Hat der Tod von Muriel Furrer strafrechtliche Konsequenzen?

Es ist ruhiger geworden um den schrecklichen Tod nach dem Unfall von Muriel Furrer an der Rad-WM 2024 in Zürich. Letzte Woche fand BLICK.CH heraus, dass es entgegen der Behauptungen der offiziellen Untersuchungsbehörden sehr wohl eine Fahrerin gab, die mitbekommen hatte, wie Muriel Furrer von der Strasse abkam. Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft hatten es zuvor nicht geschafft, unter den Fahrerinnen eine Zeugin auszumachen. Auch dem Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung durch Unterlassung wird bislang offenbar nicht nachgegangen.

Gemäss TELE ZÜRI vom Montag vor einer Woche wurde gegen keine Personen untersucht. Das meldete der Sender, der mit Staatsanwalt Rolf Jäger ein Interview über den bisherigen Stand der Untersuchung geführt hatte. Dabei ist für viele Strafrechtler offenkundig, dass hier zumindest ein Anfangsverdacht auf eine fahrlässige Tötung durch Unterlassung besteht, nach Art. 117 StGB in Verbindung mit Art. 11 StGB.

Natürlich können auch die Organisatoren von Radrennen nicht ausschliessen, dass es zu Stürzen kommt. Diese Gefahr ist dem Sport inhärent. Nur: Gemäss Strafgesetzbuch muss, wer eine Gefahr schafft, die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen treffen, um diese um mindern.

Wie man durch Unterlassen töten kann

Das Strafgesetzbuch kennt die Tatbegehung durch Unterlassung, geregelt in Art. 11 StGB: «Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden», heisst es dort in Absatz 1. Der Begriff der Pflichtwidrigkeit wird in Abs. 2 genauer umschrieben: «Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist.» Das Gesetz benennt verschiedene Gründe, die aber nicht abschliessend sind und die eine solche Verpflichtung auslösen können.  

Für den Ausrichter einer Rad-WM könnte insbesondere «die Schaffung einer Gefahr» in Frage kommen. Der Zürcher Strafrechtsprofessor Damian K. Graf schreibt dazu im Stämpfli-Kommentar zum Strafrecht mit Verweis auf entsprechende Bundesgerichtsentscheide: «Wer eine Gefahrenlage schafft, ist verpflichtet, die durch die Umstände gebotenen Vorsichts- und Schutzmassnahmen zu treffen.» Wer das verpasst, kann gemäss Lehre und Rechtsprechung bei einem tödlichen Unfall für eine «Fahrlässige Tötung durch Unterlassen» zur Verantwortung gezogen werden.

Garantenpflicht?

Lehre und Praxis sprechen von einer Garantenpflicht, die derjenige hat, der eben z.B. eine Gefahr geschaffen hat. Vergleichbar sind die Fälle von Skiunfällen. Die Rechtsprechung hat mehrfach eine Garantenstellung von Bergbahnbetreibern bestätigt.

So müssen Bergbahnen «die erforderlichen Vorsichts- und Schutzmassnahmen treffen, damit den Skifahrern aus alpinen und weiteren Gefahren, die nicht einer Skifahrt als solcher eigen sind, kein Schaden erwächst», wie das Bundesgericht in BGE 111 IV 15, 17 festhält. In diesem Falle hatte es eine Bergbahn unterlassen, einen Masten ausreichend zu polstern. Interessant in diesem Zusammenhang die Feststellung des Bundesgerichts, es gebe auch ein «Prinzip der Zumutbarkeit»: «Es kann im Allgemeinen tatsächlich kaum verlangt werden, bei einer Fahrbahn, die von einem Wald begrenzt wird, jeden einzelnen Baum zu polstern.» – Dieser Posten könnte den Veranstaltern der Rad WM 2024 allenfalls zur Entlastung dienen.

Gleichwohl verlangt die Garantenstellung der Bergbahnen beispielsweise, dass Gefahren auf der Piste als solche markiert werden. In BGE 101 IV 396, 402 wurde die Verurteilung der Verantwortlichen der Bergbahnen Flims AG bestätigt, weil sie eine gefährliche Stelle am Pistenrand nicht mit entsprechenden Gefahrenfähnchen markiert hatten – eine solche Markierung wäre zumutbar gewesen, hielt das Gericht fest.

Gilt im Radsport nicht, was im Skisport gilt?

Inwieweit sich die Rechtsprechung des Bundesgerichts aus dem Skisport auf den Radsport übertragen lässt, ist offen. Letztinstanzliche Entscheide gibt es gemäss den Recherchen von INSIDE-JUSTIZ nicht. Dass an der Stelle, an der Muriel Furrer verunglückte, anschliessend, aber eben erst nach dem Unfall, Matten und Absperrbänder angebracht wurden, dürfte den Organisatoren auf jeden Fall juristisch nicht helfen. Die Massnahme zeigt vielmehr, dass offenbar mehr hätte getan werden können, um die Strecke zu sichern.

Dasselbe gilt auch für die Äusserung von Sportdirektor Olivier Senn anlässlich der Medienkonferenz des Lokalen OKs, an der Senn einräumte, Tracker hätten wohl im konkreten Fall geholfen. Für die Strafverfolgungsbehörden eigentlich eine wichtige Aussage, welche die Veranstalter im strafrechtlichen Sinne belastet, räumt Senn damit doch ein, dass mehr für die Sicherheit hätte getan werden können.

Strafrechtlich stellt sich die Frage, ob bei der Vielzahl der Tatbestände schon einer allein ausreichend war, um die unterlassenen Sicherheitsmassnahmen zu begründen. Denkbar wäre auch, dass ein Gericht bei der Summe der vernachlässigten Sicherheitsmassnahmen zu diesem Schluss kommt:  Keine oder keine ausreichenden (oder keine ausreichend geschulten) Streckenposten, Durchführung des Rennens trotz misslichen Wetterverhältnissen, keine technischen Massnahmen zum Tracking der Fahrerinnen und keine ausreichenden Massnahmen, um einen Unfall rasch zu erkennen und sofortige Hilfe zu organisieren.

Die Frage bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings spekulativ, in der Schweizer Rechtsgeschichte existieren keine vergleichbaren Fallbeispiele. Dass in der Summe der Unterlassungen aber ein Gericht zum Schluss kommen könnte, der Veranstalter hätte die Verpflichtungen aus seiner Garantenstellung nicht erfüllt, erscheint zumindest nicht abwegig, wie mehrere von INSIDE-JUSTIZ angefragte Strafrechtsjuristen bestätigen.

Wen träfe die Verantwortung?

Nicht ohne weitere Untersuchungen ist auch die Frage zu beantworten, wen die Verantwortung treffen würde. Im Strafrecht werden grundsätzlich Personen sanktioniert, nicht Organisationen. Die Aussage von Sportdirektor Olivier Senn an der Medienkonferenz vom 2. Oktober, er würde die Verantwortung übernehmen, ist zwar eine noble Geste, strafrechtlich aber nicht von Belang. Das lokale OK ist zwar gemäss den Aussagen von Senn in den Medien für die Bereitstellung der Strecken und für die Umsetzung der Regularien des Weltradsportverbandes UCI zuständig, am Ende aber wohl nicht verantwortlich.

Wie Senn ausführte, werden die Strecken von der UCI «abgenommen». Die offiziellen Dokumente zu den Rennen (Ranglisten, Startlisten, etc.) tragen zudem alle das Logo der UCI. Beides kann als Hinweis darauf gelten, dass die UCI als Veranstalterin der Rennen auftritt und damit auch strafrechtlich in die Verantwortung zu nehmen wäre.

Was aber, wenn die Sicherheitskonzepte der Veranstalter beispielsweise von einer Zürcher Behörde genehmigt worden waren – etwa von der Verkehrs- oder Sicherheitspolizei? Das Vertrauensprinzip besagt, dass sich ein Bürger (und mit ihm natürlich auch eine Organisation wie die UCI) darauf verlassen können muss, dass eine behördliche Festlegung für ihn verbindlich ist. Könnte die UCI damit den schwarzen Peter an die entsprechenden Beamten der Zürcher Sicherheitsdirektion weiterreichen?  Was, notabene, im Zürcher Fallbeispiel besonders brisant ist: Das Sportamt des Kantons Zürich als (Mit-) Veranstalterin der RadWM gehört wie die Kantonspolizei zur Sicherheitsdirektion von Regierungsrat Mario Fehr. Wie INSIDE JUSTIZ bereits letzte Woche berichtete, spricht auf jeden Fall nichts dafür, dass die Zürcher Behörden genau hinsehen und eine ernsthafte Untersuchung führen würden. E-Mails mit kritischen Fragen von INSIDE JUSTIZ werden von den zuständigen Behörden schlicht ignoriert.

Gilt das Vertrauensprinzip auch für die Gerichte?

Dass sich Gerichte nicht immer an das Vertrauensprinzip gebunden fühlen, hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen einen Schweizer Casinobetreiber gezeigt: Dessen Konzept zum Spielerschutz war von der Eidgenössischen Spielbankenkommission im Rahmen der Konzessionserteilung geprüft und für gut befunden worden. Nur ein Jahr später wurde das Casino gleichwohl mit der Begründung gebüsst, der Spielerschutz sei nicht ausreichend gewesen. INSIDE JUSTIZ berichtete.

In eine ähnliche Richtung deutet das Urteil des Bundesgerichts vom 13. Mai 2008 (BGE 134 IV 255). Dort führt das Gericht in Erwägung 4.2.2  aus, dass die Verantwortung desjenigen, der die Gefahr geschaffen habe, auch dann weiter anhalte, wenn er die Sicherheitsvorschriften beachtet habe: «Daher muss auch derjenige, der das Risiko durch eine an sich rechtmässige Handlung verursacht hat und dabei die einschlägigen gesetzlichen, behördlichen oder verbandlichen Sicherheitsvorschriften beachtet hat, die nach den Umständen erforderlichen Massnahmen ergreifen, um den vorhersehbaren Schaden, den seine Handlung verursachen könnte, zu verhindern; er kann sich nicht auf Lücken in den gesetzlichen Sicherheitsvorschriften berufen.» Oder, wie Graf in seinem Kommentar zu Art. 11 StGB festhält: «Auch wenn die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit durch gesetzliche oder von Verwaltungsbehörden oder Verbänden erlassene Sicherheitsvorschriften geregelt ist, findet das allgemeine Prinzip weiterhin Anwendung, wonach derjenige, der ein Risiko schafft, dessen Verwirklichung zu verhindern hat.»

Unterlassung der Nothilfe

Ein weiterer Straftatbestand, von dem teilweise die Rede ist, ist derjenige der Unterlassenen Nothilfe nach Art. 128 StGB. Teilweise wurde in Leserkommentaren auch gefordert, diese Norm sei für die Radfahrerin zu prüfen, die wahrgenommen hatte, dass Furrer von der Strasse abkam. – Die Nothilfe-Strafnorm gilt aber für Dritte, d.h. Personen, die den medizinischen Zustand derjenigen Person, die Hilfe braucht, nicht zu verantworten haben, nur mit Einschränkungen.

Zum einen muss der Zustand lebensbedrohlich sein und der Drittperson muss das auch bewusst sein. Zum anderen muss es ihr zumutbar sein, Hilfe zu leisten. Die letzten beiden Tatbestandsmerkmale dürften für die hinterherfahrende Sportlerin nicht gegeben sein: Stürze geschehen bei Radrennen häufig und die nachfolgende Fahrerin durfte sich wohl darauf verlassen, dass bei einer Weltmeisterschaft die Streckenposten und die Organisation sich um die Konkurrentinnen kümmern, die Hilfe brauchen.

Aber auch für die Organisatoren dürfte dieser Straftatbestand eher nicht in Frage kommen: Als ihnen die lebensbedrohende Situation nach langer Zeit endlich bewusst wurde, hatten sie – so ihre Aussagen, die bislang nicht in Zweifel gezogen wurden – rasch gehandelt. Der Tatbestand ist allerdings auch erfüllt, wenn jemand an einer anderen Person eine Körperverletzung begeht und ihr dann nicht hilft – dafür muss sie nicht einmal in Lebensgefahr schweben. In der bisherigen Rechtspraxis wurde der Straftatbestand gemäss Kenntnisstand dieser Redaktion allerdings noch nie angewandt, wenn jemand durch Unterlassung statt durch aktives Tun eine schwere Körperverletzung verursacht hatte.

Staatsanwaltschaft schläft

INSIDE JUSTIZ wollte von Staatsanwalt Rolf Jäger wissen, warum die Zürcher Staatsanwaltschaft nicht in die oben beschriebene Richtung untersucht. Am Montag vor einer Woche hatte Jäger auf die Fragen von INSIDE JUSTIZ wenigstens noch beschieden, die Staatsanwaltschaft untersuche unabhängig – und verwies im Weiteren auf das Communiqué, das auf alle diese drängenden Fragen keine Antworten enthielt. Dann herrschte lange Zeit Stille.

Für erfahrene Polizei-Spezialisten ist, klar, dass die Untersuchungsbehörden sofort nach dem Unfall hätten handeln müssen: «Es hätte sich auch bei der Staatsanwaltschaft aufgedrängt, sofort eine Lagebeurteilung sowie eine Auslegeordnung zu möglicherweise strafbaren Unfallursachen und entsprechend dringlichen Ermittlungsmassnahmen vorzunehmen», sagt ein ehemaliger Polizeioffizier und Ausbildner von hohen Polizeikadern gegenüber INSIDE-JUSTIZ. «Und natürlich hätten sofort Beweise gesichert werden müssen.»

Gemäss Auskunft der Staatsanwaltschaft wurde zwar die Spurensicherung beigezogen, um am Unfallort die Beweise zu sichern – und auch Furrers Velo wurde beschlagnahmt. Um die Verantwortlichkeiten der Veranstalter zu untersuchen, reicht das aber beileibe nicht aus. «Natürlich hätten auch das oder die Sicherheitskonzepte für die Rennen beschlagnahmt werden müssen, eventuell bestehende Protokolle über Abnahmen oder Schriftverkehr zwischen den involvierten Stellen zu den beabsichtigten und am Ende tatsächlich getroffenen Sicherheitsvorkehrungen», sagt der ehemalige Polizeioffizier gegenüber INSIDE-JUSTIZ.

Und weiter hätten zu den Untersuchungshandlungen auch Einvernahmen mit den Verantwortlichen gehören müssen.  Beispielsweise mit dem Sportdirektor des Weltradsportverbandes UCI, Peter Van den Abeele. Der Sitz der UCI ist zwar im schweizerischen Aigle (Waadt), Van den Abeele selbst ist aber Belgier, über seinen Wohnsitz ist nichts bekannt. Ihn als Ausländer zu befragen, ist verfahrenstechnisch ein schwieriges Unterfangen, insbesondere, falls Van den Abeele Wohnsitz im Ausland hat. Umso wichtiger wäre es gewesen, keine Zeit verstreichen zu lassen und mit Van den Abeele zu sprechen, solange er noch in Zürich war. Und bevor er sich mit allen weiteren Involvierten absprechen konnte.

Antwort nach fünf Tagen

Ob das passiert ist? Letzte Woche noch erzählten Juniorinnen, die am fraglichen Rennen teilgenommen hatten, dass sie nie von den Behörden kontaktiert worden waren. Wer unmittelbar vor und nach der verunfallten Muriel Furrer gefahren war, ermittelte die Redaktion von BLICK.CH, nicht die Untersuchungsbehörden. Auf die Nachfragen von INSIDE JUSTIZ beim kantonalen Zürcher Sportamt, der UCI, Swiss Cycling oder dem Lokalen OK, ob bei ihnen eine Untersuchungshandlung stattgefunden habe, reagierte keine der angefragten Stellen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass keine der fälligen Untersuchungshandlungen zeitnah stattgefunden hatten.

Fünf Tage nach der Nachfrage von INSIDE JUSTIZ bei Staatsanwalt Jäger verweist schliesslich Erich Wenzinger, der Sprecher der Zürcher Staatsanwaltschaft, noch einmal auf die dürre Medienmitteilung vom 30. September und ergänzt lediglich: «Bestandteil der Klärung ist in solchen Fällen standardmässig immer auch die Frage, ob allenfalls strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt oder nicht.» Zu den konkreten Fragestellungen will die Staatsanwaltschaft weiterhin nichts sagen: «Die Ermittlungen sind am Laufen, weshalb derzeit gestützt auf die Strafprozessordnung keine weiteren Aussagen gemacht werden können.»

Es ist der Standardsatz, den Staatsanwaltschaften gerne vorschieben, um keine Versäumnisse einräumen zu müssen. Dabei ist er inhaltlich schlicht falsch. Art. 74 Abs. 1 StPO erlaubt es den Untersuchungsbehörden explizit, die Öffentlichkeit zu informieren. Dort heisst es in litera c und d: «Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte (…) können die Öffentlichkeit über hängige Verfahren orientieren, wenn dies erforderlich ist, zur Richtigstellung unzutreffender Meldungen oder Gerüchte oder wegen der besonderen Bedeutung eines Straffalles.»

