Dibidäbi-Kanton – Appenzeller Geschichten – Wie eine Bilanzdeponierung nach Art. 192 SchKG krachend scheiterte….Teil 2

Thema «Bilanzdeponierung» gefällt, die einmal mehr die Frage aufwerfen: «Was läuft eigentlich falsch im Kanton Appenzell Ausserrhoden? Doch nun stützt auch das Bundesgericht den Verwaltungswahnsinn im Dibi Däbi Kanton. Die aktuelle Bundesgerichtsurteile (BGE 5A_463/2024 und BGE 5A_462/2024) geben Anlass zum Nachdenken. Die Eine Bilanzdeponierung nach Art. 725b OR und Art. 192 SchkG erweist sich als unmögliches Unterfangen.

Bilanzdeponierungen sind ein Massegeschäft. Ist eine Gesellschaft überschuldet (Vollständige Aufzehrung des Eigenkapitals) muss der Konkursrichter angerufen werden. Die Anrufung kann nur unterbleiben, wenn Gesellschäftsgläubiger im Umfang der Unterdeckung einen Rangrücktritt erklären.

Bilanzdeponierung:  rechtlicher Hintergrund

Wenn ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig ist oder gar überschuldet ist, müssen nach Art. 725ff OR notwendige Massnahmen unverzüglich ergriffen werden. Diese Bestimmung gilt auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Verweisung von Art. 820 OR). Die Bilanzdeponierung nach Art. 192 SchKG ist für die betroffene Gesellschaft kostenlos. Der Konkursentscheid ist für ein Gericht  eine Art «Massengeschäft» und wird redaktionell über weite Strecken im copy-paste-Verfahren durchgeführt, d.h. der Aufwand für das Gericht ist denkbar gering. Bleibt das Unternehmen, bzw. deren Organe, untätig, dann riskieren sie wegen Misswirtschaft (Art. 165 StGB in Form der Konkursverschleppung) strafrechtlich sanktioniert zu werden.

Dazu muss man wissen, seit ca 2015 besteht die Praxis der Strafverfolgungsbehörden, dass jeder Konkurs auf strafrechtliche Relevanz untersucht wird. Die Konkursämter sind gehalten, im Zweifelsfalls eine Strafanzeige zu deponieren. Die Organe sind daher gut beraten zügig zu handeln, wenn die Überschuldung droht oder bereits eingetreten ist. Passive Aussitzen führt direkt zur Justiz, und das führt selten zu positiven Erfahrungen.

  1. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts unter Vorsitz von Christian Hermann

Inside Justiz hat schon verschiedentlich darüber berichtet, dass es vor der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts (Bild: Christian Herrmann, Bundesgericht II. zivilrechtliche Abteilung) für die Rechtssuchenden nichts zu gewinnen gibt. Die II. zivilrechtliche Abteilung erweist sich als eigentliche Cash Cow des Bundes; jeden Monat werden reihenweise SchKG-Beschwerden mit Nichteintreten und Beschwerdeabweisungen abgeurteilt und dabei Kosten von CHF 500 bis CHF 2’000 zu Lasten der Beschwerdeführer verhängt. Jeden Monat werden so Dutzende Beschwerden abgewiesen.

Auch die beiden BGE 5A_462/2024 und BGE 5A_ 463/2024 trifft das Schicksal «Nichteintreten» und wurden mit je CHF 2’000.00 Gerichtskosten durch Bundesrichter Hermann und Gerichtsschreiber Zingg bedacht. Die Urteilsfällung am selben Tag  – 30. Juli 2024 – lässt auf ein Massengeschäft schliessen. Allein aus diesen Fällen hat die Bundesgerichtskasse CHF 4’000.00 an einem Tag generiert – eine tolle Cash Cow.

BGE 5A_462/2024

Dieser Fall betrifft eine Gesellschaft, die inzwischen aufgrund einer Gläubigerbetreibung in Konkurs ist.  Rund 50 Tage nach Konkurseröffnung hat es das Obergericht Kanton AR dennoch abgelehnt den Konkurs zu eröffnen. Das erstaunt, weil das Obergericht Kanton AR korrekterweise das Verfahren nach Art. 206 SchKG hätte mangels Rechtschutzinteresses abschreiben müssen.

