Der Strafdienst der ASU und MWST: Wo ist Anna Skvarc? Teil 2

Inside Justiz hat bereits mehrfach kritisch über die ASU (Abteilung Strafsachen und Untersuchungen), eine Spezialabteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV, berichtet. Auch der MWST-Strafdienst der ESTV arbeitet gerne mit der ASU zusammen, um gegen Steuerpflichtige vorgehen zu können. Ein Strafverfahren, das sich trotz Art. 105 Abs. 4 MWStG zehn Jahren dahinschleppt, und dann passiert einfach nichts. Es soll nun, laut Beschluss des Bundesstrafgericht, keine Entschädigung oder Genugtuung zu Gunsten der betroffenen Person geben.

Dr. iur. Anna Skvarc, Verfahrensleiterin MWST-Strafdienst, hat in Zusammenarbeit mit der ASU im November 2013 ein Strafverfahren gegen einen Ausländer und Sozialhilfebezüger aus der Ostschweiz eröffnet und mit grossem Getöse diverse Hausdurchsuchungen und uferlose Kontenabfragungen bei diversen Schweizer Banken veranlasst.

Nach Art. 105 Abs. 4 MWStG muss ein Strafverfahren innert fünf Jahren abgeschlossen werden, danach tritt die Verjährung ein. Das MWST-Gesetz gilt als modernes, rechtstaatlich faires Gesetz in Bezug auf die Strafverfolgung. Im aktuellen Fall hat die Verfahrensleiterin Dr. iur. Anna Skvarc keine Einvernahmen durchgeführt. Stattdessen hat sie gegen die beschuldigte Person am 7. August 2018, also knapp vor Eintritt der Verjährung, einen gemäss Experten „schludrig“ hingeworfenen Strafbescheid erlassen. Gegen diesen Strafbescheid hat die beschuldigte Person darauf Einsprache erhoben. So weit so gut. 

Danach geschah nichts mehr. Die Verfahrensleiterin Skvarc schien in der Versenkung verschwunden zu sein. Es erfolgt keine Reaktion mehr, auch eine Einspruchsentscheidung ist bis heute nicht ergangen. Die Jahre vergehen und im Juli 2023 (!) meldet sich die Steuerbehörde eine neue Beamtin mit Namen Charlotte Lenormand bem Beschuldigten. Sie war die neue Ermittlungsbeauftragte und stellt das Strafverfahren ohne weitere Begründung ein.

Die beschuldigte Person fordert daraufhin, wie vom Gesetz vorgesehen, Schadenersatz für die zahlreichen beschlagnahmten Handys und andere Gegenstände sowie eine Genugtuung für das rund zehnjährige Verfahren ein. Die ESTV lehnt aber jede Entschädigung und eine Genugtuung ab. Die ESTV war noch nicht einmal bereit, sich zu der auch für Experten merkwürdigen Verfahrensführung von Dr. iur. Anna Skvarc zu äussern.

Beschluss des Bundesstrafgerichts (Geschäftsnummer BV.2024.11) – eine Schlappe für die ESTV!

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2024 hat das Bundesstrafgericht die Beschwerde der betroffenen Person teilweise gutgeheissen. Gegen den Beschluss ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben. Damit bleibt es bei der krachenden Ohrfeige für die ESTV und die ASU. Zwar lehnt das Bundesstrafgericht mangels ausreichender Substantiierung eine Schadenersatzpflicht der ESTV für die im Jahr 2014 beschlagnahmten Gegenstände (Computer, Iphones, usw.) ab, sie stellt aber eine nicht zu rechtfertigende Verfahrensverschleppung durch die ESTV fest.

Nach Art. 105 Abs. 4 MWSTG ist eine Strafuntersuchung innert fünf Jahren, d.h. bis 2018, abzuschliessen (Strafverfügung oder Einstellung). Vorliegend hat die ESTV das Verfahren formell aber erst im Sommer 2023, also nach weiteren fünf Jahren oder nach insgesamt 10 Jahren beendet. Dieser massiven Verletzung des Beschleunigungsgebots trägt das Bundesstrafgericht mit einer Genugtuung von CHF 500.00 Rechnung.

Der „Geist“ Dr. iur. Anna Skvarc?