Vertrauen verspielt

Die Aussage der Staatsanwaltschaft kann dann eigentlich nur noch so gelesen werden, dass die Vermutungen über die ausgebliebenen Untersuchungshandlungen korrekt sind. Was erneut die Frage aufwirft, ob die Zürcher Staatsanwaltschaft hier wirklich eine ernsthafte Untersuchung anstrengt, auch wenn es selbstredend unangenehm sein würde, wenn am Ende gar Funktionäre des Radsportweltverbandes als Beschuldigte geführt werden müssten. Dieselben Funktionäre also, dank derer diese RadWM doch überhaupt erst in Zürich stattfand und die man eben von offizieller Seite eben noch gehätschelt hatte.

INSIDE JUSTIZ hat deshalb mehrfach bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, ob es nicht angezeigt wäre, die Untersuchung von einem unabhängigen, ausserkantonalen Staatsanwalt durchführen zu lassen. – So, wie es in vielen anderen Fällen auch geschieht, wenn der Filz zu dick ist und die Verantwortlichkeiten bis in die obersten Verwaltungs- und Regierungsebenen reichen. Dazu Staatsanwaltschafts-Sprecher Wenzinger: «Ihr Vorwurf, die Ermittlungsbehörden untersuchten den Fall nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Unabhängigkeit entbehrt jeglicher Grundlage und wir weisen ihn zurück.»

Fahrergewerkschaft CPA äussert sich kritisch

Zehn Tage nach dem tödlichen Unfall von Muriel Furrer äussert sich zum ersten Mal der Präsident der Velorennfahrer-Gewerkschaft «Cyclistes Professionnels Associés» CPA. In einem Beitrag von Simon Häring in den Titeln der CH MEDIA sagt Adam Hansen zu dem Unfall und vor allem zu der langen Zeitspanne, bis Furrer endlich gefunden wurde: «Es ist herzzerreissend, und es ist vor allem unentschuldbar.» Hansen zieht in dem Gespräch mit CH MEDIA Parallelen zu den tödlichen Unfällen von Gino Mäder von 2023 und des Norwegers André Drege vom Juli 2024. Auch bei diesen Unfällen habe «niemand aus der Rennorganisation oder von den Kommissären» davon Notiz genommen. Bei Mäder sei es Zufall gewesen, dass er gefunden worden sei, aber auch Drege haben man erst 25 bis 45 Minuten nach dessen Sturz gefunden. Für Hansen ist deshalb im Hinblick auf den Unfall von Muriel Furrer klar: «Es gab ganz eindeutig einen Fehler bei der Verfolgung der Position der Fahrerinnen.» Hansen wirft der UCI vor, nicht offen zu sein für technologische Verbrsserungen und verlangt, dass der Funk, der bei der WM verboten war, zugelassen wird.

Sicherheit? Keine Priorität bei der UCI

Man werde mit dem Weltradsportverband Union Cycliste Internationale UCI Gespräche verlangen, sagten das lokale OK der RadWM 2024 in Zürich bei der Medienkonferenz zum Abschluss des Anlasses. Der Tod von Muriel Furrer (18) soll wenigstens nicht umsonst gewesen sein, sondern Anlass, die Sicherheit des Radsports endlich zu verbessern. Denn: Allein in der Amtszeit des aktuellen Präsidenten der UCI, David Lappartient, sind 9 Spitzensportlerinnen und Sportler durch Unfälle gestorben. Es klebt buchstäblich Blut an seinen Händen und denen von Sportdirektor Peter van den Abeele.

Wer die Internetpräsenz der UCI nach Sicherheitsthemen abklopft, sucht lange. Da gibt es Aussagen zu «Diversity and Inclusion», «Sustainability» «Cycling Integrity», «UCI Governance», «Marketing & TV Partners». Nur ein Thema fehlt: «Safety and Security». Zur Sicherheit des Velofahrens findet man nichts. Und das gilt auch für die verschiedenen Kommissionen, von denen es bei UCI 19 gibt. Da existiert eine «Medical Commission», eine «Integrity Commission», eine «Road Commission» (die übrigens vom Schweizer Funktionär Rocco Cattaneo präsidiert wir). Die Kommissionen sind beratend, haben keine Macht und dürfen nur diskret arbeiten. Öffentliche Stellungnahmen sind nicht erwünscht. – Und auch nicht, dass sie sich zu Sicherheitsthemen Gedanken machen würden. Im Aufgabenbeschrieb der Kommission für die Strassenrennen ist das Wort Sicherheit nicht einmal erwähnt.

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