Gegen die Gerichtsgebühr von CHF 300.00 hat die inzwischen konkursite Gesellschaft Beschwerde vor Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein und verhängt Gerichtskosten von weiteren CHF 2’000.00.Die Begründung des Bundesgerichts ist schwer verständlich und betrifft das fehlende Interesse. Letztlich bleibt unklar, was das Gericht überhaupt meint. Auf den beantragten Kostenerlass für das Verfahren geht das Gericht nicht ein, bzw. lehnt diesen Erlass ab. Aber egal, der Nichteintretensbeschluss ist gefasst, das Urteil ist mit Ausfällung rechtskräftig.

Der Laie staunt über diese Art Rechtsprechung. Es wird spannend sein zu sehen, wie die Bundesgerichtskasse das Inkasso der CHF 2’000 bei der bereits in Konkurs befindlichen Gesellschaft betreiben will.

BGE 5A_463/2024

Dieser gleichentags gefällte Nichteintretensentscheid betrifft eine Gesellschaft aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden, die gemäss Bundesgerichtsurteil über liquide Mittel von CHF 233.00 bei Schulden von CHF 21’222.58 verfügt. Trotz offenkundiger Überschuldung lehnt es auch das Bundesgericht ab, den Konkurs nach Art. 192 SchKG zu eröffnen. Das Zombi-Unternehmen darf oder besser muss trotz offenkundiger Überschuldung weiter existieren.

Bedenklich am Urteil ist, dass die Diskussion über die Notwendigkeit einer Bilanz zum Fortführungswert und zusätzlich zum Liquidationswert bei hoffnungslos überschuldeten Unternehmen zum vornherein sinnlos ist. Ebenso sinnlos ist es, von Gesellschaft ohne Revisionsstelle (Opting Ouit) die Beibringung eines kostenpflichtigen Revisionsberichts zu verlangen. Solche abstrusen Forderungen wirken entrückt und irr.

Die Höchstrichter schliessen auch in diesem Fall auf Nichteintreten und verhängen Gerichtskosten von CHF 2’000.00. Den Kostenerlass lehnt das Gericht ab, weil die Illiquidität nicht von Amtes wegen festgestellt werden kann. Die Gesellschaft hat zuvor ihr Begehren um Kostenerlass mit der offenkundigen Überschuldung begründet. Die Begründung des Bundesgerichts entbehrt hier jeder Sachlogik. Nun wird die Bundesgerichtskasse den Beweis der Illiquidität antreten dürfen, weil nicht ersichtlich ist, wie die illiquide Gesellschaft mit flüssigen Mitteln von CHF 233 die Gerichtskosten von CHF 2’000 soll bezahlen können. Dieses Urteil der Höchstrichter führt dazu, dass das Zombie-Unternehmen weiterhin existiert und quasi als systemrelevant nicht Konkurs gehen darf.

Folgen für die Strafverfolgung

Die Strafverfolger müssen nun die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass Unternehmen, welche nach Art. 192 SchKG rechtzeitig die Bilanz deponieren Gefahr laufen, nicht Konkurs gehen zu dürfen. Damit besteht mit dem Segen des Bundesgerichts die Möglichkeit, straflose Misswirtschaft zu betreiben. Ob diese Rechtsentwicklung für die zahlreichen Zombi-Unternehmen in der Schweiz und ihre Gläubigerschar mehr Segen oder Fluch sind, sei an dieser Stelle dahingestellt. BGE 5A_462/2024 und BGE 5A_463/2024 stehen für eine Urteilspraxis des Bundesgerichts, die nicht mehr nachvollziehbar sind und beim geneigten Leser für Nachdenken sorgen. Wir werden die Cash Cow II. zivilrechtliche Abteilung auch in Zukunft weiter beobachten und ihre Urteilspraxis kritisch durchleuchten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert