Im Appenzell dürfen Zombies nicht sterben

Eine Amtsposse der besonderen Art oder wie sich Handelsregisterführer Daniel Kobler mit einem St. Galler Treuhänder duelliert. Inside Justiz berichtete kürzlich über eine Zombiefirma, die seit Januar 2024 erfolglos versucht, mittels Bilanzdeponierung nach Art. 725 ff. OR die Konkurseröffnung zu erreichen.

Die illiquide Zombiefirma existiert noch heute; offenbar gilt die hoffnungslos überschuldete Kleinstfirma für die Appenzeller Behörden als «systemrelevant» und darf nicht in Konkurs gehen. Der Fall ist derzeit unter dem Aktenzeichen ERZ 24 20 beim Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden anhängig.

Ein Nebenschauplatz tut sich auf – oder eine Amtsposse der besonderen Art! Am 23. April 2024 stellt der Handelsregisterführer Daniel Kobler einen Organisationsmangel fest und – oh Wunder – dass die Gesellschaft «über keine verwertbaren Aktiven mehr verfügt und keine Geschäftstätigkeit mehr ausübt».

Verschnupfter Kobler

Der Handelsregisterführer Daniel Kobler (im grossen Bild ganz rechts) stellt also salopp etwas fest, was die Einzelrichterin Caroline Nordin-Lüssi (Kantonsgericht AR) in ihrem Urteil vom 5. März 2024 ganz anders beurteilt hat. Interessant ist nun die Kommunikation zwischen einem St. Galler Treuhänder und dem Handelsregisterführer Daniel Kobler über das Fortführungsinteresse der Gesellschaft.

Auf Anfrage teilt der beauftragte Treuhänder, Marcel Wieser von der WIPA Treuhand AG (St. Gallen), unter Beilage einer Mitteilung des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden zur Frage des Fortführungsinteresses der Gesellschaft per E-Mail mit: „Das Interesse der Gesellschaft besteht nur noch darin, über den Beschwerdeentscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden die Konkurseröffnung zu erwirken.

Man könnte meinen, die Botschaft des Treuhänder sei für Daniel Kobler klar genug gewesen, doch weit gefehlt. Innerhalb von 30 Minuten antwortet Daniel Kobler sichtlich verärgert: «Wie in unserem Schreiben vom 23. April 2024 ausgeführt, ist ein allfälliges Interesse an der Aufrechterhaltung des Handelsregistereintrages schriftlich geltend zu machen. Ihre Eingabe erfüllt weder das Formerfordernis der Schriftlichkeit noch enthält sie ein ausdrückliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Handelsregistereintrages. Sollte daher innert der mit eingeschriebenem Brief vom 23. April 2024 angesetzten Frist keine entsprechende Erklärung der Gesellschaft bei uns eintreffen, werden wir das Verfahren wie in diesem Schreiben dargelegt weiterführen.»

Schriftlich und per Post

Der Treuhänder anwortet auf die Nachricht von Daniel Kobler wie folgt: „Bezugnehmend auf Ihre Nachricht werde ich mein vorheriges E-Mail ausdrucken, darauf schreiben, dass wir „ausdrücklich interessiert“ sind, und Ihnen das Ganze per „A-Post“+ nach Herisau in Ihr Büro senden.“

Der Treuhänder weist zu Recht darauf hin, dass Art. 934 OR keinen Hinweis darauf enthält, in welcher Form die Mitteilung des „Interesses an der Erhaltung der Gesellschaft“ zu erfolgen hat. Weder im Gesetz noch in der Handelsregisterverordnung (Art. 152 und 153) steht, dass das Interesse „ausdrücklich“ sein muss. Man darf gespannt sein, wie das Amtstheater und übrigens auch das weitere Schicksal der Zombie-Gesellschaft ausgehen wird.

EGMR – Die Schweiz unter Anklage

Die WIPA Treuhand AG vertritt den Steuerstraffall einer steuerpflichtigen Gesellschaft vor dem EGMR unter der Fallnummer 41338/23. Damit wurde erstmals ein Steuerstraffall zum Thema «ASU/besondere Untersuchung nach Art. 190ff DBG» vom EGMR angenommen und ein Verfahren gegen die Schweiz eröffnet. Inside Justiz berichtete über den Fall und wird die weitere Entwicklung verfolgen. Wieser vertritt regelmässig Mandanten in Steuerstreitigkeiten gegenüber Behörden und Gerichten.

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