Eine Einlassung zur sonderbaren Verfahrensführung durch Dr. iur. Anna Skvarc lehnt auch das Bundesstrafgericht ab, sodass weiterhin unklar bleibt, was mit Dr. iur. Anna Skvarc passiert ist. Bekanntlich ist die ESTV noch nicht einmal bereit zu bestätigen, dass Dr. iur. Anna Skvarc auf ihrer payroll steht, bzw. gestanden hat.

 CHF 500.00 für Umtriebe

Der betroffenen Person, ein Sozialhilfebezüger, werden durch das Bundesstrafgericht CHF 500.00 als Umtriebsentschädigung zu gesprochen für dessen Verfahrensführung. Inside Justiz konnte exklusiv in die Verfahrensakten, namentlich zur Beschwerdeführung Einsicht nehmen. Es bleibt schleierhaft, wie das Bundesstrafgericht dazu kommt, bloss CHF 500.00 zu zusprechen. Art und Umfang der Rechtseingaben sind umfassend und forderten vom Beschwerdeführer als juristischen Laien alles ab.

Die betroffene Person musste einen erheblichen und umsichtig geführten Aufwand praktizieren, um ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen. Nach Ansicht der Redaktion hätte das Bundesstrafgericht problemlos die vom Beschwerdeführer geforderten CHF 3’000 zusprechen können. Die ESTV wäre durch diese Kostentragung nicht in existentielle Nöte geraten.

Man kann hierzu einwenden, dass der Beschwerdeführer ja einen Anwalt hätte mandatieren können, und dass es unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gibt. Fraglich bleibt aber, wie der Beschwerdeführer als juristischer Laie innert der 30-tägigen Rechtsmittelfrist einen geeigneten Anwalt hätte finden können, der sich auch noch mit Verwaltungsstrafrecht auskennt.

Ergebnis für die ESTV/ASU: Murks der Extraklasse 

Die ESTV hat nach einem mit grossem Getöse (zahlreiche Hausdurchsuchungen, Aktenbeschlagnahmungen, Kontoeditionen, usw.)  losgetretenen Strafverfahren zehn Jahre eigentlich Nichts gemacht und das Verfahren schliess still zu Ende führen wollen. Es ist allein der betroffenen Person zu verdanken, dass  die Öffentlichkeit von diesem Skandal erfährt.

Die ESTV ist gut beraten, im Umgang mit Steuerpflichtigen mit etwas mehr Sorgfalt und Umsicht aufzutreten. Mit Rambo-Methoden Strafverfahren zu eröffnen, um dann einfach jahrelang nichts mehr zu tun, kann einfach nicht Sinn eines modernen Strafrechtsverständnis sein.

Ergebnis für den betroffenen Sozialhilfebezüger: CHF 1’000 zur freien Verfügung

Zunächst bleibt abzuwarten, wie schnell die ESTV die Gesamtentschädigung von CHF 1’000.00 überweist. Der Sozialhilfebezüger mit iranischem Migrationshintergrund wird den Obolus gut gebrauchen können. Ob er sich damit etwas Schönes leistet oder sich einfach ein gutes Mittagessen auf Kosten der ESTV leisten wird, bleibt abzuwarten.

 Teil 1: „Der Strafdienst der ASU und MWST: Wo ist Anna Skvarc?“

Fotonachweis: Constantin Film – Der Fall Collini. Der Angeklagte (Franco Nero), der Anwalt (Elyas M’Barek, rechts)

One thought on “Der Strafdienst der ASU und MWST: Wo ist Anna Skvarc? Teil 2

  1. Für schweizromantiker: «Die Schweiz ist kein Rechtsstaat. Primär, weil sie gar kein Rechtsstaat sein will. Das Demokratieprinzip ist in der Schweiz höher gewichtet als das Rechtsstaatsprinzip.»
    Diese Aussage, stammt von Strafverteidiger Konrad Jeker im Gespräch mit der Fachzeitschrift ContraLegem.
    Jeker ist einer der bekanntesten Strafverteidiger in der Schweiz, unter anderen mit seinem «strafprozess.ch»-Blog.

    Quelle: https://steigerlegal.ch/2021/06/14/anwalt-portraet-konrad-jeker/
    Unbedingt anschauen.

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