Entschädigungen (80% des finanziellen Schadens, keine Entschädigung für entgangenen Gewinn) und das Verfahren (Gesuche können bis zum 30. November 2021 eingereicht werden). In einer Erläuterung des Bundesamt für Kultur zur Verordnung wurde der Erlass weiter konkretisiert.
Daraufhin hatte auch der Regierungsrat des Kantons Bern erneut legiferiert und am 25. November 2020 die Einführungsverordnung zur eidgenössischen Covid-19-Gesetzgebung im Kulturbereich (EV Covid-19 Kultur)erlassen. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung begrenzte die Ausfallentschädigungen zusätzlich zu den maximal 80% des Schadens auch noch auf höchstens eine Million Franken pro Kulturunternehmen und verwies im Hinblick auf das Verfahren auf die kantonale Kulturförderungsgesetzgebung (Art. 4). In Art. 5 wurden die Beiträge zudem begrenzt auf den «Rahmen der verfügbaren Finanzmittel».
Aber wieder erwies sich die Gesetzgebung als Pfusch. Man hatte nämlich die existenzielle Not vieler selbständigerwerbenden Kulturschaffenden unterschätzt. Am 18. Dezember 2020 passte die Bundesversammlung deshalb den Geltungsbereich der Ausfallsentschädigungen an. Der Kanton Bern zog am 3. Februar 2021 nach, revidierte die Einführungsverordnung zur eidgenössischen Covid-19-Gesetzgebung im Kulturbereich (EV-Covid-19-Kultur) – und reduzierte bei der Gelegenheit auch grad’ noch die maximale Ausfallsentschädigung für Kulturunternehmen von CHF 1 Million auf die Hälfte, also maximal CHF 500’000. Interessant auch: Die Reduktion wurde dem Gesamtregierungsrat wohl durch die Bildungs- und Kulturdirektion untergejubelt.
Im «Vortrag», quasi der Botschaft der Bildungs- und Kulturdirektion an dem Gesamtregierungsrat, ist die Änderung der maximalen Ausfallsentschädigung für die Kulturunternehmen nämlich mit keinem Wort erwähnt.
Und damit zum nächsten Pfusch: Was der Berner Regierungsrat dabei nicht bedacht hatte: Mit der neuen Lösung und der Plafonierung der Ausfallentschädigung auf CHF 500’000 schuf er eine massive Ungerechtigkeit: Unternehmen, die nämlich nicht im Kulturbereich tätig waren, konnten sich zur gleichen Zeit auf eine Härtefallregelung berufen, bei denen die maximale Entschädigung aber drei Mal höher lag: CHF 1’500’000. Mit Datum vom 27. Oktober 2021 hatte der Regierungsrat deshalb die Einführungsverordnung erneut geändert, den Plafond wieder auf eine Million festgelegt – und das rückwirkend auf den 1. Dezember 2020.
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2 Absatz 1 gilt nicht, wenn das Gericht feststellt, dass:
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- ohne das Zeugnis ein Tötungsdelikt im Sinne der Artikel 111–113 oder ein anderes Verbrechen, das mit einer Mindeststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, oder eine Straftat nach den Artikeln 187, 189–191, 197 Absatz 4, 260ter, 260quinquies, 260sexies, 305bis, 305ter und 322ter–322septies des vorliegenden Gesetzes oder nach Artikel 19 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 195 nicht aufgeklärt werden oder der einer solchen Tat Beschuldigte nicht ergriffen werden kann.
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2 Sie haben auszusagen, wenn:
- das Zeugnis erforderlich ist, um eine Person aus einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben zu retten;
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- Tötungsdelikte im Sinne der Artikel 111–113 StGB
- Verbrechen, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren bedroht sind,
- Straftaten nach den Artikeln 187, 189, 190, 191, 197 Absatz 4, 260ter, 260quinquies, 260sexies, 305bis, 305ter und 322ter–322septies StGB,
- Straftaten nach Artikel 19 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951 (BetmG).
Art. 264 StPO – Einschränkungen (der Beschlagnahme)
1 Nicht beschlagnahmt werden dürfen, ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind:
- Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit ihrer Verteidigung;
- persönliche Aufzeichnungen und Korrespondenz der beschuldigten Person, wenn ihr Interesse am Schutz der Persönlichkeit das Strafverfolgungsinteresse überwiegt;
- Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit Personen, die nach den Artikeln 170–173 das Zeugnis verweigern können und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt sind;
- Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer anderen Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt, sofern die Anwältin oder der Anwalt nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist.
2 Die Einschränkungen nach Absatz 1 gelten nicht für Gegenstände und Vermögenswerte, die zur Rückgabe an die geschädigte Person oder zur Einziehung beschlagnahmt werden müssen.
3 Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, eine Beschlagnahme von Gegenständen oder Vermögenswerten sei nicht zulässig, so gehen die Strafbehörden nach den Vorschriften über die Siegelung vor.
Art. 248 StPO – Siegelung (neurechtlich)
1 Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden.
2 Sobald die Strafbehörde feststellt, dass die Inhaberin oder der Inhaber nicht mit der an den Aufzeichnungen oder Gegenständen berechtigten Person identisch ist, gibt sie dieser Gelegenheit, innert drei Tagen die Siegelung zu verlangen.
3 Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der Inhaberin oder dem Inhaber zurückgegeben.
Art. 248 StPO – Siegelung (altrechtlich)
1 Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, sind zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden.
2 Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der berechtigten Person zurückgegeben.
3 Stellt sie ein Entsiegelungsgesuch, so entscheidet darüber innerhalb 1 Monats endgültig: a. im Vorverfahren: das Zwangsmassnahmengericht; b. in den anderen Fällen: das Gericht, bei dem der Fall hängig ist.
