So werden kritische Fragen abgebügelt

Der Kanton Zürich hat einen neuen Justizskandal. Der Kläger eines Verfahrens vor Arbeitsgericht nimmt heimlich (und widerrechtlich) die Fallbesprechung der Richterin auf. Ein Jahr später veröffentlicht er Ausschnitte, welche Zweifel schüren an der Integrität der Richterin Simone Nabholz (Grüne), die nicht nur am Bezirksgericht Zürich (dem das Arbeitsgericht angegliedert ist), sondern auch als Ersatzrichterin am Obergericht tätig ist.

Die Medien berichten darüber, die Zürcher Justiz und Richterin Nabholz versuchen, die Medien mundtot zu machen. Die WELTWOCHE muss einen kritischen Artikel löschen, das Obergericht wirkt aktiv auf Medien ein. Wir veröffentlichen hier der Transparenz halber die Fragen von INSIDE-JUSTIZ im Rahmen unserer Recherchen und sowie die Antworten der angefragten Gerichte. Die ausführliche Spurensuche von INSIDE-JUSTIZ in dem Fall lesen Sie hier: Der Zürcher Gerichtsskandal. Den Kommentar von INSIDE-JUSTIZ in der Affäre finden Sie hier: Kommentar: Verstörend.

 

E-Mail an das Obergericht Zürich vom 15. Mai 2024, 13:37

Sehr geehrte Frau Motta

Sehr geehrte Damen und Herren

Wir recherchieren aktuell in der Causa Nabholz ist sind dabei auf eine E-Mail Ihrer Medienstelle vom 8. Mai 2024 an Herr Krizanek aufmerksam geworden, in dem Sie diesen auffordern, die von Krizanek mutmasslich widerrechtlich angefertigten Tonaufnahmen einer Urteilsberatung des Arbeitsgerichts Zürich zu löschen und diese Löschung zu bestätigen.

Unsere Frage in diesem Zusammenhang: Der Vorgang betrifft ganz offensichtlich das Arbeitsgericht Zürich, das dem Zürcher Bezirksgericht angegliedert ist und nicht dem Zürcher Obergericht.

Mit welcher Begründung kommt die Medienstelle des Zürcher Obergerichts dazu, Herr Krizanek zur Löschung dieser Aufnahmen aufzufordern? Gibt es irgendeine Ermächtigungsnorm, die uns nicht bekannt ist, welche dieses Vorgehen vorsieht? Oder geht es dem Obergericht Zürich darum, eine Diskussion über die tatsächlich sehr verstörende Art und Weise zu unterbinden, wie Richterin Nabholz Urteile berät?

Können Sie bestätigen, dass die E-Mail-Absenderin Frau Motta war? Falls sie es nicht war, wer war es sonst?

Hat Frau Motta oder wer auch immer für die E-Mail zuständig ist, aus eigenem Antrieb oder auf Anweisung gehandelt? Falls auf Anweisung: Von wem kam diese Anweisung?

Gibt es eine persönliche Verbindung zwischen der kritisierten Richterin Nabholz und derjenigen Person am Obergericht, welche diese E-Mail in Auftrag gegeben hat?

War sich die Absenderin der E-Mail bewusst, dass wohl die Rechtslage zur illegalen Aufzeichnung klar sein mag, die Frage der Rechtmässigkeit der Veröffentlichung aber eine ganz andere und in der herrschenden Lehre sehr umstritten ist? Viele Autoren sehen den von Ihnen angerufenen Art.

293 StGB weiterhin als problematisch an und nicht mit EMRK Art. 10 in Übereinklang zu bringen.

Was sagt das Obergericht zur Problematik, dass es sich durch das Vorgehen ihrer Medienstelle zur Unzeit in einer Art und Weise in diese Angelegenheit einbringt, die das Obergericht Zürich im weiteren Verfahrensverlauf (z.B. Strafverfolgung gegen Krizanek) als Rechtsmittelinstanz von vornherein als befangen erscheinen lässt?

Ich danke Ihnen für eine zeitnahe Beantwortung bis Freitagvormittag.

Mit freundlichen Grüssen

 

Antwort des Obergerichts Zürich vom 15. Mai 2024 um 17:45

Sehr geehrter Herr Winter

Die von der illegalen Aufzeichnung betroffene Bezirksrichterin ist derzeit als Ersatzoberrichterin am Obergericht tätig. Deshalb ist auch das Obergericht involviert.

