Brian Keller, der als einer der bekanntesten Ex-Häftlinge der Schweiz gilt, hat vom Kanton Zürich eine erhöhte Genugtuung von 4000 Franken zugesprochen erhalten. Das Zürcher Obergericht folgte damit einem früheren Urteil des Bundesgerichts, das die ursprüngliche Summe von 1000 Franken als ungenügend kritisiert hatte. Der Fall ist ein weiteres Kapitel in der Geschichte des 29-Jährigen, die seit Jahren für Schlagzeilen sorgt. Was für Kosten hat Brian Keller bisher die Gesellschaft gekostet?
Die erhöhten Zahlungen beziehen sich auf einen 20-tägigen Aufenthalt Kellers in der Sicherheitsabteilung des Gefängnisses Pfäffikon im Jahr 2017. Keller war wegen aggressiven Verhaltens und Drohungen gegen das Gefängnispersonal in Einzelhaft genommen worden. Die Bedingungen, unter denen er dort leben musste, wurden als menschenrechtswidrig beurteilt.
In der Zelle fehlten grundlegende Einrichtungen wie Matratze, Decke oder Hygieneartikel. Auch Duschmöglichkeiten waren nicht vorhanden. Keller war lediglich mit einem sogenannten „Psychiatrie-Poncho“ bekleidet und musste ständig Fussfesseln tragen. Die Isolation und die fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten verstärkten die Härte der Haftbedingungen zusätzlich. Dies wurde vom Bundesgericht als unverhältnismässig beurteilt.
Bereits 2022 hatte das Bezirksgericht Zürich Keller eine Entschädigung von 50 Franken pro Hafttag, insgesamt 1000 Franken, zugesprochen. Dieses Urteil wurde später vom Obergericht bestätigt. Keller und seine Anwälte waren jedoch der Ansicht, dass diese Summe das erlittene Unrecht nicht ausreichend widerspiegelte, und zogen den Fall ans Bundesgericht weiter. Im Sommer 2024 hob das Bundesgericht die bisherigen Urteile auf und wies das Obergericht an, den Fall neu zu beurteilen.
Im zweiten Verfahren erhöhte das Obergericht die Genugtuung auf 4000 Franken, inklusive 5 Prozent Zins seit dem 16. Januar 2017. Trotz dieser Erhöhung liegt der Betrag weit unter den Forderungen der Anwälte, die ursprünglich 40’000 Franken gefordert hatten. Ob Keller und seine Vertreter das neue Urteil akzeptieren oder erneut vor Gericht ziehen, bleibt offen.
Brians Werdegang und aktuelle Entwicklungen
Brian Keller wurde 2013 durch eine SRF-Dokumentation unter dem Pseudonym „Carlos“ bekannt. Die Dokumentation beleuchtete seine schwierige Jugend und den Versuch, ihn mit sonderpädagogischen Massnahmen auf den richtigen Weg zu bringen. Seither wurde er jedoch mehrfach wegen verschiedener Delikte verurteilt und verbrachte mehrere Jahre im Gefängnis. Im November 2023 wurde er nach einer siebenjährigen Haftstrafe entlassen, geriet aber bald wieder mit den Behörden in Konflikt.
Im Sommer 2024 wurde Keller in Deutschland festgenommen, nachdem er in sozialen Medien Drohungen ausgesprochen hatte. Nach seiner Auslieferung an die Schweiz verbrachte er erneut einige Wochen in Untersuchungshaft, bevor er Ende Oktober 2024 unter Auflagen freigelassen wurde. Seither verfolgt er eine berufliche Zukunft im Kampfsport und strebt eine Karriere als Profiboxer an. Eine Profilizenz hat er jedoch noch nicht erhalten. Experten sehen in seiner Vorgeschichte ein mögliches Hindernis für diese Pläne.
Ein Fall mit Signalwirkung?
Der Fall Keller hat nicht nur wegen der besonderen Haftbedingungen, sondern auch wegen der gesellschaftlichen und rechtlichen Fragen, die er aufwirft, grosse Aufmerksamkeit erregt. Die Neubeurteilung der Genugtuung durch das Bundesgericht könnte als Präzedenzfall dienen, um den Umgang mit Haftbedingungen in der Schweiz strenger zu regeln und allfällige Missstände frühzeitig zu korrigieren. Gleichzeitig wird der Lebensweg Kellers, der trotz vieler Rückschläge ein neues Kapitel aufschlagen will, weiterhin aufmerksam verfolgt.