Die Frage, wie eine Gesellschaft mit schwierigen Individuen wie Brian Keller umgehen soll, wird in der Schweiz immer wieder diskutiert. Der Fall Brian Keller, geprägt von Renitenz, Gewalt und vielfältigen Konflikten mit dem Strafsystem, illustriert die Herausforderungen der modernen Schweizer Strafjustiz: Wie viele Ressourcen und Geduld kann und soll ein Rechtsstaat aufbringen, um auch scheinbar unverbesserliche Individuen zu resozialisieren? Was kostete Brian Keller bisher die Gesellschaft? Eine Schätzung.
Ein zentraler Pfeiler jeder Demokratie ist die Menschenwürde, wie sie auch in der Bundesverfassung verankert ist. Dieser Grundsatz verpflichtet den Staat, jedem Menschen – unabhängig von seinen Taten – grundlegende Rechte und Chancen einzuräumen. Resozialisierung ist dabei nicht nur ein ethisches Gebot, sondern auch ein pragmatisches Ziel: Ein rehabilitierter Straftäter stellt eine geringere Gefahr für die Gesellschaft dar als ein dauerhaft isolierter. Menschen auszugrenzen oder „aufzugeben“ widerspricht nicht nur humanistischen Werten, sondern kann langfristig zu einer Eskalation sozialer Spannungen führen.
Die Grenze der Zumutbarkeit
Trotz dieser Verpflichtung gibt es legitime Grenzen. Wenn der Aufwand für einen Täter unverhältnismässig gross wird und gleichzeitig keine Fortschritte erkennbar sind, stellt sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit. Diese Grenze zu definieren, ist jedoch äusserst schwierig. Das blosse Scheitern bisheriger Ansätze darf nicht als Vorwand dienen, eine Person aufzugeben oder schlecht zu behandeln. Gleichzeitig muss der Staat abwägen, ob die Ressourcen, die für einen renitenten Straftäter aufgewendet werden, anderen dringenden gesellschaftlichen Aufgaben entzogen werden.
Im Fall von Brian Keller wird dieses Dilemma besonders deutlich. Einerseits haben die bisherigen Bemühungen keine erkennbaren Fortschritte gebracht, andererseits wäre die Alternative – eine dauerhafte Verwahrung oder der Verzicht auf seine Resozialisierung – ein politisch, rechtlich und ethisch heikler Schritt.
Schutz der Gesellschaft
Der Schutz der Gesellschaft bleibt oberstes Gebot. Hier gilt es, ein Gleichgewicht zwischen präventiven Massnahmen wie intensiver Überwachung oder Verwahrung und der Fortsetzung von Resozialisierungsbemühungen zu finden. Ein verstärkter Fokus auf individuelle Betreuung, etwa durch spezialisierte Therapeuten oder Sozialarbeiter, kann helfen, gewaltbereite Täter besser zu erreichen.
Auch der Prävention kommt eine Schlüsselrolle zu. Renitente Täter wie Brian Keller sind oft das Ergebnis misslungener Sozialisationsprozesse, die viel früher hätten angegangen werden können. Eine frühzeitige Intervention bei gefährdeten Jugendlichen, eine umfassende soziale Unterstützung und eine stärker vernetzte Zusammenarbeit zwischen Justiz, Familie, Sozialdiensten und Bildungseinrichtungen könnten dazu beitragen, das Auftreten solcher Fälle zu minimieren.
Politische Diskussion und Verschärfung von Strafnormen
Die aktuelle Diskussion um die Verschärfung von Strafnormen spiegelt die Frustration vieler Bürger wider, die den Eindruck haben, der Rechtsstaat sei ineffizient oder zu milde. Doch härtere Strafen oder ein weniger differenzierter Umgang mit schwierigen Individuen lösen das Problem nicht, sondern verlagern es nur. Stattdessen ist ein pragmatischer, aber auch langfristiger Ansatz gefragt, der sowohl den Schutz der Gesellschaft als auch die Möglichkeit der Resozialisierung im Auge behält.