Während der Verhandlungspause erstellte Aufnahmen erfüllen den Straftatbestand von Art. 179bis StGB und während der Verhandlung erstellte Aufnahmen denjenigen von Art. 179ter StGB und möglicherweise jenen von Art. 293 StGB. Auch das Verbreiten bzw. Zugänglichmachen dieser Inhalte ist nach den genannten Bestimmungen strafbar.

Beste Grüsse

Obergericht des Kantons Zürich

Marc Bodenmann-Stocker
Stv. Kommunikationsbeauftragter

 

 

E-Mail an das Bezirksgericht Zürich vom 15. Mai 2024 um 13:36

Sehr geehrte Damen und Herren

Wir recherchieren in der Causa Nabholz und haben dazu zwei konkrete Fragen:

1.)
Die Medienstelle des Zürcher Obergerichts hat mit E-Mail vom 8. Mai 2024 in einer für uns verstörenden Art und Weise Herrn Krizanek aufgefordert, die Veröffentlichung der mutmasslich widerrechtlich erfolgten Tonaufnahmen auf allen Platformen zu löschen. War diese Aktion der Medienstelle des Obergerichts mit der Medienstelle des Bezirksgerichts abgesprochen?

2.)
Wie kommentiert die Medienstelle des Zürcher Bezirksgerichts das Vorgehen der Medienstelle des Obergerichts?

3.)
Gemäss den uns vorliegenden Informationen ist das Bezirksgericht Zürich gegen die Weltwoche und Autor Alex Baur gerichtlich vorgegangen und hat am Bezirksgericht Meilen eine superprovisorische Verfügung verlangt. Auf welche Anspruchsgrundlagen hatte sich das Bezirkgsgericht dabei gestützt? Ist es korrekt, dass das Zürcher Bezirksgericht dabei vor dem Meilemer Bezirksgericht abgeblitzt ist, weil es als Gericht keine selbständige Rechtspersönlichkeit hat und damit nicht prozessfähig ist?

4.)
Die Prüfung der Prozessfähigkeit vor der Ergreifung eines Rechtsbehelfs gilt in der Ausbildung von jungen Juristen als erster Prüfschritt. Warum hat das Bezirksgericht Zürich auf diesen Schritt verzichtet oder offensichtlich nicht erkannt, dass es nicht selbständig prozessfähig ist? Wie hoch sind die Kosten, die dem Gemeinwesen durch die unbehelfliche Klage entstanden sind?

5.)
Nebst der WELTWOCHE haben auch die SONNTAGSZEITUNG und der TAGESANZEIGER aus den geheimen Urteilsberatungen berichtet. Geht das Bezirksgericht auch gegen diese Medien rechtlich vor? Falls Nein, warum nicht? Wer bezahlt die Kosten, welche die Rechtshändel von Richterin Nabholz auslösen – sie selbst oder das Bezirksgericht als ihr Arbeitgeber?

6.)
Das Bezirksgericht Zürich hat sich sofort schützend vor seine Richterin gestellt und gemäss Zitaten in der Zeitung gesagt, die Richterin habe sich in «keiner Art und Wesie ein Fehlverhalten zuschulden kommen lassen». Interpretieren wir richtig, dass damit also das Bezirksgericht Zürich das Ablästern über einen Anwalt mit Aussagen wie «Er war halt jung und brauchte das Geld» als übliche Tonalität bei der Verhanldung eines Falles betrachtet?

Ich bin Ihnen dankbar für eine umgehende Beantwortung unserer Fragen. Wir werden unseren Artikel am Donnerstag publizieren.

Mit freundlichen Grüssen

 

 

 

Antwort des Bezirksgerichts Zürich vom 15. Mai 2024 um 16:35

Sehr geehrter Herr Winter

Die während der Verhandlungspause erstellten Aufnahmen erfüllen den Straftatbestand von Art. 179bis StGB und während der Verhandlung erstellte Aufnahmen denjenigen von Art. 179ter StGB. Auch das Verbreiten bzw. Zugänglichmachen dieser Inhalte ist nach den genannten Bestimmungen strafbar, weshalb wir rechtlich dagegen vorgehen.

Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir Ihre Fragen angesichts der laufenden Verfahren weiter nicht beantworten werden.

Freundliche Grüsse

Seraina Fürst

One thought on “So werden kritische Fragen abgebügelt

  1. Solange die Leute nicht sehen und verstehen wollen, geht das weiter.
    Das einzige das man machen kann ist, die Richter jeweils als „befangen“ zu melden…

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