4 Das Gericht kann zur Prüfung des Inhalts der Aufzeichnungen und Gegenstände eine sachverständige Person beiziehen.
Art. 269 StPO – Voraussetzungen (der Überwachung des Post und Fernmeldeverkehrs)
1 Die Staatsanwaltschaft kann den Post- und den Fernmeldeverkehr überwachen lassen, wenn:
- der dringende Verdacht besteht, eine in Absatz 2 genannte Straftat sei begangen worden;
- die Schwere der Straftat die Überwachung rechtfertigt; und
- die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.
2 Eine Überwachung kann zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten angeordnet werden:
- StGB: Artikel 111–113, 115, 118 Absatz 2, 122, 124, 127, 129, 135, 138–140, 143, 144 Absatz 3, 144bis Ziffer 1 Absatz 2 und Ziffer 2 Absatz 2, 146–148, 156, 157 Ziffer 2, 158 Ziffer 1 Absatz 3 und Ziffer 2, 160, 163 Ziffer 1, 180–185bis, 187, 188, 189–191, 193, 193a, 195–197, 220, 221 Absätze 1 und 2, 223 Ziffer 1, 224 Absatz 1, 226–226ter, 227 Ziffer 1 Absatz 1, 228 Ziffer 1 Absatz 1, 230bis, 231, 232 Ziffer 1, 233 Ziffer 1, 234 Absatz 1, 237 Ziffer 1, 240 Absatz 1, 242, 244, 251 Ziffer 1, 258, 259 Absatz 1, 260bis–260sexies, 261bis, 264–267, 271, 272 Ziffer 2, 273, 274 Ziffer 1 Absatz 2, 285, 301, 303 Ziffer 1, 305, 305bis Ziffer 2, 310, 312, 314, 317 Ziffer 1, 319, 322ter, 322quater und 322septies;
- Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005: Artikel 116 Absatz 3 und 118 Absatz 3;
- Bundesgesetz vom 22. Juni 2001 zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen: Artikel 24;
- Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 1996: Artikel 33 Absatz 2 und 34–35b;
- Kernenergiegesetz vom 21. März 2003: Artikel 88 Absätze 1 und 2, 89 Absätze 1 und 2 und 90 Absatz 1;
- BetmG: Artikel 19 Absatz 2 sowie 20 Absatz 2;
- Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983: Artikel 60 Absatz 1 Buchstaben g–i sowie m und o;
- Güterkontrollgesetz vom 13. Dezember 1996: Artikel 14 Absatz 2;
- Sportförderungsgesetz vom 17. Juni 2011: Artikel 22 Absatz 2 und 25a Absatz 3;
- Finanzmarktinfrastrukturgesetz vom 19. Juni 2015: Artikel 154 und 155;
- Waffengesetz vom 20. Juni 1997: Artikel 33 Absatz 3;
- Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000: Artikel 86 Absätze 2 und 3;
- Geldspielgesetz vom 29. September 2017: Artikel 130 Absatz 2 für die Straftaten nach Artikel 130 Absatz 1 Buchstabe a;
- Nachrichtendienstgesetz vom 25. September 2015: Artikel 74 Absatz 4.
3 Wird die Beurteilung einer der militärischen Gerichtsbarkeit unterstehenden Straftat der zivilen Gerichtsbarkeit übertragen, so kann die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs auch angeordnet werden zur Verfolgung der in Artikel 70 Absatz 2 des Militärstrafprozesses vom 23. März 1979 aufgeführten Straftaten.
Art. 272 StPO – Genehmigung und Rahmenbewilligung
1 Die Überwachung des Post- und des Fernmeldeverkehrs bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
2 Ergeben die Ermittlungen, dass die zu überwachende Person in rascher Folge den Fernmeldedienst wechselt, so kann das Zwangsmassnahmengericht ausnahmsweise die Überwachung aller identifizierten Dienste bewilligen, über welche die zu überwachende Person ihren Fernmeldeverkehr abwickelt, ohne dass jedes Mal eine Genehmigung im Einzelfall nötig ist (Rahmenbewilligung). Die Staatsanwaltschaft unterbreitet dem Zwangsmassnahmengericht monatlich und nach Abschluss der Überwachung einen Bericht zur Genehmigung.
3 Erfordert die Überwachung eines Dienstes im Rahmen einer Rahmenbewilligung Vorkehren zum Schutz von Berufsgeheimnissen und sind die Vorkehren in der Rahmenbewilligung nicht enthalten, so ist diese einzelne Überwachung dem Zwangsmassnahmengericht zur Genehmigung zu unterbreiten.
Art. 273 StPO -Teilnehmeridentifikation, Standortermittlung und technische Merkmale des Verkehrs
1 Besteht der dringende Verdacht, ein Verbrechen oder Vergehen sei begangen worden, und sind die Voraussetzungen nach Artikel 269 Absatz 1 Buchstaben b und c erfüllt, so kann die Staatsanwaltschaft die folgenden Randdaten verlangen:
- diejenigen des Fernmeldeverkehrs gemäss Artikel 8 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) der beschuldigten Person, einer Drittperson nach Artikel 270 Buchstabe b des vorliegenden Gesetzes oder einer geschädigten Person;
- diejenigen des Postverkehrs gemäss Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b BÜPF der beschuldigten Person oder einer Drittperson nach Artikel 270 Buchstabe b des vorliegenden Gesetzes.
2 Die Anordnung bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht.
3 Auskünfte nach Absatz 1 können unabhängig von der Dauer der Überwachung und bis 6 Monate rückwirkend verlangt werden.