Es gibt keine einfache Antwort auf die Frage, wie weit eine Gesellschaft gehen sollte, um auch scheinbar „hoffnungslose Fälle“ zu unterstützen. Die Investition in schwierige Individuen wie Brian Keller ist aber ein Zeichen für die Stärke und den Wertekanon eines demokratischen Rechtsstaates. Die Grenze liegt dort, wo weder Fortschritte erkennbar sind noch eine sinnvolle Perspektive besteht – aber diese Grenze muss mit Augenmass und im Bewusstsein der gesellschaftlichen Verantwortung gezogen werden. Letztlich geht es nicht nur um Schutz, sondern auch um die Integrität und die Prinzipien, die die Schweiz ausmachen.
Der Millionen Franken-Mann – Was Brian Keller bisher die Gesellschaft kostete
Der Fall Brian Keller – bekannt unter dem Pseudonym „Carlos“ – hat der Gesellschaft in den vergangenen 18 Jahren erhebliche finanzielle Lasten aufgebürdet. Seine wiederholten Konflikte mit dem Gesetz, langjährigen Haftaufenthalte und spezialisierten Betreuungsprogramme verursachten geschätzte Kosten von
4,7 bis 5 Millionen Franken.
Diese Summe wirft Fragen nach dem Verhältnis von Aufwand und Nutzen sowie der Belastung des Justizsystems auf.
Gesamtkosten: Eine Schätzung
Diese Summe setzt sich aus verschiedenen Kostenkategorien zusammen, die teilweise nur geschätzt werden können, da konkrete Zahlen nicht verfügbar oder eruierbar sind . Die Aufschlüsselung der Gesamtkosten basiert auf öffentlich verfügbaren Daten sowie Schätzungen. So erklärte 2013 ein Bericht der Justizkommission des Kantons Zürich, dass «Carlos» von Oktober 2006 bis zum Ende des Sondersettings im August 2013 Kosten von fast einer Million Franken (998’199 Franken) verursachte. .
Sondersetting (2013/2014)
Keller wurde ein speziell auf ihn zugeschnittenes Betreuungsprogramm angeboten, das Aktivitäten wie Thaibox-Training, Einzelunterricht und intensive Betreuung umfasste. Monatliche Kosten: rund 29’000 Franken. Für ein Jahr summiert sich dies auf 348’000 Franken.
(Hinweis: Roger Huber, Chefredaktor von Inside-Justiz, erfüllte in dieser Zeit ein Mandat der Oberjugendstaatsanwaltschaft als Berater.)
Gefängniskosten
Während seiner späteren rund 7-jährigen Haftzeit entstanden weitere Kosten. Die durchschnittlichen Haftkosten in der Schweiz betragen pro Tag etwa 390 Franken, bei schwierigen Insassen, wie Keller, stiegen sie jedoch auf 600 Franken oder mehr. Bei rund 2600 Hafttagen ergeben sich Gesamtkosten von rund 1,7 Millionen Franken. Besonders hohe Kosten entstehen in psychiatrisch-forensischen Kliniken, wo die Tageskosten laut Schätzungen bis zu 1’900 Franken betragen können.
Rechtliche Vertretung und Gerichtsverfahren
Die zahlreichen Verfahren und die rechtliche Verteidigung verursachten Gesamtkosten von geschätzten 1,4 Millionen Franken.
Schäden und Ersatzleistungen
Sachschäden, die Keller während seiner Haftzeit verursachte, führten zu zusätzlichen Kosten von geschätzten 500’000 Franken.
Gutachten und Therapien:
Die Erstellung forensisch-psychiatrischer Gutachten, die in Kellers Fall mehrfach erforderlich waren, sowie psychiatrische und therapeutische Interventionen ausserhalb des Sondersettings summieren sich auf etwa 400’000 Franken.
In dieser Rechnung sind alle Kosten und Aufwände, die Brian Keller durch sein Verhalten bei den verschiedenen Institutionen ausgelöst hat, wie z.B. das Verfassen von Berichten, die Koordination der Institutionen, Medienauftritte, Gespräche mit Stakeholdern etc. nicht enthalten, da dies zu den normalen Aufgaben der jeweiligen Behörden gehört. Würde man diesen Aufwand mit einbeziehen, dürfte sich der Aufwand für Brain Keller um ca. 30 bis 50 Prozent erhöhen.
Meiner Meinung nach ist keine Person 5 Mio. an öffentlichen Geldern für die Resozialisierung wert.
Dieser Mann hatte nicht nur eine, sondern dutzende Chancen und hat sie nicht genutzt. Damit hat er sein Recht auf Unterstützung der Gesellschaft verspielt.